Region Friaul-Julisch Venetien / Provinz Gorizia
Der Ort
Gorizia (deutsch: Görz, slowenisch: Gorica) ist der Hauptort der gleichnamigen Provinz in Julisch Venetien. Der am Isonzo liegende Ort hat 34.742 Einwohner/innen (Stand 31. Dezember 2016).
Das früher habsburgische Görz fiel mit dem Vertrag von Saint-Germain (1919) zusammen mit Istrien an Italien; als mit dem Friedensvertrag von Paris (1947) die Grenze zwischen Italien und Jugoslawien neu gezogen wurde, wurde Gorizia geteilt: Auf dem östlichen, nun jugoslawischen Gemeindegebiet entstand ab 1948 das heute slowenische Nova Gorica nach Plänen des Stadtplaners und Architekten Edvard Ravnikar. Seitdem Slowenien im Jahr 2007 dem Schengen-Abkommen beitrat, kann die Grenze an jeder Stelle des Ortes überschritten werden. Über die besondere Situation dies- und jenseits der Grenze klären an diversen Plätzen des Ortes Informationsstelen des Projektes „Topografie della Memoria - Museo Diffuso dell'Area di Confine" auf (www.topografiedellamemoria.it).
Gorizia ist von Triest über die SS 55 (50 km), von Venedig über die A4/A34 (140 km) und von Udine über die SR 56 (42 km) erreichbar.
Die Ereignisse
Die Schlacht von Gorizia im September 1943
Kurz nach der am 8. September 1943 verlautbarten italienischen Kapitulation und der sich anbahnenden Besetzung des Landes durch deutsche Truppen kam es zwischen dem 11. und 26. September 1943 in und um Gorizia zur „Battaglia di Gorizia":
Hunderte von Arbeitern aus Triest, Muggia und vor allem aus der Industriestadt Monfalcone, in der besonders die Werftarbeiter bereits seit den Zwanziger Jahren einen hohen antifaschistischen Organisationsgrad aufwiesen, eilten spontan nach Gorizia, wo sie als „Brigata Proletaria" gemeinsam mit slowenischen Partisanen und weiteren Freiwilligen den Versuch unternahmen, die Deutschen aufzuhalten. Obwohl es den Arbeitern gegen deutsche Übermacht zunächst gelang, sämtliche Vororte und auch den Hauptbahnhof von Gorizia zu besetzen, mußten sie sich nach 2-wöchigem erbittertem Kampf unter großen Verlusten zurückziehen. Während die meisten von ihnen in ihre Heimatorte zurückkehrten, bildeten andere den Kern der Garibaldi-Partisanenformation „Natisone".
Die Deportation der Jüdinnen und Juden aus Gorizia
Die von deutscher Wehrmacht und SS besetzte Region Friaul-Julisch Venetien wurde - zur späteren Eingliederung in das „Großdeutsche Reich“ - Mitte September 1943 Teil der neugeschaffenen „Operationszone Adriatisches Küstenland". Als oberster SS- und Polizeichef (HSSPF) wurde Odilo Globocnik eingesetzt, der zuvor im annektierten Polen die Ermordung von nahezu zwei Millionen jüdischer Menschen in den Lagern Belzec, Treblinka und Sobibor („Aktion Reinhardt“) organisiert hatte. Von dort nach Triest mitgebrachtes Personal, erfahrene Mordspezialisten, begannen direkt nach ihrer Ankunft mit der systematischen Jagd auf Juden und Jüdinnen (siehe auch: Judenverfolgung in Italien). Sie konnten „auf die gründlichen Vorarbeiten von Triester Faschisten zurückgreifen. Diese hatten zum Zweck der Registrierung und Ausforschung von im Triester Raum lebenden Juden und Jüdinnen bereits im Juni 1942, mit Unterstützung des deutschen Konsulats, das „Centro per lo studio del problema ebraico" (Zentrum zur Erforschung der Judenfrage) gegründet. Nach der italienischen Kapitulation wurden dessen Unterlagen der SS zur Verfügung gestellt" (Fransecky, S. 175).
Bei einer von der SS durchgeführten Razzia im jüdischen Viertel von Gorizia wurden am 23. November 1943 31 jüdische Männer, Frauen und Kinder verhaftet. Sie wurden zunächst in das Gefängnis in der Via Barzellini verschleppt, von dort aus weiterbefördert nach Triest, wo sie im Gefängnis Coroneo gefangengehalten wurden. Am 7. Dezember 1943 wurden sie zusammen mit Triestiner Juden in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. In den nächsten Monaten wurden weitere Jüdinnen und Juden in Gorizia verhaftet. Insgesamt wurden 78 jüdische Menschen aus Gorizia deportiert - der jüngste von ihnen war der erst drei Monate alte Bruno Farber -, von denen nur zwei überlebten.
Partisanenjagd und Besatzungsterror
Das Hinterland von Gorizia blieb auch während der deutschen Besatzung stark umkämpft. Zeitweise war der Ort von italienischen und slowenischen Partisanenverbänden hermetisch abgeschlossen. Im April 1944 setzte HSSPF Globocnik SS-Brigadeführer Karl Taus als SS- und Polizeikommandeur in Gorizia ein. Zentraler Erschießungsplatz im Rahmen der „Bandenbekämpfung" war der Innenhof der Burg von Gorizia: Bei Kampfhandlungen, Razzien und Durchkämmungsaktionen gefangengenommene Antifaschisten, italienische und slowenische Partisanen wurden in aller Regel zunächst in das Gefängnis in der Via Barzellini gebracht, vor ein Sondergericht gestellt und danach im Morgengrauen im Burghof erschossen. Über 50 Männer sollen dort exekutiert worden sein (Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt).
Gedenken
Bahnhof Gorizia
Am Bahnhofsgebäude von Gorizia erinnert eine Gedenktafel an die Opfer der Schlacht um Gorizia im September 1943.
Gorizia, Piazzale Martiri della Libertà d'Italia
Synagoge und Jüdisches Museum „Gerusalemme sull’Isonzo”
Seit Jahrhunderten in Gorizia ansässige Juden ließen im Jahr 1756 die Synagoge in der Via Graziadio Isaia Ascoli errichten. Hier befindet sich heute das 1998 eröffnete jüdische Museum. Darin wird die Geschichte der jüdischen Gemeinde Gorizias und deren Vernichtung während der deutschen Besatzung dokumentiert. An der „Muro del Ricordo", der Wand der Erinnerung, befinden sich Repliken von in Haftzellen des Konzentrationslagers Triest San Sabba hinterlassenen Inschriften.
Eine Grünfläche im Innenhof der Synagoge ist nach dem kleinen Bruno Farber benannt.
Der alte jüdische Friedhof im Osten der Stadt befindet sich nun auf slowenischem Territorium.
Öffnungszeiten: Synagoge und Jüdisches Museum „Gerusalemme sull’Isonzo” sind Dienstag und Donnerstag von 17.00-19.00 Uhr und am ersten Sonntag jedes Monats von 10.00-13.00 Uhr geöffnet.
Gorizia, Via Graziadio Isaia Ascoli 19
Stolpersteine
Die ersten 13 Stolpersteine - in Italien pietre d'inciampo genannt - der Region Friaul-Julisch Venetien wurden am 20. Januar 2016 für Opfer der Deportationen in der Via Ascoli, am Largo Pacassi, in der Via Garibaldi und der Via Mazzini verlegt. Eine weitere Verlegung erfolgte am 23. Januar 2018 am Largo Culiat.
Castello di Gorizia
Am Eingang zur Burg von Gorizia erinnert seit dem Jahr 2015 eine viersprachige Gedenktafel daran, dass während der deutschen Besatzung der Stadt über 50 Menschen im Innenhof exekutiert wurden.
Literatur / Medien:
Fransecky, Tanja von / Rudorff, Andrea / Schneider, Allegra / Stracke, Stephan (Hg.): Kärnten, Slowenien, Triest. Umkämpfte Erinnerungen. Bremen 2010; Wedekind, Michael: Nationalsozialistische Besatzungs- und Annexionspolitik in Norditalien. 1943 bis 1945. Die Operationszonen „Alpenvorland“ und „Adriatisches Küstenland“ (= Militärgeschichtliche Studien. Bd. 38), München 2003; Auszug aus der deutsch-italienische Datenbank „Atlante delle Stragi Naziste e Fasciste in Italia" als Beispiel für Exekutionen im Castello di Gorizia; www.amicidisraelegorizia.it; de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_(Gorizia); it.wikipedia.org/wiki/Comunità_ebraica_di_Gorizia; de.wikipedia.org/wiki/Karl_Taus