Region Lothringen/Lorraine, Departement Moselle
Der Ort
Grenzstadt mit 21500 Einwohner/innen, ehemals Kohlegrubendorf. Bahn: →Metz, Paris und Saarbrücken, Frankfurt. Mit dem Auto von Saarbrücken 13 km (B 41 und N 4), von Metz 59 km (A 4/A 320 →Saarbrücken, Sortie/Ausfahrt 42). Ein Grubenmuseum gibt es im Nachbarort Petite-Rosselle: http://www.musee-les-mineurs.fr/de/willkommen/
Die Ereignisse
Hilfe für deutsche Flüchtlinge
Nachdem die Mehrheit der Bevölkerung des Saargebiets im Frühjahr 1935 für eine Rückgliederung an (Hitler-)Deutschland gestimmt hatte, flüchteten etwa 8000 Saarländer/innen und 800 „Reichsdeutsche“ nach Frankreich. Im grenznahen Forbach arbeitete die – von der SPD, dem Internationalen Gewerkschaftsbund und der frz. Gewerkschaft CGT unterstützte - 'Beratungsstelle für Saarflüchtlinge' für die soziale Betreuung der Flüchtlinge, beriet bei Aufenthaltspapieren, Arbeits- und Wohnungssuche (Büro im Haus Rue Nationale Nr. 41). Mitarbeiter/innen waren u.a. Max Braun (Vorsitzender der Saar-SPD: http://de.wikipedia.org/wiki/Max_Braun_(Politiker), Emil Kirschmann und Johanna Kirchner. Die Stelle gab auch die 'Informationen von Emigranten für Emigranten' heraus. Am 30. Juni 1936 musste sie ihre Tätigkeit auf frz. Verlangen einstellen. Das Büro wurde von der SPD als Grenzsekretariat weiter geführt, man versorgte die Saarländer u.a. mit (illegalen) Schriften. Die KPD suchte von Forbach aus, die Partei im Saarland zu reorganisieren und den Widerstand zu unterstützen, lieferte Zeitschriften und Broschüren; hier war u.a. Otto Niebergall aktiv. Vertreter beider Parteien waren an den Bemühungen zum Aufbau einer Deutschen Volksfront beteiligt (vgl. Paris 6°, Hôtel Lutetia). Mit Kriegsbeginn mussten die Büros ihre Arbeit einstellen.
Annexion
Nach der faktischen Annexion des Moselgebiets (vgl. Departement Moselle, Einführung) wurde Forbach Stadtteil von Saarbrücken. Die entscheidenden Posten in Verwaltung und Polizei wurden von Deutschen besetzt. Die Guise-Kaserne wurde von der Wehrmacht als Kriegsgefangenenlager benutzt. Im Herbst 1943 zählte man im Stalag XII/F 49000, mehrheitlich sowjetische Kriegsgefangene und 136 Arbeitskommandos; ein großes Zweiglager existierte in Boulay. Die Zahl der Toten durch Unterernährung und Krankheiten ist nicht bekannt; nach Schilderungen wurden täglich bis zu 30 Leichen aus dem Lager in Massengräbern verscharrt. In den 1960er Jahren wurden die sterblichen Überreste von über 300 sowj. Soldaten auf den Friedhof Metz-Chambière umgebettet (vgl. Foto).
1933 lebten etwa 550 Juden in der Stadt. Mit der Evakuierung der Bevölkerung durch die frz. Behörden im September 1939 kamen auch viele jüdische Einwohner/innen nach Südfrankreich. Die 1940 noch in der Stadt verbliebenen Juden wurden von den Deutschen nach Südfrankreich ausgewiesen und im Lager Gurs interniert. Viele wurden in die Vernichtungslager deportiert, 114 von ihnen wurden ermordet.
Eine kleine Widerstandsgruppe half Kriegsgefangenen aus dem Stalag bei der Flucht aus dem annektierten Moselgebiet nach Frankreich. Die Gruppe wurde 1942 denunziert, ein Mitglied erschossen und vier verhaftet: Pierre Walter und seine Tochter Marie Haman wurden ins Gestapo-Gefängnis 'Grand Séminaire' in Metz eingeliefert. Er wurde in das KZ Natzweiler-Struthof und weiter in das KZ Flossenbürg deportiert, wo er im Mai 1945 befreit wurde. Seine Tochter konnte einem ähnlichen Schicksal mit Hilfe einer Ärztin und von Résistants entgehen.
Nach der Dekretierung der Wehrpflicht in der deutschen Wehrmacht im Sommer 1942 (vgl. Lothringen, Einführung) wurden viele Forbacher zwangsrekrutiert und gegen ihren Willen ('Malgré-Nous') in deutscher Uniform an die Ostfront geschickt, wo viele umkamen. Familien von Wehrdienstverweigerern oder die die Germanisierung und die 'Deutsche Volksgemeinschaft' ablehnten (vgl.Patriote Résistant à l'Occupation - PRO) wurden in Lager in Oberschlesien oder Sudetenland (heute: Polen bzw. Tschechien) „umgesiedelt“, d.h. deportiert.