Bezirk Klaipėda
Der Ort
Skuodas, eine Kleinstadt mit ca. 7.500 Einwohnern (2006), liegt etwa 80km nordöstlich von Klaipėda, nur 2km zur Grenze nach Lettland. Man erreicht Skuodas von Klaipėda aus am besten über Kretinga und Darbėnai auf der Straße Nr. 218. Erreichbar ist Skuodas auch über Gargždai, Salantai und von dort auf der Straße Nr. 169. Westlich der Stadt verläuft die Bahnlinie Riga–Klaipėda. 1939 lebten 2.500 Juden in der Stadt, deren Handel sie dominierten und kulturelles Leben bereicherten.
Die Ereignisse
Skuodas, nicht weit entfernt von dem seit 1939 wieder an Deutschland abgetretenen Klaipėda-/Memel-Gebiet, wurde am Tag des deutschen Einmarschs in Litauen am 22. Juni 1941 von der Wehrmacht besetzt. Am 28. Juni griffen Einheiten der Roten Armee die in der Stadt stationierten deutschen Truppen an. Sie mussten aber nach zwei Tagen den Kampf, der große Zerstörungen in der Stadt anrichtete, aufgeben. Mit der Begründung, die Juden hätten die sowjetischen Truppen zu Hilfe gerufen, setzte nun eine wahre Hetzjagd von Litauern und deutschen Soldaten in der Stadt ein. Schnell schon hatte sich eine Gruppe „Weißarmbinder“ unter Kostas Vasaris und dem katholischen Priester Lionginas Jankauskas organisiert, die – mehrere Dutzend bewaffnete Männer stark – Juden, Kommunisten, Sowjet-Aktivisten und Soldaten der Roten Armee verfolgten, gefangen nahmen, schlugen, quälten und ermordeten. Zusammen mit Mitgliedern der litauischen Schützenunion wurden sie zum Kader der litauischen Hilfspolizei gemacht, die die Morde an den Juden von Skuodas mehrheitlich organisierte und ausführte.
Die verhafteten Männer der Stadt wurden in das Haus der Schützenunion („Shaul Hall“) gebracht, die Frauen und Kinder in der Synagoge in der Kudirkos-Straße gefangen gehalten. Bereits Ende Juni 1941 begannen die „Weißarmbinder“, jüdische Männer, litauische Kommunisten und sowjetische Kriegsgefangene aus dem Haus der Schützenunion zu holen und sie hinter dem Gebäude beim Fluss zu erschießen; gruppenweise wurden die Männer auch am Stadtrand von Skuodas erschossen. Am 10. Juli holte die Mörderbande um Vasaris erneut etwa 20 Männer ab und ermordete sie nahe dem jüdischen Friedhof in einem Bombenkrater. Nur Tage später (wahrscheinlich am 13. Juli) wurden ca. 35 jüdische Männer aus dem Haus der Schützenunion verschleppt und in der Nähe des Dorfes Kulai, etwa 2km von Skoadas entfernt, in Kiesgruben erschossen, ebenso eine zweite Gruppe von ca. 30 Männern, die kurze Zeit später ebenfalls abgeholt und dort exekutiert wurde. Neben der litauischen Hilfspolizei nahmen auch deutsche Soldaten an den Erschießungen in Kulai teil. Im Haus der Schützenunion befanden sich noch ca. 20 gefangene jüdische Männer, die schließlich Mitte August auf dem jüdischen Friedhof von Skuodas ermordet wurden.
Die mehr als 500 in der Synagoge inhaftierten jüdischen Frauen und Kinder wurden Ende Juli zu Fuß in das 41km von Skuodas entfernte Zwangsarbeitslager Dimitravas getrieben, wo die Kolonne nach zwei Tagen eintraf. Diejenigen, die dem qualvollen Marsch nicht gewachsen waren, wurden von der litauischen Begleitmannschaft unterwegs erschossen. Die am Ziel angelangten Opfer wurden am 15. August 1941 am Fuße des Alka Hügels bei Dimitravas von ca. 20 Mitgliedern der litauischen Hilfspolizei von Skuodas ermordet. Die etwa 40 zuvor ausgesonderten jungen Mädchen wurden im September 1941 an einem unbekannten Ort in der Nähe von Darbėnai getötet.
Vermutlich im Zusammenhang mit der Entdeckung von Massengräbern im Juni 1963 wurden im März 1964 in einem Strafprozess vor dem Obersten Sowjetischen Gericht in Klaipėda sieben Litauer (von 33 namentlich bekannten) wegen der Mordtaten in Skuodas im Juni, Juli und August 1941 angeklagt. Einer der Angeklagten, Lionginas Jankauskas, war nach 1945 in die USA geflohen und hatte 1954 die US-Staatsbürgerschaft erhalten; die US-Behörden verweigerten 1964 seine Auslieferung an Sowjet-Litauen. Jankauskas (in Abwesenheit) und sechs weitere Angeklagte wurden auf der Grundlage von Zeugenaussagen zu 15 Jahren, ein Angeklagter zu 10 Jahren Haft verurteilt.
Gedenken
Neben dem Massenmordplatz Alka Hill erinnern drei Gedenkorte in Skuodas an die Ermordeten der Stadt. Die Zahl der jeweiligen Opfer und ihre Gesamtzahl sind weitgehend unbekannt. Sie wird jedoch mit ungefähr 3.000 angegeben. „Im Juni, Juli und August 1941 wurde die jüdische Gemeinde von Shkud ausgerottet: rund 3.000 Menschen. Die Straße von Shkud nach Dimitravas war mit den ermordeten Körpern von Kindern und Frauen bedeckt. Die Mörder schossen auf sie und begruben sie lebendig; sie zertrampelten sie, erschlugen sie mit Pistolenkolben, Heugabeln und Knüppeln. In Shkud zertrümmerten die Mörder der Shkud-Bande die Kinderköpfe an den Telegraphenmasten und ertränkten sie in den Brunnen der Stadt“ (Hana Shaf-Brener).