Das Holocaust Memorial in Athen befindet sich auf einer kleinen Grünfläche in der Nähe der beiden Synagogen der Stadt; Ermoustraße unweit der Kerameikos-Ausgrabungsstätte.
Anfahrt: U-Bahn Linie 1 „Thissio“
Die Ereignisse
Nach dem Überfall der deutschen Truppen auf Griechenland waren die jüdischen Einwohner/innen wie in allen von deutschen Truppen besetzten Gebieten in besonderer Weise vom nationalsozialistischen Terror betroffen (Judenverfolgung in Griechenland). In Athen, das von April 1941 bis September 1943 zur italienischen Besatzungszone gehörte, suchten viele Juden aus den deutsch besetzten Gebieten Griechenlands, vor allem nach den ersten Deportationen der großen Jüdischen Gemeinde in Thessaloniki ab 15. März 1943, Zuflucht vor der Verfolgung. Mit dem Kriegsaustritt des deutschen „Achsen-Partners“ Italien am 8. September 1943 verlor auch die italienische Zone - und damit auch die Hauptstadt Athen - für die dorthin geflüchteten Juden ihren Asylcharakter.
Ab diesem Zeitpunkt gingen die deutschen Behörden daran, die ,,Endlösung der Judenfrage“ auf die etwa 13.000 jüdischen Einwohner/innen der ehemaligen italienischen Zone auszudehnen. Beim deutschen Befehlshaber der Sicherheitspolizei Athen wurde die „Judenabteilung“ IV B 4 eingerichtet, zu der Dieter Wisliceny abkommandiert wurde, nachdem er die Deportationen aus Thessaloniki durchgeführt hatte. Das in Thessaloniki erprobte Verfahren, die führenden Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu instrumentalisieren und mit deren verordneter Hilfe die Erfassung, Ghettoisierung und anschließende Deportation reibungslos abzuwickeln, schlug in Athen aber fehl: Oberrabbiner Elias Barzilai und führende Mitglieder der jüdischen Gemeinde vernichteten die Mitgliederlisten der Gemeinde und setzten sich in die von den Partisanen gehaltenen Gebiete oder ins Ausland ab. „Keiner will ein Werkzeug in der Hand der Deutschen werden, keiner will Agent einer Kampagne werden, durch die eine Herde von Opfern zusammengetrieben werden soll“ (Molho, S. 227).
So verordnete der Höhere SS- und Polizeiführer Jürgen Stroop am 3. Oktober 1943 die Meldepflicht aller jüdischen Bewohner. Bis Mitte Dezember 1943 kamen dennoch trotz Androhung der Erschießung bei Zuwiderhandlung nur knapp 1.200 Menschen der Registrierungsanordnung Stroops nach. Viele Athener christlichen Glaubens halfen den Juden, indem sie sie versteckten, sie bei der Flucht unterstützten oder, wie manche Angehörige der Polizei, gefälschte Pässe ausstellten. Der orthodoxe Erzbischof von Athen, Damaskinos Papandreou, nahm viele Juden unter seinen Schutz und forderte den gesamten Klerus auf, dasselbe zu tun.
Bei einem der regelmäßigen Appelle, denen sich die registrierten Juden zu unterziehen hatten, erfolgte am 24. März 1944 ihre Verhaftung in der Beth-Shalom-Synagoge. Begleitet wurde die Aktion von einer großangelegten Durchkämmungsaktion in Athen, Thessalien, im Epirus und auf der Peloponnes, bei der die SD-Jagdkommandos von der Geheimen Feldpolizei, Wehrmachtseinheiten sowie griechischen Kollaborationsverbänden unterstützt wurden. In Athen wurden circa 1.300 Juden verhaftet, die anschließend in das Konzentrationslager Chaidari gebracht wurden. Sie wurden am 2. April 1944 zusammen mit bereits vorher inhaftierten Juden in den ersten Deportationszug gepfercht, der Athen von der Bahnstation Rouf verließ. Der Transport erreichte das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau am 11. April 1944. Zwei weitere Deportationszüge folgten Ende Juni und Mitte August 1944.
Gedenken
Nach langjährigen Bemühungen konnte die Jüdische Gemeinde Athen im Jahr 2010 das Holocaust Momorial in der Nähe der Athener Synagogen auf einer kleinen Grünfläche in Blicknähe der Kerameikos-Ausgrabungsstätte errichten. Die von der Bildhauerin Deanna Maganis geschaffene Gedenkstätte erinnert mit einer Anordnung von Marmorblöcken in Form eines auseinandergerissenen Davidsterns an alle ca. 60.000 griechischen Opfer des Holocaust. Auf den Steinen sind die Namen griechischer Orte eingraviert, deren jüdische Gemeinden im Holocaust zerstört wurden.
Auf dreisprachigen Gedenktafeln (fr./gr./engl.) stehen die nachfolgenden Zeilen des Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel:
Pause awhile as you pass by, close your eyes and remember.
Remember the time when here, or near here, men, women and children- our own fellow creatures- congregated in peace and trust, only to be arrested, humiliated, deported and murdered in the Camps that shall forever shame our Civilization.
Because they were Jewish, six million people were denied the right to be free, happy, to hope, to smile, to pray, and finally, the right to live. Remember them, their anguish and their death. Do not recoil at such horror; do not descend into despair at man's inhumanity to man.
Just remember.
For by remembering we honour their deaths, and we save them from dying again - in oblivion.
Ein weiteres, bereits in den 1950er-Jahren errichtetes Denkmal, das an das Schicksal der griechischen Juden erinnert, befindet sich auf dem Jüdischen Friedhof im Athener Vorort Nikea. Am Pafou Square im Stadtteil Agios Nikolaos erinnert eine Gedenktafel an die 13.000 jüdischen Kinder, die in Griechenland dem Holocaust zum Opfer gefallen sind.
Literatur / Medien:
Fleischer, Hagen: Griechenland, in: Benz, Wolfgang (Hg.): Dimension des Völkermords - die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, München 1996, S. 241-274; Nessou, Anestis: Griechenland 1941-1944, Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - eine Beurteilung nach dem Völkerrecht, Göttingen 2009, S. 290-300; Molho, Michael (Hg.): Israelitische Gemeinde Thessalonikis in Memoriam, gewidmet dem Andenken an die jüdischen Opfer der Naziherrschaft in Griechenland, Essen 1981, S. 196-261;