Im Ghetto begannen sich kleinere Gruppen aus der zionistischen und kommunistischen Jugendbewegung zu organisieren, zunächst um das Überleben im Ghetto zu erleichtern und der allgemeinen Depression zu begegnen. Während die zionistischen Gruppen den bewaffneten Kampf zunächst ablehnten und sich eher um den kulturellen Bereich und um schulische Aktivitäten kümmerten, bereiteten kommunistische Gruppen mit Wissen und Duldung von Mitgliedern des Ältestenrats und der Ghetto-Polizei den bewaffneten Widerstand im Untergrund vor.
Kulturelle Selbstbehauptung
Ähnlich wie im Ghetto von Vilnius trugen im Ghetto von Kaunas zahlreiche kulturelle Aktivitäten zur Erleichterung des schweren Alltagslebens und zur Stärkung des Widerstands bei. Die vom Ältestenrat unterstützten und überwiegend von den zionistischen Gruppen betriebenen Einrichtungen und Institutionen des Kulturlebens umfassten ein Schul- und Bildungswesen, literarische Versammlungen, Konzerte, Vorträge und Zusammenkünfte.



Zuständig für das Bildungswesen und die Kultureinrichtungen war der Leiter des Kulturamts und Mitglied des Ältestenrats, Chaim Nachman Shapiro. Shapiro schrieb ein philosophisches Werk über das Leben und den Untergang der Juden, das leider verloren gegangen ist. Er schrieb auch eine erschütternde „Pädagogische Anleitung für Kinder“, wie sie sich mit der Todesmöglichkeit aussöhnen und ihr ruhig begegnen sollten (Atamuk 2000).


Auch im Ghetto von Kaunas gab es die Diskussion, ob kulturelle Aktivitäten legitim seien. Doch es gab eine breite Übereinstimmung, dass die vielfältige Kulturarbeit das Gedenken an die Toten nicht beeinträchtigte, sondern ein „Gegenmittel“ gegen Hunger, Angst und Schmerzen darstellte. Das Kulturleben und seine Institutionen stärkten den Widerstand.
Literatur / Medien
Atamuk, Solomon: Juden in Litauen. Ein geschichtlicher Überblick vom 14. bis 20. Jahrhundert, hrsg. von Erhard Roy Wiehn, Konstanz 2000, S. 181; Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 1055-1105; Kučinskienė, Fruma V.: Aus dem Ghetto Kaunas gerettet, in: Bartusevičius u.a. (Hg.): Holocaust in Litauen, 2003, S. 218-229
http://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/music/shavli_and_kovno.asp
http://holocaustmusic.ort.org/de/places/ghettos/kovno/
http://www.jewishvirtuallibrary.org/the-kovno-ghetto-orchestra
https://www.kickstarter.com/projects/477452349/music-from-kaunas-ghetto
http://ghetto.galim.org.il/eng/school/photo.html
http://jewishhistoryaustralia.net/TheHistoryOfNow/Kovno/ (Untergrundschule, Lehrer Shmuel Rosenthal)
https://www.ushmm.org/exhibition/kovno/main.htm (Online Exhibition)
Fotos
USHMM / Eliezer Zilberis, Photograph 70875 ("Children studying in a clandestine school in the Kovno Ghetto.")
USHMM / Robert W. Hofmekler, Photograph 30040 ("Performance of the Kovno ghetto orchestra.")
USHMM / George Kadish, Photograph 81071 ("Performance of the Kovno ghetto orchestra.")
GFH, Catalog No. 820, Esther Lurie ("Portrait of a Jewish woman inmate - she was once beautiful ... ")
USHMM, Hidden History of the Kovno Ghetto, Secret Archives ("Jacob Lifschitz, untitled scene of the Kovno ghetto in 1943.")