Gedenktafel am Wohnhaus von Émile Chanoux in AostaÉmile Chanoux wurde am 9. Januar 1906 in Rovenaud (Valsavarenche) geboren. Die unter Mussolini betriebene Italienisierung des Landes – Italienisch wurde als einzig erlaubte Sprache in allen Belangen des öffentlichen Lebens durchgesetzt – und die Unterdrückung von ethnischen, sprachlichen und religiösen Minderheiten begründeten seine antifaschistische Haltung. 1925 gehörte er zu den Gründern der Gruppe „Jeune Vallée d'Aoste“, die sich zur Aufgabe gesetzt hatte, die Identität der Bevölkerung des Aostatals – zu der die französische Sprache wie die des Patois gehört – zu bewahren. 

Émile Chanoux arbeitete als Notar in Aosta, wurde zu einem der führenden Vertreter der valdostanischen Autonomiebestrebungen und arbeitete im Untergrund für diese Ziele, auch zusammen mit Vertretern des französischen Maquis. Er gehörte (zusammen mit Ernest Page und Giorgio Peyronel) zu den Vertretern der valdostanischen Resistenza, die sich am 19. Dezember 1943 in Chivasso mit einer Delegation aus den Waldensertälern (Torre Pellice) trafen, um gemeinsam die Carta di Chivasso (offiziell: Dichiarazione dei rappresentanti delle popolazioni alpine) zu erarbeiten, die heute als eine Art historische Geburtsurkunde des europäischen Föderalismus gilt. Basierend auf Texten von Federico Chabod wurde darin festgehalten, wie die Zukunft Italiens nach Überwindung des Faschismus aussehen sollte: Ein republikanisches föderales System nach Vorbild der Schweiz, das die spezifischen kulturellen, religiösen, sprachlichen und ökonomischen Besonderheiten des Alpenraums nicht unterdrückt, sondern fördert.

Émile Chanoux wurde am 18. Mai 1944 in seiner Kanzlei verhaftet und von SS-Offizieren gefoltert. In derselben Nacht starb er in seiner Zelle unter nie ganz geklärten Umständen – die Questura gab es als Selbstmord aus. Viele Straßen, Plätze und öffentliche Einrichtungen im Aostatal sind nach Émile Chanoux benannt, unter anderem der zentrale Platz vor dem Rathaus in Aosta.

Literatur / Quellen:
Omezzoli, Tullio: Tra fascismo e Resistenza, Aosta 2012; www.fondchanoux.org; www.anpi.it/donne-e-uomini/emilio-chanoux/; it.wikipedia.org/wiki/Émile_Chanoux