Bezirk Alytus
Der Ort
Merkinė mit seinen 1.434 Einwohnern ist der Hauptort der Amtsbezirks Varėna. Man erreicht ihn von Vilnius aus auf der A4 bis zur Kreuzung, an der die A4 links in Richtung Druskininkai (28km) abbiegt. Auf der Straße Nr. 133 erreicht man Merkinė nach 1km.
Die Ereignisse
Deutsche Truppen erreichten Merkinė am 23. Juni 1941, einen Tag nach dem Einmarsch in Litauen. In den Tagen danach erschossen deutsche Soldaten über 20 als Kommunisten Verdächtigte. Zeitzeugen berichten von einzelnen Morden an Juden. Der deutsche Ortskommandant ließ eine Polizeistation errichten und eine litauische „Partisanen“-Einheit aufstellen. Merkinė zählt zum Bezirk Alytus, in der damals „wie in ganz Litauen – vor allem die Verfolgung von Juden und Kommunisten“ (Dieckmann 2011) auf der Tagesordnung stand. Juden standen von Anfang Juli 1941 auch auf einer Liste von „Staatsfeinden“ der Polizei von Merkinė. In den nachfolgenden Wochen wurden weitere KP-Verdächtige verfolgt und festgenommen. Gleichzeitig setzte die Verfolgung der Juden ein: erstes Opfer war der 84-jährige Rabbi von Merkinė, der brutal ermordet wurde. Bald wurden die ortsansässigen Juden in ein Ghetto gesperrt, das im Hof der Synagoge und der Schule errichtet wurde. Nach Zeitzeugenberichten wurden ganze Gruppen angeblich in Arbeitslager oder nach Alytus weggebracht – in Wirklichkeit jedoch nach dem Abtransport getötet, vermutlich von litauischen „Weißarmbindern“. Litauer, die den im Ghetto leidenden Juden Hilfe leisten wollten, wurden daran gehindert. Bald wurden weitere Juden aus umliegenden Orten (u.a. aus Leipalingis und Seirijai) in das Ghetto von Merkinė geschafft, bis schließlich in der Nacht vom 8. auf 9. September 1941 junge Juden in der Nähe des jüdischen Friedhofs Gruben ausheben mussten. Am 10. September rückten aus Alytus SS-Angehörige und litauische Hilfstruppen des SS-Einsatzkommandos 3 in Merkinė an, die örtliche Polizei und „Weißarmbinder“ trieben die Juden aus dem Ghetto unter Schlägen zu den vorbereiteten Gruben und erschossen sie dort. Der sog. Jäger-Bericht, der die SS-Einsätze dieser Tage in der Region Alytus auflistet, verzeichnet für den 10. September in Merkinė 854 jüdische Mordopfer: 223 Männer, 355 Frauen und 276 Kinder.
Nach dem Abzug der deutschen Besatzer kehrte 1944 eine jüdische Partisanin nach Merkinė zurück. Ihr wurde von der Polizei nicht erlaubt, die an den Massengräbern offen liegenden Knochen der Ermordeten zu bestatten, sie musste Merkinė nach Drohungen wieder verlassen. Erst nach der Rückkehr jüdischer Überlebender, die in der Roten Armee gekämpft hatten, wurde die Erlaubnis zur Errichtung von zwei Gedenksteinen für die ermordeten Juden – einer den Männern, einer den Frauen und Kindern gewidmet – erteilt.