Region Rhône-Alpes

Hauptstadt
: Annecy

Lage des Departements Haute-Savoie; Quelle: WikipediaEinführungWappen des Departements Haute-Savoie; Quelle: Wikipedia

Das Departement Haute-Savoie (dt.: Hochsavoyen) ist der nördliche Teil von Savoyen, das sich 1860 an Frankreich anschloss. Es hat 747000 Einwohner/innen. Es grenzt u.a. an die Schweiz (Genfer See, Kanton Wallis) und Italien (Aosta-Tal). Neben Ebenen z.B. südlich von Genf finden sich hochalpine Gebirgsmassive mit dem Mont-Blanc, dem höchstem Berg Europas. Wirtschaftlich ist das Gebiet geprägt von Landwirtschaft (Milch, Käse, Obst), großen Wintersportstationen, Industrie (u.a. Spezialmetalle, Feinmechanik) und der Arbeit von etwa 80000 Grenzgänger/innen in der Schweiz.

 

Besatzungsregime

Haute-Savoie war zunächst nicht besetzt. Es gab aber Restriktionen und Kontrollen aufgrund des frz.-italienischen Waffenstillstands vom 24. Juni 1940 (u.a. Entmilitarisierung eines 50 km breiten Streifens). Ab 11. November 1942 wurde das gesamte Departement von italienischem Militär besetzt. Zerstörungen, Beschlagnahmen und Abgabeverpflichtungen belasteten Menschen und Wirtschaft. Ab Frühjahr 1943 verfolgten frz. Polizei (sie verhaftete 188 Menschen am 29. Juni 1943 in Annecy und führte im Juli eine große Razzia in Savoyen durch), Carabinieri und die politische Polizei OVRA verstärkt Widerstandstätigkeiten und Maquis. Zahlreiche Savoyer/innen wurden nach Inhaftierung in Annecy oder Chambéry vom italienischen Militärgericht in Breil-sur-Roya bei Nice/Nizza verurteilt und in Modane (Savoie) oder italienischen Gefängnissen interniert.

Nach dem Kriegsaustritt Italiens am 8. September 1943 wurde das Departement von deutschen Truppen besetzt - schon im August waren etwa 1500 deutsche Soldaten in Rumilly, Annecy und Bonneville aufgetaucht. Besonders ab  Januar 1944 wurde die Repression durch die Deutschen und die sie unterstützende frz. Milice verschärft, zahlreiche Maquis angegriffen, Einwohner/innen verhaftet. Vichy verhängte Ende Januar 1944 den Kriegszustand, beorderte 3000 Ordnungskräfte in das Chablais um Thonon-les-Bains und das Gebiet Annecy/Glières, die Milice verhaftete in Razzien zahlreiche Personen, etwa 20 wurden vom Kriegsgericht zum Tode verurteilt und hingerichtet (vgl. Annecy, Thonon-les-Bains). Im März 1944 wurde das Glières-Maquis von Milice und Wehrmacht mit tausenden Soldaten angegriffen; angesichts der erdrückenden Übermacht gaben die Maquisards am 26. März auf. In den Kämpfen und bei den folgenden Strafaktionen sowie in den Konzentrationslagern wurden fast 150 Menschen getötet, darunter 57 spanische Republikaner, 90 überlebten die Deportation in die KZ (vgl. Glières). Während der Besatzungszeit 1942 – 1944 wurden fast 2000 Savoyer/innen deportiert, die meisten aus politischen Gründen und etwa 380 jüdische Menschen.

 

Judenverfolgung, -rettung und Deportation

Aufgrund der antisemitischen Gesetze der Vichy-Regierung wurden Juden aus dem öffentlichen Dienst entfernt, mittellose ausländische Familien wurden unter Hausarrest gestellt (vgl. z.B. Annecy). In der großen Razzia vom Juli/August 1942 verhaftete Vichy-Polizei über 160 meist ausländische jüdische Kinder, Frauen und Männer und  brachte sie über die Lager Savigny, Vénissieux bei Lyon in das Internierungslager Drancy bei Paris; von dort wurden sie von den Deutschen in das KZ Auschwitz und andere Vernichtungslager deportiert.

Im Frühjahr 1943 durchkreuzte das italienische Militär Pläne der Vichy-Regierung, alle ausländischen Juden aus dem Südosten Frankreichs in die deutsch besetzten Departements Archèche und Drôme (Region Rhônes-Alpes) auszuweisen  - und sie damit der Gefahr der Deportation in die Vernichtungslager auszuliefern. Sie wiesen etwa 4500 Juden Zwangswohnorte in der italienischen Besatzungszone zu, in Hochsavoyen u.a. Megève, Saint-Gervais-les-Bains, und untersagten den Vichy-Behörden die Deportation von Juden.

Mit dem Ende der italienischen Besatzung verstärkten Hilfsorganisationen ihre Aktivitäten, insbesondere jüdische Kinder in Heimen oder Familien zu verstecken und über die nahe Schweizer Grenze in Sicherheit zu bringen (vgl. z.B. Annemasse, Passy, Vers, Ville-la-Grand; Kurzbiografie Marianne Cohn). Die Deutschen nahmen schon eine Woche nach der Besetzung die Jagd auf Juden wieder auf, bis Mai 1944 deportierten sie 215 jüdische Menschen in die Vernichtungslager, nur wenige überlebten.

 

Resistance

Ein großer Teil der Bevölkerung vertraute zunächst Vichy-Staatschef Pétain, sie sah in ihm auch den Schutz vor einer italienischen Annexion. Individuelle Akte wie das Zeigen des Lothringer-Kreuzes blieben ohne nachhaltige Wirkung. Lokale Gruppen der Widerstandsnetze und -bewegungen wie Combat, Franc-Tireur, Francs Tireurs et partisans (FTP) und Libération-Sud entstanden. Auftrieb bekamen sie 1942/43 mit der italienischen Besatzung und vor allem als junge Leute, die den Zwangsarbeitsdienst STO verweigerten, Rat, Schutz und Unterkunft suchten. Flugblätter und Zeitungen gegen die Besatzer wurden verteilt. Widerstandsgruppen in den Gemeinden und Maquis der Armée Secrète (AS) und FTP in den Bergen führten Sabotageakte an Eisenbahnlinien, Telefonleitungen und italienischen bzw. deutschen Einrichtungen durch. Die Deutschen verlangten von Vichy im Dezember 1943 das „Ausräuchern der Terroristennester“ und schalteten sich stärker in die „Partisanenbekämpfung“ ein (vgl. z.B. Annecy, Bonneville, Saint-Eustache, Glières incl. der Orte am Fuß des Gebirgsmassivs, Passy). Im Sommer 1944 hatte sich der Widerstand von den Schlägen erholt, erhielt umfangreiche Waffenlieferungen, konnte die Wehrmacht durch überfallartige Attacken verunsichern, stören, ihren Rückzug nach Italien verzögern und in die Befreiungskämpfe eingreifen.

 

Befreiung

Um die deutsche Rüstungswirtschaft zu schwächen, bombardierten die Alliierten Annecy (Bahnhof, Kugellagerfabrik SRO) zweimal; dabei gab es auch zahlreiche Tote und Verwundete unter der Zivilbevölkerung. Nach den Kämpfen auf den Glières formierte sich die Résistance neu in den freifranzösischen Kräften FFI, in denen AS und FTP zusammenarbeiteten. Nach umfangreichen Waffenabwürfen auf dem Glières-Plateau und am Col des Saisies (Departement Savoie) am 1. August 1944 und noch vor der alliierten Landung in der Provence (15. August)  wurden auf Initiative des FFI-Führers J. Lambroschini 'Nizier' die deutsche Garnisonen angegriffen und nach und nach die Gemeinden befreit; bei den Befreiungskämpfen gab es zahlreiche Tote. Als letzte Stadt wurde Annecy eingekreist: Die Milice verhandelte ihren Abzug gegen das Versprechen eines Prozesses; die Wehrmacht kapitulierte nach Verhandlungen mit der Résistance am 19. August 1944. Damit war das gesamte Departement ohne Hilfe von französischen oder alliierten Truppen befreit.

 

Gedenken

Wichtige Gedenkorte sind das Monument auf dem Glières-Plateau und die Gedenkstätte La Morette (vgl. Glières). In den Gemeinden sowie auf dem Glières-Plateau und in der Gedenkstätte finden jährlich offizielle Gedenkzeremonien statt. Dort und in Rumilly gibt es kleine Widerstands-Museen. Ein virtuelles Museum ist zu besuchen unter http://lemuseevirtueldespaysdesavoie.fr

 

Gedenkorte

Alex, Annecy, Annemasse, Ayse, Bonneville, Cluses, Doussard, Entremont, Evian-les-Bains, Faverges, Glières, Groisy, La Roche-sur-Foron, Le Grand Bornand, Le Petit-Bornand-les-Glières, Les PuisotsManigod, Marignier, Megève, Nâves-Parmelan, Passy, Rumilly, Saint-Eustache, Saint-Gervais-les-Bains, Saint-Gingolph, Savigny, Thônes, Thonon-les-Bains, Thorens-Glières, Valleiry, Vers, Ville-la-Grand.

 

Literatur /Medien

Comité haut-savoyard des Associations de Mémoire de la Résistance et de la Déportation (Hg.): La Résistance en Haute-Savoie et la Cour Martiale du Grand-Bornand (23-24- août 1944). Une exigence de vérité, Annecy 2011
Germain, Michel: Mémorial de la Déportation: Haute-Savoie 1940-1945, Montmélian 1999; ders: Chronique de la Haute-Savoie pendant la Deuxième Guerre mondiale, 4 Bände, Montmélian ab 1993; ders.: Le sang de la barbarie. Chronique de la Haute-Savoie au temps de l'occupation, Montmélian 1992
Panicacci, Jean-Louis: L'Occupation italienne: Sud-Est de la France, juin 1940-septembre 1943, Rennes 2010
Rickard, Charles: La Savoie sous l'occupation, Rennes 1985; ders.: La Savoie dans la Résistance – Haute-Savoie, Savoie, Rennes 1986
Villermet, Christian: A noi Savoia. Histoire de l'occupation italienne en Savoie: novembre 1942 - septembre 1943, Montmélian 1999
Petit futé. Guide des lieux de mémoire, Paris 2005, S. 342f.; Ausgabe 2012/2013, S. 227
http://www.thones-valsulens.com/fr/sitra-sites-a-visiter/musee-departemental-de-la-resistance-et-memorial-de-la-deportation-185122.html?type=patrimoine-culturel&commune=thones&menu=3
http://www.cg74.fr/pages/fr/70eme-anniversaire-de-la-liberation-de-la-haute-savoie-562.html
http://www.cg74.fr/download/site-principal/document/actions/culture/70eme-anniversaire-liberation/chronologie-libe--ration-21.01.14.pdf
http://www.ajpn.org/departement-Departement-de-la-Haute-Savoie-74.html
http://www.ac-grenoble.fr/lycee/versoie.thonon/versoie/images/stories/Histoire/posters/010_Vichy_et_les_juifs.pdf
http://www.memoriadellealpi.net/download/GRUPPO01~ALLEGATI_PRIMO_PIANO/Sondage-Dauphine.pdf
http://de.wikipedia.org/wiki/D%C3%A9partement_Haute-Savoie
http://fr.wikipedia.org/wiki/Histoire_de_la_Savoie