Gladstonos ist eine schmale, von der Straße des 28. Oktober abzweigende Straße (Fußgängerzone) im Zentrum von Athen. Anfahrt: U-Bahn Linie 1 und 2 „Omonia“
(Wer sich nach dem Weg erkundigt, sollte wissen, dass die meisten Athener statt „Straße des 28. Oktober“ noch immer deren früheren Namen „Patision“ benutzen.)
Das Ereignis
Am 20. September 1942 verübten Mitglieder der bürgerlichen Widerstandsorganisation PEAN (Panhellenische Union der kämpfenden Jugend) unter Führung ihres Chefs Kostas Perrikos einen Sprengstoffanschlag auf das Büro der ESPO (Nationalsozialistische patriotische Organisation) in der Gladstonos. Die zweite und dritte Etage des Gebäudes, in dem die ESPO - die sich u.a. zum Ziel gesetzt hatte, rechtsgerichtete freiwillige Soldaten und Offiziere zu einer griechischen Einheit der Waffen-SS für die deutsche Ostfront zu rekrutieren - ihren Sitz hatte, wurden von der deutschen Wehrmacht genutzt.
Da im PEAN-Büro gerade eine Versammlung abgehalten wurde, kam es zu einer großen Anzahl von Toten und Verletzten. Die Angaben zu den Opferzahlen schwanken erheblich: Viele griechische Quellen und die deutsche WIKIPEDIA beziffern sie mit 43 toten deutschen Offizieren und 29 ESPO Mitgliedern, wohingegen Fleischer bezüglich der Deutschen ausführt, dass „lediglich sechs Angehörige einer im gleichen Gebäude stationierten Einheit durch Glassplitter leicht blessiert“ wurden (Fleischer 1986, S. 243). Im Verwaltungsbericht für September und Oktober 1942 von General Speidel, dem Befehlshaber für Südgriechenland, werden keine deutschen Opfer genannt und lediglich erwähnt, dass nach dem Attentat der Leiter der ESPO, Spyros Sterodimos, seinen Verletzungen erlag (Bundesarchiv, S. 214).
Nachdem der Tatverdacht zunächst auf Mitglieder der EAM fiel, wurden Kostas Perrikos und die anderen an der Tat Beteiligten später jedoch verraten. Am 7. Januar 1943 wurden Thanos Skouras, Giannis Katevatis, Dimitris Lois und Dionysis Papadopoulos und am 4. Februar 1943 Kostas Perrikos in Kesariani erschossen. Julia Biba (auch: Ioulia Bimba), die den Sprengstoff in einer Einkaufstasche zum Ort des Anschlags gebracht hatte, soll in einem deutschen Konzentrationslager enthauptet worden sein.
Gedenken
Direkt am Beginn der Gladstonos steht seit 1980 eine Gedenksäule für Kostas Perrikos. Anderthalb Jahrzehnte später wurde direkt dahinter eine weitere Gedenksäule für Perrikos' Mittäter aufgestellt. Die Inschriften weisen heute jeweils „die Deutschen“ als Verantwortliche für die Exekutionen aus. Bei der ursprünglichen, später geänderten Inschrift der Perrikos-Säule wurde dieser laut Fleischer noch als Opfer der „nazistischen Okkupation“ bezeichnet (Fleischer 2010, S. 232).
Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn, Berlin 1992, Dokument 107, S. 214; Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Fleischer, Hagen: Der lange Schatten des Krieges und die griechischen Kalenden der deutschen Diplomatie, In: Kambas, Chryssoula/ Mitsou, Marilisa (Hg.): Hellas verstehen: deutsch-griechischer Kulturtransfer im 20. Jahrhundert, Köln 2010, S. 205-242; de.wikipedia.org/wiki/Kostas_Perrikos