Region Mittelgriechenland / Fthiotida

Gedenkstätte KournovoDer Ort
Das frühere Kournovo (auch: Nezeros) heißt heute Agios Stefanos, ist ein Dorf mit ca. 300 Einwohner/innen und liegt nah der Bahnstrecke Athen - Thessaloniki in der Nähe des Kournovo-Tunnels.
Von Lamia fährt man in Richtung Norden ca. 27 km auf der E03 / E65 in Richtung Karditsa/Trikala, biegt dann in Richtung Xiniada ab und folgt der Straße für weitere etwa 10 km (37 km ab Lamia).

Die Ereignisse
Die Sprengung des Kournovo-Tunnels
In der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 1943 legten ELAS-Partisanen Sprengsätze im 510 Meter langen Kournovo-Eisenbahntunnel der Bahnlinie Athen - Thessaloniki. Diese für die deutschen und italienischen Besatzungskräfte (siehe: Besatzungszonen) extrem wichtige Nachschub-Verbindung war bereits durch die Sprengung des Gorgopotamos-Eisenbahn-Viadukts am 25. November 1942 für 6 Wochen unterbrochen worden. Auf dieses Gemeinschaftsunternehmen einer britischen SOE-Spezialeinheit, ELAS und EDES sollte auf Wunsch der Briten die Sprengung des Asopos-Viadukts folgen, das nur wenige Kilometer südlich vom Gorgopotamos einen Gebirgsfluß überspannt. Bei einem Treffen mit dem ELAS-Führungstriumvirat lehnten (anders als Aris Velouchiotis) Andreas Tzimas und Oberst Stefanos Sarafis die Beteiligung der ELAS an diesem Unternehmen wegen der zu starken Bewachung durch deutsche Truppen jedoch ab - und favorisierten ihrerseits die Sprengung des Kournovo-Tunnels.
Obwohl die Briten vom Kournovo-Unternehmen abrieten, da sie von einer schnellen Reparatur des Tunnels ausgingen, lieferten sie den dafür nötigen Sprengstoff. Angebracht an den beiden Tunnelportalen, zündeten ELAS-Partisanen die Sprengsätze in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni 1943 während der Durchfahrt eines vollbesetzten Zuges.
Gedenktafel mit den Namen der OpferZur Zahl der Opfer zitiert Meyer die deutsche Wehrmachtsberichterstattung: „Etwa 100 Reisende kamen unverletzt davon, während 200 bis 300 italienische Soldaten und sieben Deutsche im Tunnel verbrannten". So auch Fleischer (S. 214), der „nahezu 300 Italiener und sieben Deutsche" als Opfer des Anschlags anführt. Nach ELAS-Angaben lagen die Opferzahlen bedeutend höher (nach Sarafis etwa 600, S. 98 und 303). Zudem sollen nach Meyer auch mindestens 50 Griechen umgekommen sein: „Nach den vielen Anschlägen auf die Bahn waren die Besatzungstruppen inzwischen dazu übergegangen, griechische Geiseln in einem Waggon, der üblicherweise vor die Lokomotive gekoppelt wurde, "mitfahren" zu lassen in der Hoffnung, daß Andarten dann von Anschlägen absehen würden".
Bereits 3 Tage nach der Sprengung war die Bahnstrecke wieder betriebsbereit.

Geiselerschießung
Am 6. Juni 1943 wurden 106 Männer aus einem Konzentrationslager in Larissa - überwiegend Sympathisanten der Nationalen Befreiungsfront EAM - auf Anordnung des italienischen Oberbefehlshaber in Griechenland, General Carlo Vecchiarelli, am Tunneleingang exekutiert.
Takis Georgopoulos aus Patras, dessen Vater zu den Opfern dieser „Vergeltungsaktion" gehörte, hat die näheren Umstände recherchiert:
Noch am Abend des 5. Juni erfuhren die Inhaftierten den wahren Grund für ihre geplante sogenannte Verlegung. In der darauffolgenden Nacht hat sich jedermann im Lager um sie gekümmert, sie nicht allein gelassen. Mein Vater, Ioannis, war 41 Jahre alt, Lehrer, und während der Metaxas-Zeit wegen seiner linken Gesinnung des öfteren verhaftet und geschlagen worden. Schon im Juni 1941 wurde er von Italienern aufgrund von Listen inhaftiert, die von der griechischen Polizei zur Verfügung gestellt wurden. Schäfer aus Agios Stefanos sahen die Exekutionen unweit des Tunneleinganges: Aneinandergebunden wurden die Männer von Maschinengewehrsalven niedergemäht. Sie stammten aus allen Gegenden Griechenlands. Man nahm ihnen ihre Kleider, stapelte sie wie Sardinen und verscharrte sie in einer Grube" (zit. nach Meyer 2010, S. 139).
Unter den erschossenen Männern war auch Pandelis Pouliopoulos, 1924/1925 (bevor er wegen des Eintretens für die Autonomie Makedoniens in Ungnade fiel) Generalsekretär der Kommunistischen Partei Griechenlands.

Zeilen von Giannis RitsosGedenken
Eine Gedenkstätte für die am 6. Juni 1943 ermordeten Männer befindet sich nah der Straße kurz vor dem Orteingang von Agios Stefanos. Auf einer Gedenktafel sind die Namen der Opfer eingelassen, auf der anderen Zeilen von Giannis Ritsos, die die „106 Heiligen" ehren.

Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941 - 1945), Dokumentenauswahl und Einleitung von Martin Seckendorf unter Mitarbeit von Günter Keber, Jutta Komorowski, Horst Muder, Herbert Stöcking und Karl Übel, Berlin 1992, S. 234; Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Meyer, Hermann Frank: Blutiges Edelweiß – Die 1. Gebirgsdivision im Zweiten Weltkrieg, 3. Auflage, Berlin 2010; Meyer, Hermann Frank: Die Sprengung des Kournovon-Nezeros Tunnels im Rahmen der Operationen "Animals" und "Washing"; Sarafis, Stefanos: In den Bergen von Hellas, Berlin 1964; en.wikipedia.org/wiki/Pandelis_Pouliopoulos