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Perugia

Region Umbrien / Provinz Perugia

Die Stadt
Mit knapp 170.000 Einwohner/innen ist die Universitätsstadt Perugia der Hauptort der Region Umbrien und der gleichnamigen Provinz.

Gedenktafel für die Militärinternierten UmbriensEreignisse
Perugia war vom 11. September 1943 bis zum 20. Juni 1944 von deutschen Truppen besetzt. Die Stadt war Sitz der Militärkommandantur 1018. Ab Dezember 1943 war Perugia auch Sitz eines der Sondergerichte („Tribunale speciale per la difesa dello Stato“), die gemäß militärischem Kriegsstrafprozessrecht zuständig bei Hochverrat, Feindbegünstigung und Spionage waren.
Im März 1944 wurde hier unter Leitung von Hauptmann Volker Seifert, einem erfahrenen Veteranen der Partisanenbekämpfung in Serbien und Griechenland und ehemaligen Offizier der 717. Infanterie-, später 117. Jäger-Division, der „Lehrstab für Bandenbekämpfung“ aufgestellt: Aufgabe des Lehrstabs war die Ausbildung von Soldaten der Wehrmacht in kurzen Lehrgängen, die so praxisnah wie möglich gehalten wurden. Daher beteiligte sich der Lehrstab äußerst aktiv an der Partisanenbekämpfung.
Im April 1944 wurde SS-Standartenführer Karl-Heinz Bürger zum SS- und Polizeiführer Mittelitalien mit Sitz in Perugia ernannt und war von dort aus zuständig für die „Bandenbekämpfung“ in den Regionen Toskana, Umbrien und Marken.
Nach Klinkhammer wurden im Raum Perugia allein im Mai 1944 bei sogenannten „Banden-Einsätzen“ 1350 Personen gefaßt, von denen 551 als tauglich für den Arbeitseinsatz erklärt und zu diesem Zweck nach Deutschland deportiert wurden.

Gedenken
Provinzpalast
Unter den Arkaden des Provinzpalastes von Perugia, der auch die Präfektur beherbergt, befindet sich eine Gedenktafel, mit der die A.N.E.I (Associazione Nationale ex Internati) der ca. 500 Opfer aus der Region Umbrien gedenkt, die als Militärinternierte in deutschen Lagern starben.

Auch unter diesen Arkaden befindet sich die Gedenktafel für Eglo Tenerini (1919-1944). Als Mitglied der Partisaneneinheit Brigata Garibaldi "Francesco Innamorati", die im Hinterland von Perugia operierte, war er am 5. April 1944 verhaftet und in der Präfektur gefangen gehalten worden. Bei einem Fluchtversuch verletzt, starb Tenerini in der Nacht vom 4. auf den 5. Mai 1944 (Piazza Italia 11).

Via FloramontiVia Floramonti
An einem von der faschistischen Polizei bereits seit den 1920er-Jahren für Folterungen von Antifaschisten genutzten Nebengebäude der Präfektur in der Via Floramonti wurde aus Anlass des 60. Jahrestages der Befreiung im Jahr 2005 eine Gedenktafel angebracht (Via Floramonti 10).

Gedenktafel für Rodolfo Betti Erinnerung an das Massaker an Offizieren der Division „Perugia“
Zur Erinnerung an Rodolfo Betti, der zu den über 100 Offizieren der Infanterie-Division „Perugia“ gehörte, die im Rahmen des Unternehmens „Spaghetti“ im Oktober 1943 durch Mitglieder der deutschen 1. Gebirgsjägerdivision (siehe Exkurs: Kephalonia (GR)) nahe der südalbanischen Hafenstadt Sarandë ermordet wurden, befindet sich eine Gedenktafel in der Via Baglioni 50.

Piazza Braccio Fortebracci
Auf einer kleinen Grünfläche neben dem Bolzplatz an der Piazza Braccio Fortebracci steht das 1982 errichtete Denkmal zur Erinnerung an die Opfer aller Völkermorde („in memoria delle vittime di tutti i genocidi“).

Gedenktafel am ehemailgen FrauengefängnisEhemaliges Frauengefängnis
Zum Gedenken an die Frauen des antifaschistischen Widerstandes, die dort ab 1928 eingekerkert waren, befindet sich eine Tafel am ehemaligen Frauengefängnis von Perugia (Ecke Via Giardino/ Via del Parione).
Camilla Ravera, Jg. 1889, die sofort bei ihrer Gründung Mitglied in der kommunistischen Partei geworden und ihren GenossInnen in die Emigration nach Frankreich gefolgt war, wurde bei einem Auftrag in Italien 1930 gefasst und vom Sondergericht zu 15 Jahren Haft verurteilt, von denen sie fünf in dem von Nonnen geleiteten Frauengefängnis von Perugia abbüßte. Sie kam hier in Einzelhaft und durfte nur selten Besuch empfangen; auf ihrem Hofgang begleitete sie nur die zuständige Nonne. Camilla Marcella Oriani, Jg. 1908, aus Cusano Milanino, arbeitete in der kommunistischen Untergrundorganisation Mailands mit. 1935 aufgrund kompromittierenden Materials gefangen genommen, wurde auch sie vor dem Sondergericht wegen Gründung eines kommunistischen Zirkels und subversiver Propagandatätigkeit zu 10 Jahren Haft in Perugia verurteilt. Dort versuchten die politischen die unpolitischen, "kriminellen" Häftlinge zu politisieren und auch diejenigen Frauen zu erreichen, die ab dem 8. September 1943 anstatt ihrer Männer als Geiseln verhaftet worden waren, weil diese sich nicht zum Militärdienst gemeldet hatten. Gerade weil in diesem von Nonnen geführten Frauengefängnis von Perugia die Insassinnen durch monotone religiöse Übungen abgestumpft wurden, waren diese politischen Sensibilisierungsmaßnahmen umso wichtiger.“ (Bennewitz, S. 14f.).

Literatur / Medien::
Rossi, Tommaso: Tracce di Memoria – Guida ai luoghi della Resistenza e degli eccidi nazifascisti in Umbria, Foligno 2013; Gentile, Carlo: Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943–1945, Paderborn 2012; Klinkhammer, Lutz: Zwischen Bündnis und Besatzung: Das nationalsozialistische Deutschland und die Republik von Salò 1943–1945, Tübingen 1993; Schreiber, Gerhard; Deutsche Kriegsverbrechen. Täter, Opfer, Strafverfolgung, München 1996, S. 70/71 (zum Massaker an Offizieren der Division „Perugia“); www.antifascismoumbro.itde.wikipedia.org/wiki/Karl-Heinz_Bürger; Nadja Bennewitz: „Die Arbeit der Frauen war das Rückgrat der Resistenza“, In: La resistenza. Beiträge zum Widerstand in Italien, Verein zur Förderung alternativer Medien e.V. (Hg.), Bd. 2: Beiträge zu Faschismus, deutscher Besatzung und dem Widerstand in Italien, Erlangen 2003, S. 14-17;