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Carrara

Region Toskana / Provinz Massa-Carrara
 
Die Stadt
Räumungsbefehl vom 07. Juni 1944 (Foto: resistenza)Die Stadt Carrara mit ca. 65.000 Einwohner/innen liegt am Fuß der Apuanischen Alpen. Sie ist über die Autostrada A12 Genova-Livorno, die A11 Firenze-Pisa Nord und die A15 Parma-La Spezia erreichbar. In der Zeit des italienischen Faschismus wurde Carrara mit den Orten Massa und Montignoso zur Kommune Apuania zusammengefasst.


Carrara ist seit der Römerzeit wegen seiner Marmorbrüche berühmt und spielt wegen dieses Marmors auch eine bedeutende Rolle in der Geschichte. Im Zuge des italienischen Einigungsprozesses im 19. Jahrhundert war es ein revolutionäres Zentrum unter Führung von Guiseppe Mazzini. Carrara war im 19. und 20. Jahrhundert eine Hochburg des Anarchismus und starker anderer politisch linker Gruppen. Gegen Ende der 1920er Jahre wurden alle oppositionellen Gruppen von den von den Marmorindustriellen finanzierten Faschisten in einem wahren Vernichtungsfeldzug mit Straßenterror, Brandstiftung, Mord und Totschlag verfolgt, ihre Organisationen aufgelöst und verboten. In die Illegalität gedrängt, gehörten sie zu den Trägern der Resistenza und den Mitgliedern der in der Emigration entstehenden antifaschistischen Einheitsfront. Der Zweite Weltkrieg brachte die Marmorproduktion zum Erliegen. Im Kampf gegen die Partisanen zerstörte die deutsche Wehrmacht 1944/45 große Teile der Einrichtungen in den Steinbrüchen, denn Massa und Carrara lagen am Beginn der „Gotenlinie“ der Wehrmacht.


Die Ereignisse
Am 7. Juli 1944 befahl der damalige deutsche Besatzungskommandant die Räumung der Stadt. Bis zum 9. Juli sollte die gesamte Bevölkerung – zur damaligen Zeit etwa 100.000 – zur Evakuierung bereit sein. Ziel des Räumungsbefehls war es, den Widerstand in der Region zu brechen und den Partisanen die wichtige Unterstützung der Zivilbevölkerung zu entziehen. Am Tag der befohlenen Räumung versammelten sich jedoch die Frauen, angeführt von Aktivistinnen der Frauenverteidigungsgruppen – den gruppi di difesa della donna – auf die Piazza delle Erbe und zogen mit der Parole „Wir verlassen die Stadt nicht“ zum Rathaus. Auch unter massiver Bedrohung – Soldaten mit Maschinengewehren im Anschlag –  und trotz zahlreicher Verhaftungen wichen die Frauen nicht, bis am 11. Juli 1944 unter dem permanenten Druck dieser Massendemonstrationen der Räumungsbefehl zurückgenommen werden musste. Dem Widerstand der Frauen war es zu verdanken, den bewaffneten Widerstand der Resistenza in dieser Gegend bis zur endgültigen Befreiung im April 1945 ermöglicht zu haben. 

Gedenktafel Piazza delle Erbe (Baldini) Denkmal für den Frauenwiderstand Ehrentafel für den Widerstand am Rathaus

Gedenken

Ehrung des Frauenwiderstands
Auf der Piazza delle Erbe erinnert eine Tafel an den Beginn des Aufstands der Frauen von Carrara. Das 1947 errichtete Denkmal mit der Inschrift „Die Frau im Widerstand“ steht auf der Piazza 2. Giugno in unmittelbarer Nähe zum Rathaus von Carrara in der Via Marina.

Gedenkstein für den Kasernenüberfall

Gedenktafel für den Widerstand
Auf der Piazza Accademia gibt es eine Erinnerungstafel an den Widerstand der Bevölkerung der Provinz Massa-Carrara in der Zeit von September 1943 bis April 1945.

Gedenkstein für den Überfall auf die Kaserne der Miliz
Am 14. Juli drangen kaum bewaffnete junge Leute in das Gebäude mitten in der Stadt ein, in dem Salò-Milizen stationiert waren. Diese übergaben sich ohne Gegenwehr und deren Waffen kamen in den Besitz des beginnenden bewaffneten Widerstandes. Diesen jungen Leuten ist ein Gedenkstein auf der Piazza 2 Giugno gewidmet.

Zu dem Massaker am 16. September 1944 im Ortsteil Bergiola Foscalina sieh dort.


Literatur / Medien:
Schreiber, Gerhard: Deutsche Kriegsverbrechen. Täter, Opfer, Strafverfolgung.  München 1996, S. 192 f.; Andrae, Friedrich: Auch gegen Frauen und Kinder. Der Krieg der deutschen Wehrmacht gegen die Zivilbevölkerung in Italien 1943-1945, S. 21
http://resistenza.de/category/frauen-im-widerstand/frauenaufstand-von-carrara/ (Foto Räumungsbefehl) Beitrag von Nadja Bennewitz: "Wir werden die Stadt nicht verlassen"
http://resistenzatoscana.org/monumenti/carrara/lapide_alla_rivolta_delle_donne/ (Foto Baldini)
(andere Fotos privat)