Bekannte Häftlinge waren der Schriftsteller und Pazifist Carl von Ossietzky (an den Haftfolgen gest. 1938 in Berlin), der Schriftsteller Erich Mühsam (gest. 1934 im KZ Oranienburg), der Rechtsanwalt Hans Litten (gest. 1938 im KZ Dachau), der Arbeitersportler Ernst Grube (gest. 1945 im KZ Bergen-Belsen) und der Kinderarzt Georg Benjamin, Bruder des Philosophen Walter Benjamin, gest. 1942 im KZ Mauthausen (vgl. biografische Hinweise auf https://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Sonnenburg). Die unhygienischen Zustände, Gewalt und Folter im KZ wurden öffentlich durch die Broschüre „Die Folterhölle von Sonnenburg“, der Bericht des ehemaligen 'Schutzhäftlings' Rudolf Bernstein erschien anonym 1934 in Zürich und Paris. Im Herbst 1933 waren zwischen 1000 und 1200 NS-Gegner eingekerkert. Sie wurden von den SA-Wachmannschaften auf vielfache Weise gequält und erniedrigt. 1934 wurde das Konzentrationslager aufgelöst, die politischen Häftlinge in andere KZ und Haftanstalten verlegt.
Zuchthaus Sonnenburg
Im Frühjahr 1934 wurde das KZ in ein Zuchthaus für politische Gefangene und Straftäter „unter erschwerten Haftbedingungen“ inhaftiert. Zunächst vor allem Deutsche, z.B. Kriegsdienstverweigerer und wegen verbotenem Hören ausländischer Sender, ab 1941 zunehmend auch Polen, z.B. nach Fluchtversuch von der Zwangsarbeit.
Ab 1942 wurden auch Häftlinge aus West- und Nordeuropa hierher verschleppt. Es waren „Nacht und Nebel“-Gefangene, Widerstandskämpfer aus den von Nazideutschland besetzten Ländern West- und Nordeuropas, vor allem Norweger, Dänen, Niederländer, Belgier, Franzosen und Luxemburger (Berichte in Coppi/Majchrzak, a.a.O., S.75 ff.). Hitler hatte nach dem verpassten Sieg über die Sowjetunion befohlen, den zunehmenden Widerstand zu brechen und seine Gegner „spurlos verschwinden“ zu lassen. Sie wurden in deutsche KZ oder Zuchthäuser gebracht, sie hatten kein Recht, mit ihren Angehörigen Kontakt aufzunehmen, sie standen unter strenger Aufsicht.
Die Gesamtzahl der NN-Gefangenen in Sonnenburg wird auf 1500 geschätzt. Sie wurden bewusst unzulänglichen Hygienebedingungen ausgesetzt, so dass die Sterblichkeit durch Krankheiten sehr hoch war.
Auflösung der Haftanstalt
Im November 1944 begann die Auflösung des Zuchthauses Sonnenburg. Die politischen Häftlinge wurden in die Konzentrationslager Sachsenhausen bei Berlin und Groß-Rosen bei Breslau (Wroclaw) verlegt. Der Abtransport stockte jedoch wegen Transportschwierigkeiten und wegen des schlechten Gesundheitszustandes der meisten Gefangenen.
Als die sowjetische Armee Ende Januar 1945 Poznań/Posen eingeschlossen hatte und weiter nach Westen vorstieß, wurde der NS-Justiz klar, dass ein „geordneter“ Abtransport der Gefangenen nicht mehr möglich sein würde. So „übergab“ die Justizverwaltung die Häftlinge der Gestapo. Auf Befehl von Justiz-Staatssekretär Herbert Klemm erschossen Gestapomänner aus Frankfurt an der Oder unter dem Kommando von SS-Hauptsturmführer Wilhelm Nickel in der Nacht vom 30. auf den 31. Januar 1945 innerhalb von wenigen Stunden 819 der noch in Sonnenburg verbliebenen Gefangenen. Darunter waren 91 Luxemburger 'Refraktäre', die sich der Zwangsrekrutierung in die deutsche Wehrmacht widersetzt hatten oder desertiert waren. Nur drei Gefangene überlebten. Das Massaker ist eines der größten unter den Verbrechen der Endphase des Naziregimes.
Die Toten wurden im Gefängnishof liegengelassen, die Mörder und der Rest des Wachpersonals flohen nach Westen. Die Rote Armee entdeckte die Spuren des Massakers wenige Tage später bei der Einnahme von Sonnenburg. Der sowjetische Kommandant ordnete an, dass die verbliebene deutsche Bevölkerung die Opfer in zwei Massengräbern zu bestatten habe. Diese wurden zunächst in östlicher Richtung vom Gefängnis angelegt; später wurde die Begräbnisstätte an den westlichen Ortsrand verlegt (Gefangenenfriedhof, s.u.).
Nach 1945 – Strafverfahren gegen Verantwortliche
Polnische Justizbehörden begannen Untersuchungen, viele wurden vorläufig eingestellt, z.B. weil die westdeutsche Justiz Auskunftsersuchen etc. meist nicht beantwortete. Das Landgericht Schwerin verurteilte den SS-Wachführer Heinz Adrian zum Tode, er wurde im November 1948 hingerichtet.
Wegen des Massakers bei der Räumung des Zuchthauses Ende Januar 1945 wurden angeklagt: Staatssekretär Herbert Klemm wurde am 14. Dezember 1947 von einem US- Militärgericht im Nürnberger Juristenurteil zu lebenslanger Haft verurteilt, aber im Februar 1957 aus der Haft entlassen. Die SS-Sturmbannführer Heinz Richter und Wilhelm Nickel von der Gestapo Frankfurt/Oder wurden am 2. August 1971 vom Landgericht Kiel freigesprochen, sie seien nur Gehilfen eines Totschlags gewesen – und der sei inzwischen verjährt (Justiz und NS-Verbrechen, Band 36 Nr. 758, S. 1ff.; Näheres in Coppi/Majchrzak, a.a.O., S. 200ff.).