Bezirk Šiauliai

Der Ort
Die Stadt Joniškis selbst mit knapp 10.000 Einwohnern (2011) liegt 40km nordöstlich von Šiauliai und 14km entfernt von der Grenze zu Lettland an der Bahnlinie Šiauliai – Riga. Im Gemeindebezirk insgesamt leben heute über 30.000 Menschen. Joniškis ist auf der A12 / E77 in etwa einer halben Stunde von Šiauliai aus zu erreichen.

Gedenkstätte VilkiaušisDie Ereignisse
Schon wenige Tage nach dem deutschen Einmarsch in Litauen am 22. Juni 1941 erreichten Einheiten der Wehrmacht Joniškis. Unmittelbar danach übernahmen litauische Nationalisten die Kontrolle über die Stadt. Sie standen eng mit der LAF-Führung in Kaunas in Verbindung, etablierten die örtliche Verwaltung mit dem Polizeichef und begannen im Juli mit der Jagd auf Kommunisten, auf Unterstützer des bisherigen sowjetischen Regimes und auf Juden. Ein Komitee für „Juden-Angelegenheiten“ erließ eine Reihe diskriminierender Maßnahmen, befahl allen in die umliegenden Dörfer geflohenen Juden nach Joniškis zurückzukehren, erpresste Lösegelder, befahl die Kennzeichnung mit einem gelben Stern und setzte arbeitsfähige Juden zu örtlicher Zwangsarbeit ein. Nach Schätzungen dieses Komitees lebten in Joniškis damals etwa 1.200 Juden. Mitte Juli wurde für sie ein von litauischer Polizei bewachtes Ghetto in einem kleinen, von städtischen Polizisten bewachten Straßenbezirk eingerichtet, die Synagoge eingeschlossen. Eine Anzahl von Juden wurden nach Žagarė in das dortige Ghetto gebracht. Die örtliche Polizei befolgte längere Zeit die Aufforderung der in Šiauliai stationierten SS-Sicherheitspolizei nicht, mit der Ermordung der festgesetzten Juden zu beginnen, bis schließlich Ende August mehrere Angehörige der Sicherheitspolizei aus Šiauliai eintrafen. Am 27. August 1941 wurden unter deren Aufsicht 148 Männer aus der Synagoge geholt und in den 6km entfernten Wald von Vilkiaušis gebracht. Dort mussten sie Gruben ausheben und wurden, nachdem sie sich entkleidet und ihre Wertsachen abgegeben hatten, gruppenweise erschossen. Ein Opfer konnte der Exekution entkommen. Die Mörder waren Polizisten und „Weißarmbinder“ aus Joniškis, Aufsicht führten die deutschen SiPo-Beamten aus Šiauliai.

In den letzten Augusttagen 1941 wurden außerdem 150 Juden aus Joniškis in das Ghetto von Žagarė transportiert und bei der dortigen Ghetto-Auflösung ermordet. Im Ghetto von Joniškis waren noch ungefähr 350 jüdische Männer, Frauen und Kinder verblieben. Sie wurden im September ebenfalls im Wald von Vilkiaušis getötet. Die Gesamtzahl der dort exekutierten Juden beträgt nahezu 500.

Die sowjetische Besetzung Litauens 1940/1941 hatte zwar erste Deportationen von Juden und die Einschränkung jüdischen Lebens gebracht. Erst die deutsche Besatzung 1941 und der für ganz Litauen geltende Vernichtungsplan jedoch löschten – unter tatkräftiger Mitwirkung litauischer Kollaborateure – die Existenz der einst blühenden jüdischen Gemeinde von Joniškis und das Leben von deren Angehörigen vollständig aus.

Gedenkstein

Gedenken
Um den Gedenkort für die Juden von Joniškis zu erreichen, fährt man von Šiauliai aus auf der A12 in Richtung Joniškis. Nach ca. 28km erreicht man auf der linken Seite das Gasthaus Kavine Plūgo Broliai. Von dort biegt man links in den Waldweg ein (56.19401639 23.56977472 / 56°11’38.46N 23°34’11.19E), bis man nach ca. 400m an einen ersten Markstein kommt. Nach weiteren 200m erreicht man einen zweiten Markstein, von dem aus nach 20m der Gedenkort zu sehen ist. Er trägt die folgende Inschrift in Litauisch und Hebräisch: „Im Wald von Vilkiaušis ermordeten die Nazis im August 1941 über 500 Juden aus Joniškis.“
56.19568306 23.56268972 / 56°11’44.46N 23°33’45.68E

Literatur / Medien
Bubnys, Arūnas: The Fate of Jews in Šiauliai and Šiauliai Region, in: The Šiauliai Ghetto. Lists of Prisoners 1942, Vilnius 2002, S. 242f.; Dieckmann 2011, Bd. 2, S. 842f.; Holocaust Atlas 2011, S. 156. 

http://www.holocaustatlas.lt/EN/Joniškis/item/93/
http://www.jewishgen.org/yizkor/pinkas_lita/lit_00338b.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Joniškis (Synagogen)
https://www.yahadmap.org/#village/joni-scaron-kis-utena-lithuania.860 (Zeitzeugeninterview mit Janina B.)
http://www.yadvashem.org/untoldstories/database/index.asp?cid=352