Region Friaul-Julisch Venetien / Provinz Udine
Der Ort
Gonars ist eine Gemeinde im Friaul mit 4.757 Einwohner/innen (Stand 31. Dezember 2016).
Der Ort liegt wenige Kilometer nördlich der Autobahn A4 Venedig (110 km) - Triest (60 km).
Die Ereignisse
Nachdem sich das faschistische Italien - mit Deutschland durch die „Achse Berlin-Rom“ und den sogenannten „Stahlpakt" verbunden - am deutschen Überfall auf Jugoslawien (6. - 17. April 1941) beteiligt hatte, besetzte die italienische Armee Teile des in diverse Einflusssphären zerstückelten Landes entlang der Küste: Das italienische Besatzungsgebiet umfasste den Süden und Westen Sloweniens bis einschließlich Ljubljana und Teile von Dalmatien, einige Inseln sowie Teile von Montenegro und des Kosovo.
Deportation von Slowenen und Kroaten aus von Italien okkupierten Gebieten
Zwar fehlte der italienischen Besatzung die genozidale Komponente im Konzept der deutschen Okkupanten, die u.a. alle in ihrem Herrschaftbereich lebenden Slowenen „grundsätzlich als Staatsfeinde" stigmatisierten und entsprechend behandelten (Bundesarchiv, S. 45), sie war allerdings von Zwangsmaßnahmen, Geiselerschießungen sowie massenhaften Deportationen und Internierung von Zivilisten gekennzeichnet.
So erließ General Mario Roatta, ab Januar 1942 Oberbefehlshaber der 2. italienischen Armee, die 1941 von Istrien aus am Überfall auf Jugoslawien teilnahm und danach die italienischen Besatzungstruppen in den besetzten Gebieten stellte, am 1. März 1942 das berüchtigte Rundschreiben 3C („Circolare 3C"): In offenem Bruch mit dem Kriegsvölkerrecht wurden Offiziere und Kommandanten darin angewiesen, mit allergrößter Härte gegen den Widerstand der Bevölkerung vorzugehen (Prinzip des „Zahn um Kopf" statt „Zahn um Zahn").
Bereits einige Tage zuvor hatte Roatta in der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 1942 das Stadtgebiet von Ljubljana mit einem Stacheldrahtzaun hermetisch abriegeln lassen und danach Durchkämmungsaktionen angeordnet. Mehrere hundert gefangengenommene slowenische Zivilisten (Schüler, Studenten, Intellektuelle, die im Verdacht standen, mit der slowenischen Befreiungsbewegung zu sympathisieren) wurden Mitte März 1942 - die Gefängnisse in Ljubljana waren längst überfüllt - nach Gonars deportiert, wo die ersten Ankömmlinge das neue Konzentrationslager selbst mit aufbauen mussten.
Diese Verschleppungen sollten den Widerstand gegen das faschistische italienische Besatzungsregime brechen und potentielle Widerstandskämpfer isolieren.
Das Konzentrationslager Gonars
Das Konzentrationslager Gonars, das „Campo concentramento per internati civili no. 89", war das größte Lager für Slowenen und Kroaten („per slavi", wie es im Land der Besatzungsmacht hieß) auf italienischem Boden.
Es wurde Ende Februar 1942 - nachdem General Roatta mit den systematischen Durchkämmungen der „Provincia di Lubiana" begonnen hatte - errichtet. Das ursprünglich für ein Kriegsgefangenenlager vorgesehene Areal wurde mit Stacheldraht umzäunt und mit Wachtürmen versehen. In den drei Sektoren „Apha", „Beta" und „Gamma" wurden Baracken und Zelte aufgestellt, das Lager auch nachts taghell erleuchtet. Tausende Slowenen wurden ab März 1942 nach Gonars verschleppt. Anfangs nur Männer, später auch Frauen, Kinder und alte Menschen. Unter den unter elenden hygienischen Bedingungen lebenden und unter Mangelernährung leidenden Gefangenen waren neben Mitgliedern oder Sympathisanten der slowenischen Befreiungsbewegung u.a. der Direktor der Oper von Ljubljana, Schauspieler des Nationaltheaters, Bildhauer, Schriftsteller und viele Universitätsangestellte. Ausgelegt für ca. 3.000 Gefangene, war die Aufnahmekapazität bereits nach kurzer Zeit erreicht, was zum Bau weiterer Konzentrationslager im nur 10 Kilometer entfernten Visco bei Palmanova, bei Treviso, bei Padua und auf der italienisch besetzten dalmatinischen Insel Rab führte. Bereits Mitte August 1942 waren über 6.000, Mitte September 1942 knapp 6.400 Menschen in Gonars interniert (Capogreco, S. 257).
Bis das Lager im September 1943 im Zuge der italienischen Kapitulation aufgelöst wurde - die Wachmannschaften flohen, die Gefangenen schlossen sich den Partisanen an oder gerieten in nun deutsche Gefangenschaft, was auch zur Deportation in deutsche Konzentrationslager führte - starben in Gonars ca. 500 Menschen an Unterernährung und verschiedensten Krankheiten, darunter 70 Kleinkinder.
Gedenken
Gedenkstätte auf dem Friedhof von Gonars
Im Vorfeld des 1975 geschlossenen Osimo-Vertrags über die Festlegung des endgültigen Grenzverlaufs zwischen Italien und Jugoslawien wurde auf Betreiben der jugoslawischen Regierung auf dem Friedhof von Gonars eine Gedenkstätte für die Opfer errichtet. Sie wurde am 10. Dezember 1973 eingeweiht. Die Arbeit des Bildhauers Miodrag Zivkovic hat die Form einer stilisierten Blume, in deren Innerem sich umlaufende Krypten mit Nischen für die Urnen der Opfer befinden.
Am Eingang des Friedhofs erläutern von der Gemeinde Gonars aufgestellte mehrsprachige Informationstafeln die Geschichte des Konzentrationslagers. U.a. weist eine Übersichtsskizze den Weg zum früheren Lagergelände.
Gonars, Via Monte Grappa
Parco della Memoria auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers
Auf dem Areal des ehemaligen Lagers, von dem heute nur noch längst grasüberwachsene Fundamente existieren, wurde im November 2009 eine kleine Gedenkstätte, der Parco della Memoria, errichtet. Auf vier Stelen sind Mosaike mit Reproduktionen von Werken eingelassen, die Häftlinge im Lager geschaffen haben.
Der Plan, einen Gedenkpfad (Percorso della Memoria) vom Friedhof zum ehemaligen Lagergelände anzulegen, wurde bisher nicht realisiert (Stand: Sommer 2018).
Gonars, an der SR252
Städtepartnerschaft mit Vrhnika
Seit 1975 unterhält Gonars eine Städtepartnerschaft mit der slowenischen Gemeinde Vrhnika, aus der viele Internierte des Konzentrationslagers Gonars stammten.
Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941 - 1945), Dokumentenauswahl und Einleitung von Martin Seckendorf unter Mitarbeit von Günter Keber, Jutta Komorowski, Horst Muder, Herbert Stöcking und Karl Übel, Berlin 1992; Capogreco, Carlo Spartaco: I campi del duce - L'internamento civile nell'Italia fascista (1940-1943), Turin 2004; Fransecky, Tanja von: Das Lager Gonars 1942-1943 - Symbol des verlorenen Gedächtnisses Italiens, In: Fransecky, Tanja von / Rudorff, Andrea / Schneider, Allegra / Stracke, Stephan (Hg.): Kärnten, Slowenien, Triest. Umkämpfte Erinnerungen. Bremen 2010 , S. 232-237; Pahor, Boris: Triangoli Rossi - I campi di concentramento dimenticati, Mailand 2015; de.wikipedia.org/wiki/KZ_Gonars; pg89gonars.jimdo.com/gonars-1942-43