Chaim Yelin, Ghetto Kaunas 01/1944 (Yad Vashem)Chaim Yelin, geboren 1912 in Vikija, Sohn eines Bibliothek-Direktors, studierte an der Universität Kaunas, bekannt als Schriftsteller und Dichter, Mitglied der kommunistischen Jugendorganisation. Der Versuch, sich beim Einmarsch der Deutschen ins Innere der Sowjetunion durchzuschlagen, misslang; er wurde verhaftet und ins Ghetto von Kaunas verfrachtet. Dort organisierte er sofort den kommunistischen Widerstand und war 1941/42 maßgeblich an der Gründung der Antifaschistischen Kampforganisation (AKO) beteiligt. Der Schwur der AKO-Kämpfer lautete: „I promise to fight tirelessly, harm fascist invaders, their transport, bomb and burn bridges, destroy railway lines, organize and help to carry out acts of sabotage at every opportunity, and I promise to fight under any circumstances without sparing my strength and if need be at the expense of my life until the full liberation of my fatherland from the invaders“ (Solemn Oath, The Gelpernas Diary, Part 2).

Dank Yelins charismatischer Führung gelang nicht nur die Zusammenarbeit zwischen Kommunisten und Zionisten, Ghetto-Führung, Ghetto-Polizei und Ghetto-Werkstätten, die Verbindung zum kommunistischen Widerstand außerhalb des Ghettos, sondern auch zum Widerstand im Ghetto von Vilnius über die jüdische Partisanin Gesia Glezer. Glezer war eine in der Sowjetunion ausgebildete Fallschirmspringerin, die die Kontakte zu den jüdischen Widerstandsgruppen in Vilnius und Kaunas sowie zu den sowjetischen Partisanengruppen in den Wäldern herstellte. 1943 gehörten dem Widerstand im Ghetto von Kaunas ca. 500 Mitglieder aus den verschiedenen Untergrundgruppen an.

Trotz schwerer Rückschläge und zahlreicher Opfer gelang mehreren hundert ihrer Mitglieder die organisierte Flucht zu den Partisanen. „We need strong nerves! Tell our fellow-fighters that I shall stay in Kovno irrespective of dangers until the last of our comrades leaves the ghetto“ (Mitteilung Yelins, The Gelpernas Diary, Part 6). Am 6. April 1944 wurde Chaim Yelin in Kaunas bei der Organisation eines weiteren Fluchtwegs verhaftet, von der Gestapo schwer gefoltert und einige Wochen später ermordet. Teile seiner Aufzeichnungen über den Widerstand im Ghetto wurden gerettet und von Dimitrius Gelpernas, überlebendes Mitglied der Widerstandsgruppe in Kaunas und Yelins Stellvertreter und Freund, herausgegeben. Mitherausgeber war außerdem Meir Jelin, Chaims älterer Bruder, ebenfalls in der jüdischen Kampforganisation AKO aktiv, dem die Flucht zu den Paritsanen gelang und der ab 1973 in Israel als Schriftsteller und Dichter mehrfach (auch international) ausgezeichnet wurde. Meir starb im Jahr 2000, Dimitrius Gelpernas 1998 in Vilnius.


Literatur / Medien
Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 938, 1220ff.; Enzyklopädie des Holocaust, hsg. von Jäckel / Longerich / Schoeps, 1995, Bd. 2, S. 806f.; Faitelson, Alex: The Truth and Nothing But the Truth: Jewish Resistance in Lithuania, Jerusalem 2006; Josadė, Jokūbas: Die Kämpfer des Ghettos von Kaunas, in: Grossman, Wassili / Ehrenburg, Ilja: Das Schwarzbuch. Der Genozid an den sowjetischen Juden, Frankfurt/M. u.a. 1994, S. 605–618

https://www.ushmm.org/ChaimYelin
http://www.holocaustresearchproject.org/revolt/gelpernusdiary.html (The Gelpernas Diary)
http://www.yadvashem.org/holocaust/this-month/january/1944
https://www.ushmm.org/research/the-center-for-advanced-holocaust-studies/resistance-in-the-kovno-ghetto

Foto: Yad Vashem, Digital Collections, Photo Archive, Archival Signature: 4216/35, Item ID 4488