Bezirk Kaunas

Der Ort
Jonava liegt ca. 30km nordöstlich von Kaunas unweit der Neris. Die Stadt ist mit ca. 30.650 Einwohnern (2011) wichtiges Industriezentrum und Verkehrsknotenpunkt für den Straßen- und Bahnverkehr. Von Kaunas aus erreicht man Jonava entweder auf der E262 oder der Straße Nr. 232 in knapp 30 Minuten.

Die Ereignisse
Gedenkstätte JonavaVor dem Überfall der deutschen Wehrmacht im Juni 1941 hatte Jonava eine blühende jüdische Gemeinde mit sieben Synagogen, mit Schulen, Bibliotheken, Kultur- und Sporteinrichtungen, die mit weit über der Hälfte der Einwohner die Mehrheit der Stadtbevölkerung bildete. Beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht am 23. Juni 1941 kam es in der Stadt zu heftigen Kämpfen mit Sowjettruppen und zur Bombardierung der Stadt, in der ein Chaos aus jüdischen Flüchtlingen und sowjetischen Truppen auf dem Rückzug herrschte. Viele der flüchtenden Juden kamen ums Leben. Bereits in den ersten Kriegstagen begannen litauische „Aufständische“, die jüdische Bevölkerung zu terrorisieren. Ab Juli 1941 galten die Anweisungen des von der deutschen Stadtkommandantur eingesetzten litauischen Kreischefs von Kaunas, Vaitiekus Bortkevičius, zur Erfassung des jüdischen Vermögens, zur Ghettoisierung und zur Erpressung von Kontributionen.

Anfang August 1941 wurde nahe der Neris ein Ghetto aus Baracken errichtet. Am 14. August trafen Litauer des Rollkommando Hamann unter der Leitung von Bronius Norkus und Vladas Malinauskas aus Kaunas in Jonava ein. Einige hundert Juden wurden von litauischen „Aufständischen“ aus ihren Baracken in den ca. 1,5km entfernten Wald getrieben. Dort hatten zuvor inhaftierte Juden Gruben ausheben müssen. Vor diesen wurden die Opfer von litauischen Hilfstruppen unter Leitung des Polizeichefs von Jonava, Jonas Jurevičius, erschossen: „497 Juden und 55 Jüdinnen“ (Jäger-Bericht, Bl. 2). Ende August lebten noch etwas mehr als 1.500 Juden in Jonava, die Mehrheit war in Kasernen eingesperrt.

Der Mord an diesen zunächst verschont gebliebenen Juden fand vom 31. August bis 2. September 1941 statt. Ihnen war zuvor eine hohe Kontributionssumme abgepresst worden, die angeblich ihr Leben retten sollte. Die Erschießungen wurden wieder von litauischen Hilfstruppen und Angehörigen des Rollkommando Hamann ausgeführt. Die Zahl der Opfer dieses Massakers betrug 1.556 (Jäger-Bericht, Bl. 4): 112 Männer, 1.200 Frauen und 244 Kinder. Im Ghetto lebten danach noch 200 Juden, überwiegend Frauen und Kinder. Da es in der Bevölkerung wegen der Erschießungen zu Unruhe gekommen war, wurden sie am 22. Oktober 1941 in das Ghetto von Kaunas gebracht. Die meisten von ihnen fielen der „Großen Aktion“ am 28. Oktober zum Opfer.

Im Sommer 1944 wurden im Rahmen der „Aktion 1005“ die Massengräber im Wald Girelka bei Jonava wieder geöffnet, die Leichen der Opfer ausgegraben und in einer Wochen andauernden Aktion verbrannt. 

 

Gedenkstein

Gedenken
Von Kaunas auf der A4/E267 kommend, in einem Kreisverkehr auf die J. Ralio-Straße (Nr. 144) fahren; nach Überquerung der Neris ca. 400 Meter bis zum nächsten Kreisverkehr. Dort biegt man rechts ab in die Basanavičiaus-Straße und nach ca. 1,8km links in die Ukmergės-Straße in den Wald hinein. Linker Hand befindet sich ein blaues Hinweisschild („Žydų  Genocido Vieta 0,3km). Nach etwa 300 Metern trifft man rechts in der leichten Linkskurve auf einen schwarzen Markstein (100m), der zu einem Gedenkstein mit folgender Inschrift in Hebräisch und Jiddisch führt: „Hier auf diesem Platz töteten im Juli / August 1941 die Nazimörder und ihre Helfer 2.100 Juden, Kinder, Frauen und Männer.“
55.08757500 24.29387000 / 55°5.2545'N 24°17.6322'E


Literatur / Medien

Bubnys, Arūnas: Die litauischen Hilfsbataillone und der Holocaust, in: Bartusevičius u.a. (Hg.): Holocaust in Litauen, 2003; Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 873ff.; Holocaust Atlas 2011, S. 28/29; Wette 2011: Karl Jäger (Jäger-Bericht im Anh. o.S., Blatt 2 u. 4).

http://http://www.holocaustatlas/Jonava/item/73/
http://kehilalinks.jewishgen.org/Jonava/
http://www.iajgsjewishcemeteryproject.org/lithuania/jonava.html
http://www.yadvashem.org/yv/en/about/institute/killing_sites/Kaunas County
http://www.jewishgen.org/yizkor/pinkas_lita/lit_00332.html (Dov Levin: "Jonava"  Pinkas ha-Kehillot, Jerusalem 1996)