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Petit-Saint-Bernard (col de) /Kleiner Sankt Bernhard-Pass

Region Rhône-Alpes, Departement Savoie

Der Ort
Der Pass (italienisch: Colle del Piccolo San Bernardo) in 2188 m Höhe verbindet das französische Tarentaise und Isèretal mit dem Aostatal in Italien (Zufahrt von Albertville, Séez über N 90 und D 1090; von Italien über die Strada Statale 26).

Die Ereignisse
Die Passhöhe und die unterhalb liegenden Gemeinden Séez, Montvalezan, Sainte-Foy-la Tarentaise sowie der Weiler Les Mottets (Bourg-Saint-Maurice) wurden nach dem französisch-italienischen Waffenstillstand im Juni 1940 vom faschistischen Italien faktisch annektiert (vgl. Departement Savoie, Einführung).
Nach dem Kriegsaustritt Italiens wurde der Pass von deutscher Wehrmacht besetzt. Die ab Mitte August 1944 sich aus der Region um Grenoble zurückziehenden Truppen, darunter Einheiten der 157. Gebirgsjäger-Division, nahmen den Weg nach Italien über den Kleinen Sankt Bernhard. Um den Widerstand in den Tälern zu brechen, begingen sie zahlreiche Verbrechen. So nahmen sie am 19. August in Moûtiers und umliegenden Dörfern 27 willkürliche ausgewählte junge Männer und den zum Widerstand zählenden Geistlichen Abbé Muyard als Geisel, schleppten sie über den Kleinen Sankt Bernhard nach Italien und erschossen sie am Rand von Terre-Noire (vgl. Näheres Moûtiers und Terre Noire).
Der Widerstand versuchte im Herbst 1944, den deutschen Rückzug über den Pass zu unterbinden, mindestens aber zu verzögern (Kämpfe um Séez, Belvedère, La Rosière, Roc Noir). Sie konnten aber nicht verhindern, dass die deutschen Soldaten die Passhöhe erreichten und über den Winter hielten. Sie konnten erst am 29. April 1945 von französischen Truppen vertrieben werden.

Gedenktafel am Grenzcafé Granittafel: 28 erschossene Geiseln Denkmal an die erschossenen Geiseln in Terre-Noire (Aosta-Tal, Italien); (c) Sabine Bade Deportierten-Denkmal auf der Passhöhe Gedenktafel an getötete AS-Kämpfer

Gedenken
An die Erschießung der 28 Geiseln erinnert auf dem Pass eine einfache Granittafel am Grenz-Café Lancebranlette; Text: „Hier wurden im August 1944 28 Franzosen von den Nazis ermordet.“ Ein Denkmal befindet sich an der Fundstelle der Leichen im italienischen Terre-Noire, etwa 8 km entfernt; weitere Ehrenmale in Moûtiers, Saint-Marcel und Séez.
Auf der Passhöhe, etwas abseits der Straße, erinnert ein Denkmal an die von der deutschen Besatzungsmacht in die Konzentrationslager deportierten Menschen aus Frankreich und Italien. Eine Urne mit Asche aus dem KZ Natzweiler-Struthof ist in das Denkmal eingelassen. Jährlich treffen sich hier Vertreter/innen der französischen und italienischen Deportiertenverbände zum Gedenken.
Eine Gedenktafel neben der Straße D 1090 erinnert an den Tod von 10 Kämpfern der Armée Secrète im August/September 1944, als der Widerstand die in Richtung Italien abziehenden deutschen Truppen attackierte (etwas unterhalb des Wintersportorts La Rosière, etwa 9 km vom Pass entfernt).

Literatur/Medien
Lieb, Peter: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, München 2007
http://www.resistance-tarentaise.com/article-les-debuts-de-la-resistance-a-moutiers-ii-98974446.html
http://www.resistance-tarentaise.com/article-terre-noire-2012-108632702.html
http://fr.wikipedia.org/wiki/Col_du_Petit-Saint-Bernard