Region Hauts-de-France/Picardie, Departement Aisne
Der Ort
Stadt von knapp 14000 Einwohner/innen an der Oise. In Tergnier befindet sich das Widerstands- und Deportationsmuseum der Picardie. Bahnhof, Bahnknoten. Mit dem Auto von Laon 29 km (D 1044).
Im 1. Weltkrieg nahm die deutsche Reichswehr im September 1914 die Stadt von damals etwa 4000 Einwohner/innen ein und brachte alle Männer zwischen 18 und 45 Jahren in das Kriegsgefangenenlager Altengrabow im Osten von Sachsen-Anhalt. 1917 wurde die Gemeinde beim Rückzug von den Deutschen mutwillig fast völlig zerstört, der heutige Ortsteil Fargniers zu 95 %. Die Stadt wurde ringförmig mit Mitteln der Carnegie-Stiftung neu aufgebaut.
Im 2. Weltkrieg wurde Tergnier schnell von der Wehrmacht besetzt. Viele Einwohner/innen flohen vor den Kämpfen.

Résistance
Erste Aktivitäten von widerständigen Menschen waren u.a. Fluchthilfe für Nordfranzosen und Belgier sowie für britische Piloten, die in den unbesetzten Teil Frankreichs gelangen wollten. Tergnier und der – 1974 eingemeindete – Eisenbahnknoten Fargniers wurden ein wichtiger Stützpunkt der sich organisierenden Résistance. Ab Februar 1941 bauten die Widerstandsbewegungen Francs-tireurs et partisans (FTP), Libération-Nord und Organisation civile et militaire (OCM) ihre Strukturen auf. Ab 1943 lag der Schwerpunkt der Aktionen auf Sabotagen von Verkehrswegen, Schienen, Bahnmaterial, wie Waggons, Lokomotiven, Schienenkräne, Hochspannungs- und Telefonleitungen.

Beispiel: Bei einer Sabotage im Lok-Schuppen von Tergnier am 5./6.Dezember 1943 unter Leitung von OCM-'capitaine' Étienne Dromas wurden 16 Lokomotiven für die Dauer des Kriegs unbrauchbar gemacht. 30 Geiseln wurden für mehrere Wochen im Gefängnis in Saint-Quentin inhaftiert, aber mangels Beweisen freigelassen; vgl. weitere Beispiele bei https://fr.wikipedia.org/wiki/Tergnier#La_R.C3.A9sistance.

Auf die Résistance-Aktionen reagierten die Deutschen Besatzer mit Härte. Viele Einwohner/innen, Verdächtigte, Geiseln wurden verhaftet und deportiert, elf aus der Kernstadt Tergnier haben die KZ-Haft nicht überlebt.
Auf dem Denkmal der Résistants und Deportierten vor dem Bahnhof wird eine Gedichtzeile von Louis Aragon zitiert: "Et s'il était à refaire. Je referais ce chemin" (Wenn es notwendig wäre, würde ich den Weg noch einmal gehen) (vor dem Bahnhof, Place Lionel Lefèvre).
Eine Tafel an der Bahnhofsmauer erinnert an Pierre Semard „Sekretär der CGT-Eisenbahnergewerkschaft, kommunistischer Generalrat von Drancy, Verwaltungsrat der SNCF. Von der Vichy-Polizei als Geisel an die Nazis überstellt. Erschossen in Évreux am 7. März 1942“ (Näheres vgl. Kurzbiografie Pierre Semard).



Öffnungszeiten: Mittwoch bis Sonntag, 14 bis 17.30 Uhr; Dienstag bis Samstag 10 bis 12 Uhr und 14 bis 18 Uhr, Sonntag 14.30 bis 18.30 Uhr (freier Eintritt).
Unter der Ägide des Museums wurden Unterlagen über zahlreiche Menschen, Ereignisse und Orte gesammelt. Einige von ihnen sind auf Info-Tafeln längs der neu entwickelten 'Pfade der Erinnerung'/'Les sentiers de la mémoire dargestellt – an Orten, die zum Gemeindeverbund Tergnier-Chauny gehören (s. Karte). Detaillierte Informationen im Internet unter: http://mrdp-picardie.com/index.php?lang=2&entry=257 und beim Musée de la Résistance.
Literatur/Medien
Petit Futé. Guide des lieux de mémoire, Paris 2005, S.286
http://mrdp-picardie.com/index.php?lang=2&entry=257 (sentiers/Pfade; dt.)
http://www.cheminsdememoire.gouv.fr/de/museum-fur-resistance-und-deportation-der-picardie (dt.)
http://www.aisnenouvelle.fr/region/a-la-recherche-des-resistants-ia16b0n693
https://fr.wikipedia.org/wiki/Tergnier