“Le Train Fantôme”/”Geisterzug”
In den 1980er Jahre fanden einige Bürger*innen, die die Hintergründe der damaligen Ereignisse erforschten, heraus: Sie hatten die Menschen eines deutschen Deportationszuges gesehen, der am 30. Juni 1944 im Internierungslager Le Vernet d’Ariège südlich von Toulouse gestartet war und erst am 28. August 1944 das Ziel erreichte: das KZ Dachau bei München. In der Zeit nach der alliierten Landung in der Normandie waren viele Eisenbahnstrecken durch alliierte Bomben oder Attacken des Widerstands zerstört und zeitweise unterbrochen. Das ursprüngliche Ziel – das Internierungslager Compiègne in Nordfrankreich – wurde nicht erreicht; von hier aus sollten die Gefangenen – alle wegen Widerstand gegen die deutschen Besatzer oder das Vichy-Regime verhaftet - dann weiter in die deutschen Konzentrationslager deportiert werden. Der Zug machte nach wenigen Tagen kehrt und wartete vier Wochen in Bordeaux – die Männer in der als Gefängnis missbrauchten Synagoge, die Frauen im Fort du Hâ. Wenige Tage nach dem neuen Start konnte der Zug die beschädigte Rhonebrücke nicht befahren, die Menschen mussten zu Fuß zum nächsten Bahnhof in Sorgues gehen.
Von ursprünglich 700 Gefangenen des “Geisterzuges” sind 536 nach der Irrfahrt in das KZ Dachau eingeliefert worden, 473 Männer und 63 Frauen. 112 Männer wurden weiter geschickt in das KZ Mauthausen und das Nebenlager Melk, die Sklavenarbeit für die Rüstung haben nur etwa 25 überlebt. Die meisten Frauen wurden weiter transportiert in das KZ Ravensbrück, etwa die Hälfte hat überlebt (Näheres vgl. Sachstichwort ‘Train Fantôme'/Geisterzug).
Gedenken
Das 1991 geschaffenen Mahnmal aus grauem Stein am Bahnhof zeigt abgezehrte, erschöpfte, hoffnungslose Menschen. Hier wird jährlich am 18. August in einer Gedenkzeremonie der Widerstandskämfer*innen gedacht (Place Wettenberg).
1993 gründete sich der Freundeskreis 'amicale des déportés du train fantôme’. Er gibt u.a. eine Webseite heraus, mit vielen Berichten, Informationen und Fotos zu den einzelnen Stationen des “Geisterzuges.”
Literatur/Medien
Altwegg, Jürg: Geisterzug in den Tod – Ein unbekanntes Kapitel der deutsch-französischen Geschichte 1944, Reinbek 2001
Bökel, Gerhard: Der Geisterzug, die Nazis und die Résistance. Zeitzeugenberichte und historische Dokumente während Besatzungszeit und Kollaboration in Südfrankreich, Frankfurt/M. 2017 (französisch: Le train fantôme, les nazis et la Résistance, 2018)
Rollet, Alexandra: Vaucluse: Le train fantôme de 1944, in: Le Patriote Résistant N° 917 (2017), S. 16
http://lesdeportesdutrainfantome.org/ (Hg.: Amicale des déportés du Train Fantôme)
http://lesdeportesdutrainfantome.org/ville_sorgues.htm
https://fr.wikipedia.org/wiki/Sorgues_(Vaucluse)
(Uhh 2017/2020)