Region Westmakedonien / Regionalbezirk Kastoria
Der Ort
Kastoria, ein malerischer Ort mit 35.874 Einwohner/innen (Stand 2011), prächtigen Patrizierhäusern und schmalen Gassen, liegt auf einer Halbinsel, die in den gleichnamigen See (auch: Orestida-See) hinein ragt. Der Ort im Nordwesten Griechenlands ist historisches wie aktuelles Zentrum des Fell- und Pelzhandels des Landes.
Kastoria ist über die Autobahn A29 erreichbar, die bei Siatista von der auch „Egnatia Odos“ genannten, Adria und Bosporus verbindenden Autobahn A2 abzweigt (ca. 150 km nördlich von Ioannina und 190 km westlich von Thessaloniki).
Ereignisse
Obwohl Bulgarien unter Hinweis auf die vlachische Minderheit temritoriale Interessen an ganz Makedonien angemeldet hatte, wurde nach dem deutschen Überfall auf Griechenland auch das westliche Makedonien - so auch Kastoria - der Besatzungszone des italienischen „Achsen-Partners" zugeschlagen.
Die den Italienern zugestandene „Preponderanza“ (Vorherrschaft) in Griechenland und Mussolinis Hinhaltestrategie/ Blockierung von Deportationen führte dazu, dass deren Einflussbereich für die griechischen Juden - abgesehen von einzelnen Verhaftungen, Einquartierungen und Schikanen - Asylcharakter hatte.
Deportation der Jüdinnen und Juden aus Kastoria
Als die Wehrmacht nach dem Kriegsaustritt Italiens am 8. September 1943 auch die vorher vom ehemaligen Achsen-Partner besetzten Teile Griechenlands einnahm und die Deutschen diese Landesteile in ihr Programm zur „Endlösung der Judenfrage“ einbeziehen konnten, änderte sich die Lage auch für die Jüdinnen und Juden in Kastoria schlagartig.
„Am 8. Oktober befahlen die Deutschen dem Präsidenten der jüdischen Gemeinde, wegen der in die Berge geflohenen, jüngeren Gemeindemitglieder eine Strafzahlung in Höhe von 1000 Pfund Sterling in Gold zu leisten. Dem Befehl musste sofort Folge geleistet werden. Die ausgesprochene Drohung, für jeden geflohenen Juden zehn andere zu erschiessen, verhinderte die Flucht weiterer Juden. Kurz darauf mussten die jüdischen Einwohner den gelben Stern tragen und alle jüdischen Betriebe und Häuser mussten mit einem Kennzeichen versehen werden. Darüber hinaus wurden alle männlichen Juden zwischen 15 und 65 Jahren zur Zwangsarbeit in Kastoria und der Umgebung herangezogen" (Yad Vashem).
Am 24. März 1944 wurden die Jüdinnen und Juden in Kastoria - wie auch in anderen, früher italienisch besetzten Orten - verhaftet. Sie wurden in der Mädchenschule des Ortes eingesperrt. Einige Tage später wurden (nach Angaben des Zentralrats der Jüdischen Gemeinden Griechenlands) 763 Juden aus Kastoria zusammen mit einer Anzahl von jüdischen Menschen aus Jugoslawien zum Einsteigen in Lastwagen gezwungen und nach Thessaloniki verbracht.
Der Deportationszug, der am 2. April 1944 Athen in Richtung Auschwitz-Birkenau verließ, hielt zunächst in Larissa, um alle dort inhaftierten ca. 2.400 Juden (u.a. aus Volos) aufzunehmen. Danach hielt er in Thessaloniki, wo die Juden aus Kastoria zusteigen mussten. Nach neuntägiger Fahrt traf der Zug in der Nacht vom 10. zum 11. April in Auschwitz-Birkenau ein, wo das Gros der Menschen - etwa 4.000 - unverzüglich ins Gas geschickt wurde.
Gedenken
Holocaust Memorial
Im Oktober 1997 wurde die schlichte Erinnerungsstätte an die Deportation der Jüdinnen und Juden Kastorias, von denen nur 34 Menschen überlebten, errichtet.
Film: Trezoros, The Lost Jews of Kastoria
Der Dokumentarfilm „Trezoros, The Lost Jews of Kastoria" (Griechenland 2016, mit engl. Untertiteln, 94 min.) von Larry Confino und Larry Russo zeichnet die Geschichte der sephardischen Jüdischen Gemeinde Kastorias anhand von Zeitzeugenberichten und Archivmaterial nach.
Gedenkstätte des Nationalen Widerstands
Die Gedenkstätte des Nationalen Widerstands in Kastoria wurde von dem Bildhauer Vasilis Doropoulos geschaffen, der u.a. in Athen das Versöhnungsdenkmal „Symfiliosi“ und in Thessaloniki das Denkmal für den 1963 ermordeten Politiker Grigoris Lambrakis geschaffen hat. Die Gedenkstätte befindet sich im Stadtzentrum an der dem See zugewandten Seite des Stadtparks.
Literatur / Medien:
Zentralrat der jüdischen Gemeinden in Griechenland: Kastoria;
Yad Vashem: Transport von Kastoria, Florina, Macedonia, Griechenland nach Auschwitz Birkenau, Vernichtungslager, Polen am 26/03/1944; de.wikipedia.org/wiki/Vasilis_Doropoulos