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Lublin – Schloss/Zitadelle

Woiwodschaft Lublin / Wojew. LubelskiSchloss, links vorne der Löwe von Lwow/Lemberg

Der Ort
Das Schloss Lublin auf dem Hügel östlich der Altstadt wurde im 13. Jahrhundert erbaut und wurde eine Residenz des Adels. 1569 tagte der erste gemeinsamen Sejm von Polen und Litauen hier. Im 17. Jhd. in den Kriegen gegen Schweden und Kosaken zerstört. Ab 1824 wurden ein Turm und eine Kirche erbaut. Die Burg wurde ein Gefängnis: unter den Zaren für politische Gegner, in der 2. Republik für Kriminelle und Kommunisten, unter deutscher Besatzung ein Symbol für die NS-Repression im Distrikt Lublin. Ab 1945 nutzten sowjetischer und polnischer Geheimdienst das Gefängnis.

Gestapo-Gefängnis Schloss Lublin
Das Gefängnis unterstand dem Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) des Distrikts Lublin. Tätig waren 70 SS-Männer und deutsche Gefängnisbeamten sowie Wachleute, meist Litauer, Ukrainer und einige Polen. Bald wurde das Gefängnis zu einem Symbol der Nazi-Repression in der Region um Lublin. Mindestens 40000 Männer und Frauen, vor allem Widerstandskämpfer*innen, Aktivisten des polnischen Untergrund-Staates, waren zeitweise inhaftiert. Auch z.B. Bauern, die die ihnen von den NS-Besatzern auferlegten „Ablieferungskontingente“ nicht erfüllt hatten; Menschen, die sich trotz Aufforderung nicht zur Zwangsarbeit in Deutschland gemeldet hatten oder die bei Razzien als Geiseln festgenommen worden waren; Bauern, die sich gegen die Vertreibung von ihren Höfen im Rahmen der „Umsiedlungs-“Aktion Zamość zur Wehr gesetzt hatten. Menschen, die Kinder heimlich in den „Untergrundschulen“ unterrichtet hatten. Für Verhöre wurden die Gefangenen in das Gestapogefängnis ‚Pod Zegarem‘ gebracht.

 

Gefängnis in der Zitadelle Museum ‚Pod Zegarem‘/‘Unter der Uhr‘; Quelle: wikimedia, gemeinfrei

Die meisten Gefangenen wurden in andere Gefängnisse verlegt (z.B. Pawiak-Gefängnis in Warschau), rund 18.600 wurden in deutsche KZ deportiert. 3.600 starben in Lagern, 4.500 wurden hingerichtet, viele davon im Gefängnis, 2.200 wurden während der Ermittlungen ermordet oder starben im Gefängnis, 10.000 wurden freigelassen oder befreit oder sind geflohen. Das Schicksal von etwa 4.700 Menschen ist unbekannt.

Beispiel: Am 23.9.1941 kamen mit einem Sondertransport 415 Polinnen, die wegen Aktivitäten im Widerstand verhaftet worden und im Gestapogefängnis Schloss Lublin und Gefängnis Pawiak in Warschau inhaftiert waren, im KZ Ravensbrück an. 116 Frauen wurden in der Folgezeit hingerichtet, 66 Frauen ab Ende Juli 1942 von SS-Ärzten im Konzentrationslager als „Versuchskaninchen“ für pseudomedizinische Experimente missbraucht; s. dazu Strebel a.a.O., S. 142, 257f.

Mordaktion am 22. Juli 1944
Angesichts der näherkommenden sowjetischen Truppen begannen die Deutschen unter Leitung von Hermann Worthoff ab 19. Juli, das Gefängnis zu räumen. 800 Gefangene wurden in das KZ Majdanek gebracht und dort erschossen. Kurz bevor die Deutschen die Stadt am 22. Juli 1944 räumten, ermordeten sie die 300 Juden aus dem Arbeitskommando des Zwangsarbeitslagers Lublin Lipowa-Straße. Dann flüchteten sie. 1.000 Gefangene ließen sie zurück.

Nach Kriegsende
Nach dem Krieg diente das Schloss den Sowjets und dem polnischen Geheimdienst als Gefängnis und Folterstätte. 35.000 Polen waren hier inhaftiert, 333 von ihnen wurden hingerichtet. Ab 1957 beherbergt es ein Museum.

Gedenken
Mehrere Gedenktafeln am Eingang zum Schloss erinnern an das Leiden der NS-Gefangenen sowie der des polnischen und sowjetischen Geheimdienstes. In der Gedenkstätte „Muzeum Martyrologii pod Zegarem” (hier befand sich bis 1944 werden zwei Ausstellungen gezeigt: Die Geschichte des Schlossgefängnisses und des Gefängnisses ‚Pod Zegarem‘“ und „Das Märtyrertum der Jugend in Lublin und die Lubliner Pfadfinderschaften 1939–1945“ (ul. Uniwersytecka 1).

Literatur/Medien
Romanowska, Eva: Ermordung von 300 jüdischen und polnischen Häftlingen am 22. Juli 1944 = https://www.witrynahistoryczna.pl/artykuly/mord-na-zamku-lubelskim-22-lipca-1944-roku
Strebel, Bernard: KZ Ravensbrück. Geschichte eines Lagerkomplexes, Paderborn 2003
https://www.muzeumlubelskie.pl/Historia_Zamku_Lubelskiego-1-124-3
https://erinnerungsorte.org/miejsca/lublin-museum-des-martyriums-unter-der-uhr-ehemaliges-gestapogefaengnis/
https://de.wikipedia.org/wiki/Gedenkst%C3%A4tte_Pod_Zegarem