Region Apulien / Provinz Lecce

Der Ort
Museo della Memoria e dell’Accoglienza (Foto: Thomas A. Schmidt)Santa Maria al Bagno ist ein zu Nardò gehörendes ehemaliges Fischerdorf im süditalienischen Apulien mit knapp 1.000 Einwohner/innen.
Wegen der Aufnahme und Unterstützung einer großen Zahl von jüdischen Überlebenden deutscher Konzentrationslager wurde dem Hauptort Nardo im Jahr 2005 die Medaglia d'oro al Merito Civile verliehen. Nardò unterhält zudem eine Städtepartnerschaft mit der israelischen Ortschaft Atlit (nahe Haifa), in der eine Vielzahl jüdischer Einwanderer nach Palästina - auch aus Santa Maria al Bagno - zunächst von den Briten interniert wurden.
Zu erreichen ist Santa Maria al Bagno von Lecce über die SS101 (40 km).

Ereignisse
Displaced Persons Camp number 34

Im Oktober 1943 errichtete die Displaced Persons Sub-Commission der Alliierten nach der Befreiung Süditaliens von den deutschen Besatzung in Apulien eine Reihe von Massenunterkünften für sogenannte Displaced Persons, Menschen, die sich kriegsbedingt außerhalb ihres Heimatstaates aufhielten und ohne Hilfe nicht zurückkehren oder sich in einem anderen Land neu ansiedeln konnten. Neben den (teilweise nur kurzfristig betriebenen) Lagern in Bari, Brindisi, S. Cesarea, S. Maria di Leuca, Otranto, Castro und Tarent entstand in Santa Maria al Bagno das Displaced Persons Camp number 34 (Campo profughi n° 34). Dafür wurden öffentliche Gebäude genutzt und private Landhäuser und Villen requiriert.
Das Lager diente zunächst vorwiegend der Aufnahme jugoslawischer Flüchtlinge von der dalmatischen Küste, ab 1944 überwiegend für frühere jüdische Internierte aus den Lagern Ferramonti-Tarsia und weiteren Internierungslagern der befreiten Gebiete Süditaliens. Als am 6. September 1945 das Lager von Ferramonti di Tarsia geschlossen wurde, übersiedelten auch noch dessen letzte Insassen nach Santa Maria al Bagno (Voigt, S. 434f.).
Murales von Zvi Miller (Foto: Thomas A. Schmidt)Das ab Frühjahr 1945 von der UNRRA (United Nations Relief and Rehabilitation Administration) geleitete Lager verfügte über Kindergarten, Schule und Synagoge, eine Krankenstation und Werkstätten, in denen Insassen als Tischler, Schuster und Näherinnen arbeiten konnten. Auch zwei Kibbuzim gab es im Lager. Eine wichtige Rolle bei der Selbstorganisation der Menschen und bei den Vorbereitungen für die Ausreise nach Palästina oder die Emigration in andere Staaten spielte die jüdische Hilfsorganisation DELASEM.
Nach Angaben des United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) beherbergte Santa Maria al Bagno auf dem Höhepunkt der Belegung Anfang 1946 ca. 2.300 jüdische Flüchtlinge. 1947 wurde das Lager geschlossen.
Drei erhalten gebliebene Wandbilder des ehemaligen Lagerinsassen Zvi Miller bilden heute den Kern des an Ort und Stelle errichteten Museo della Memoria e dell’Accoglienza.

Gedenken
Museo della Memoria e dell’Accoglienza
Am 14. Januar 2009 wurde in Santa Maria al Bagno das Museo della Memoria e dell’Accoglienza eröffnet. Maßgeblich vorangetrieben wurde das Museumsprojekt durch einen lokalen Verein (Associazione Pro Murales Ebrici di Santa Maria al Bagno, APME), der sich seit dem Jahr 1997 für den Erhalt der Wandbilder (Murales) von Zvi Miller und die Errichtung eines Ortes in Gedenken an das zwischen 1943 und 1947 bestehende Lager und den Holocaust eingesetzt hatte.
Im Museum sind viele Originaldokumente aus unterschiedlichen Archiven, Urkunden, Tagebuchauszüge und Fotografien sowie Zeitzeugenberichte von früheren Insassen ausgestellt.

Murales von Zvi Miller (Foto: Murales von Zvi Miller (Foto: Thomas A. Schmidt)Die Murales von Zvi Miller
Einer der Insassen des Lagers in Santa Maria al Bagno war der aus Bukarest stammende Maler Zvi Miller (auch: Zivi Miller). Er hatte das Vernichtungslager Auschwitz überlebt, in dem seine gesamte Familie ermordet wurde. In dem kleinen Häuschen, das er im Lager bewohnte, verarbeitete er die in Auschwitz erlebten Grauen und die Hoffnung auf eine neue Zukunft in Palästina in drei großen Wandbildern.
Mit seiner italienischen Frau, die er in Santa Maria al Bagno kennenlernte, gelang ihm später über Nicosia (Zypern) die Ausreise nach Palästina, wo er bis zu seinem Tod lebte.

Anschrift: Museo della Memoria e dell’Accoglienza, Lungomare Alfonso Lamarmora, 73050 Santa Maria al Bagno, Nardò; Tel: 0833572657, E-Mail: [email protected], www.museomemoriaeaccoglienza.it.

Literatur / Medien:
Voigt, Klaus: Zuflucht auf Widerruf – Juden und andere Verfolgte des Hitlerregimes in Italien 1933–45, Band 2, Stuttgart 1993; www.museomemoriaeaccoglienza.it; pugliamusei.it/item/museo-della-memoria-e-accoglienza-santa-maria-al-bagno; it.wikipedia.org/wiki/Campo_profughi_ebrei_di_Santa_Maria_al_Bagno; www.profughiebreinpuglia.it; www.ushmm.org/exhibition/displaced-persons/map.htm