Einführung in den Bezirk Marijampolė
Der Bezirk Marijampolė mit der gleichnamigen Hauptstadt ist einer der zehn Bezirke Litauens und liegt im Südwesten des Landes. Er grenzt im Westen an die russische Exklave um Kaliningrad und im Südwesten an Polen. Die vor allem landwirtschaftlich geprägte Region gewann mit der Bahnverbindung und der Fernstraße zwischen St. Petersburg und Warschau, auch mit der Ost-West-Verbindung zwischen Vilnius und Kaliningrad im Hinblick auf Infrastruktur und Industrieansiedelung an Bedeutung.
Marijampolė gehört historisch und ethnisch zur Region Suvalkija, deren nördlicher Teil heute zu Litauen, der südliche zu Polen gehört. Anfang des 19. Jahrhunderts war die Suvalkija Teil des Königreichs Polen, das nach 1866 als „Weichselland“ in das zaristische Russland integriert wurde. 1919 wurde das nördliche Gebiet der Region Teil des neu konstituierten litauischen Staates, der südliche wurde Polen zugeteilt. Die Grenzstreitigkeiten zwischen Polen und Litauen waren der Ausgangspunkt für den Polnisch-Litauischen Krieg 1920/21, in dessen Folge Polen das Gebiet um Vilnius annektierte (Litauische Geschichte). Dem Rückzug Sowjetrusslands, dessen Truppen dieses Gebiet im Anschluss an den Hitler-Stalin-Pakt und den deutschen Einmarsch in Polen im Septemer 1939 vorübergehend besetzt hatten, schlossen sich viele, vorwiegend junge Juden an; die Verbliebenen wurden von den Deutschen aus der Region vertrieben. Da sie keine Erlaubnis erhielten, die litauische Grenze zu überschreiten, vegetierten sie mehrere Wochen in der sumpfigen Gegend, wurden von Juden und auch Litauern über die Grenze nach Litauen geschmuggelt oder überschritten die Grenze illegal. Ungefähr 2.400 Juden gelang auf diese Weise die Flucht in das litauische Grenzgebiet, vor allem in die Distrikte Marijampolė und Vilkaviškis. Unmittelbar nach der deutschen Besetzung Litauens im Juni 1941 gehörten die Flüchtlinge mit zu den ersten Opfern der unmittelbar in der Grenzregion einsetzenden Mordaktionen.
Zu den Opfern im litauischen Grenzgebiet gehörten auch sowjetischen Kriegsgefangene, die in zwei großen Lagern im Bezirk Marijampolė interniert waren. Die Zahl der Todesopfer aus dem Lager Kalvarija – dort waren vor allem sowjetische Offiziere gefangen – lag 1941/42 zwischen 1.000 und 5.000. In den Lagern Virbalis und Vilkaviškis starben nach Angaben einer sowjetischen Ermittlungskommission nach 1944 über 20.000 sowjetische Gefangene.
Gedenkorte im Bezirk Marijampolė:
Kalvarija
Kudirkos Naumiestis
Kybartei
Marijampolė
Pilviškiai
Šakiai
Sudargas
Vilkaviškis
Virbalis
Vištytis
Literatur / Medien
Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 1357ff.
https://de.wikipedia.org/wiki/Sudauen
https://de.wikipedia.org/wiki/Kongresspolen
https://de.wikipedia.org/wiki/Polnisch-Litauischer_Krieg
http://kehilalinks.jewishgen.org/mariampole
https://de.wikipedia.org/wiki/Bezirk_Marijampole
http://www.litauen.info/landkarte-litauen/bezirk-marijampole/ (Abb. Karte / Leidykla Briedis)