Am zentralen Syntagma-Platz (Platz der Verfassung) in Athen, wie auch heute Versammlungsort vieler Großdemonstrationen während der italienischen und deutschen Besatzung, befindet sich das griechische Parlamentsgebäude mit dem Grab des Unbekannten Soldaten. Am Syntagma steht auch das Hotel Grande Bretagne, das in den Jahren der Besatzung von den Deutschen genutzt wurde und ab Dezember 1944 dem britischen General Ronald Scobie als Hauptquartier diente. Der Platz war während der „Schlacht um Athen“ (Dekemvriana) Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen.
Anfahrt: U-Bahn Linie 2 und 3 „Syntagma“
Die Ereignisse
Am 12. Oktober 1944 verließen die deutschen Besatzungstruppen Athen. Vorher wurde die Hakenkreuzfahne auf der Akropolis eingeholt, und eine Ehrenkompanie legte am Grabmal des Unbekannten Soldaten einen Kranz nieder, „um zu bekunden, dass die Deutschen nicht als Feinde Griechenlands das Land betreten hätten. Verdrängt wurde die Erinnerung an Zehntausende zivile Opfer des Repressalterrors, an die 60.000 jüdischen Opfer des rassistischen Genozids“ (Fleischer 2013, S. 8).
Danach feierte die Bevölkerung auf dem Syntagma-Platz enthusiatisch die Befreiung von den Okkupanten.
Am 18. Oktober 1944 traf die von den Briten flankierte Exilregierung aus Kairo in Athen ein; am Syntagma-Platz verkündete deren Premierminister Georgios Papandreou - sechs Tage nach dem von den Briten weitgehend unbehelligten Abzug der deutschen Truppen - die Befreiung Athens.
Nachdem u.a. die Auseinandersetzungen um die allgemeine Entwaffnung - die trotz anderslautender Vereinbarungen einseitig auf die EAM/ ELAS bezogen wurde, während die royalistischen und nationalistischen waffentragenden Verbände kaum davon betroffen waren und Mitglieder der Sicherheitsbataillone und ähnlicher mit den Nazis kollaborierender Banden aus den Gefängnissen entlassen und in neuen, nun regulären Uniformen Terror verbreiteten - am 2. Dezember 1944 zum Rücktritt der EAM-Minister aus Papadreous Regierung der Nationalen Einheit (siehe: Libanonkonferenz) geführt hatte, rief die EAM zu einer Demonstration für den 3. Dezember 1944 auf. Während dieser Demonstration schossen griechische Polizeikräfte unter den Augen zahlreicher westlicher Korrespondenten, die von den Balkonen des Hotels Grande Bretagne aus das Geschehen verfolgten, in die auf dem Syntagma versammelte unbewaffnete Menge.
„I can still see it very clearly, I have not forgotten [...] The Athens police firing on the crowd from the roof of the parliament in Syntagma Square. The young men and women lying in pools of blood, everyone rushing down the stairs in total shock, total panic.” (Titos Patrikios, damals 16 Jahre alt, zit. nach Guardian vom 30.11.2014 über die Geschehnisse des 3. Dezember 1944). Über 20 Menschen wurden getötet und mehrere hundert verletzt.
Damit begann die Schlacht um Athen (Dekemvriana), für die Churchill General Scobie am 5. Dezember 1944 die Rahmenbedingungen vorgab:
„... Zögern Sie nicht, auf jeden bewaffneten Mann in Athen zu feuern, der britische Stellen angreift bzw. die griechischen Behörden, mit denen wir zusammenarbeiten. [...] Zögern Sie jedenfalls nicht zu handeln, als befänden Sie sich in einer eroberten Stadt, in der eine lokale Revolte ausgebrochen ist [...] Wir müssen Athen halten und beherrschen. Es wäre ein großer Erfolg für Sie, wenn Sie das - sofern möglich - ohne Blutvergießen erreichen; falls erforderlich, müssen Sie aber auch Blut vergießen“ (zit. nach Fleischer 1986, S. 531).
Nur knapp ist das Hotel Grande Bretagne am Syntagma, in dem sich das Hauptquartier von General Scobie befand, am 25. Dezember 1944 einem Sprenstoffanschlag der EAM entgangen, an dessen Vorbereitungen auch Manolis Glezos beteiligt war: Nachdem bekannt wurde, dass sich überraschend auch Churchill im Gebäude aufhielt, wurde die Sprengung abgesagt.
Gedenken
Nichts erinnert an die Geschehnisse am und auf dem Syntagma-Platz. Lediglich am Eingang zu einer Bar Ecke Syntagma-Platz/ Karagiorgi Servias weist eine Tafel das Gebäude als jenes aus, von dem aus Georgios Papandreou am 18. Oktober 1944 die Befreiung verkündete.
Literatur / Medien:
Fleischer, Hagen: Die deutsche Besatzung(spolitik) in Griechenland und ihre „Bewältigung“, Internationales Symposion Vor- und Gründungsgeschichte der Südosteuropa-Gesellschaft: Kritische Fragen zu Kontexten und Kontinuitäten, München 2013 (www.sogde.org/wp-content/uploads/2015/05/sog_geschichte_fleischer.pdf); Fleischer, Hagen: Im Kreuzschatten der Mächte – Griechenland 1941-1944, Frankfurt/M. 1986; Mazower, Mark: Inside Hitler’s Greece – The Experience of Occupation 1941-44, New Haven 1993; www.theguardian.com/world/2014/nov/30/athens-1944-britains-dirty-secret; www.theguardian.com/world/2014/nov/30/greek-resistance-manolis-glezos-planted-bomb-athens-winston-churchill