Region Ostmakedonien und Thrakien / Regionalbezirk Kavala

Holocaust Memorial KavalaDie Stadt
Die nordgriechische Hafenstadt Kavala (auch: Kawala) liegt am Golf von Thasos (Golf von Kavala) des Thrakischen Meers. Kavala ist mit 70.501 Einwohner/innen (Stand 2011) die zweitgrößte Stadt der Region und der Hauptort des gleichnamigen Regionalbezirks.
Kavala liegt nahe der auch „Egnatia Odos“ genannten, Adria und Bosporus verbindenden Autobahn A2 ca. 150 km östlich von Thessaloniki.

Die Ereignisse
Kavala unter bulgarischer Besatzung
Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Griechenland im April 1941 wurde der Nordosten des Landes bulgarischer Besatzungshoheit unterstellt. Damit wurde die Region einer brutalen Bulgarisierung unterworfen: Der Gebrauch der griechischen Sprache wurde unterbunden, Städte- und Ortsnamen wurden bulgarisiert, griechische Bürgermeister, Richter, Priester, Polizisten, Lehrer ihrer Ämter enthoben, die Ansiedlung bulgarischer Menschen massiv gefördert, Griechen zur Zwangsarbeit herangezogen etc. Den Bestrebungen, Thrakien und Ostmakedonien „griechenfrei" zu machen, lagen Pläne zugrunde, das besetzte griechische Territorium in das bulgarische Staatsgebiet einzugliedern.
Die jüdische Gemeinde von Kavala, die im frühen 16. Jahrhundert von Juden aus Ungarn gegründet und später durch Zuzugswellen sephardischer Juden erweitert wurde, war bei Beginn der bulgarischen Besatzung mit etwa 1.650 Mitgliedern die größte jüdische Gemeinde der Region. Der Erlass anti-jüdischer Gesetze, Zwang zu Arbeitsdienst im Straßenbau, Enteignung von jüdischem Besitz etc. verschlechterte die Lebensbedingungen der Jüdinnen und Juden in Kavala (und den anderen jüdischen Gemeinden der bulgarischen Besatzungszone in Drama, Serres, Alexandroupolis, Komotini, Xanthi und einigen kleineren Orten) drastisch (siehe auch: Judenverfolgung in Griechenland).

Deportation der Jüdinnen und Juden
Am 22. Februar 1943 unterzeichnete der bulgarische „Kommissar für Judenangelegenheiten“ Alexander Belev mit SS-Hauptsturmführer Theodor Dannecker ein Geheimabkommen zur Deportation der Juden aus den von Bulgarien besetzten Gebieten. Das bulgarische Kernland war nicht von Deportationen betroffen. „Nicht die geringsten Skrupel empfindet das Regime in Sofia jedoch in den sogenannten „neuen Provinzen", da dort die jüdische Minderheit als zusätzliches Hindernis für die eigenen Bulgarisierungspläne angesehen wird" (Fleischer 1996, S. 256).
Infotafel neben dem Holocaust MemorialIn der Nacht vom 3. auf den 4. März 1943 wurden in Kavala alle Jüdinnen und Juden zusammengetrieben, nach Drama transportiert und zwei Tage später in zwei Deportationszentren nach Südwestbulgarien gebracht. Von dort aus wurden sie zum Donauhafen Lom weiterbefördert und wahrscheinlich am 20. März 1943 zusammen mit Juden aus Jugoslawien auf vier Fähren zunächst nach Wien, später auf dem Landweg weiter in das besetzte Polen überwiegend in das Vernichtungslager Treblinka befördert. Kein einziger von ihnen überlebte.
Nach aktuellen Erkenntnissen fielen 1.484 Menschen der Deportation aus Kavala zum Opfer.

Gedenken
Im Juni 2015 wurde in Kavala das Holocaust Memorial errichtet.
Davor hatte lediglich ein 1954 errichteter schlichter Gedenkstein auf dem jüdischen Friedhof auf die Auslöschung der jüdischen Gemeinde durch den Holocaust hingewiesen.

Literatur / Medien:
Fleischer, Hagen: Griechenland, in: Benz, Wolfgang (Hg.): Dimension des Völkermords - die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, München 1996, S. 241-274; Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Kalogrias, Vaios: Makedonien 1941-1944, Okkupation Widerstand Kollaboration, Ruhpolding 2008; Lychounas, Michalis: Von der Sichtbarkeit jüdischen Lebens im nordgriechischen Raum, in: Kambas, Chryssoula / Mitsou, Marilisa (Hg.): Die Okkupation Griechenlands im Zweiten Weltkrieg. Griechische und deutsche Erinnerungskultur, Köln 2015, S. 115-128; Molho, Rena: Der Holocaust der griechischen Juden. Studien zur Geschichte und Erinnerung, Bonn 2016; de.wikipedia.org/wiki/Kavala