Region Piemont / Provinz Turin

Der Ort
Ecomuseo in BalmeBalme ist eine auf 1.400 Metern Höhe liegende piemontesische Gemeinde mit ca. 100 Einwohner/innen. Von Turin aus fährt man zunächst über die Tangenziale bis Venaria Reale, weiter Richtung „Valli di Lanzo“ auf der SP 1 über Lanzo Torinese und Ceres und weiter ins Val d'Ala (65 km).

Die Ereignisse
Anfang Juni 1944 hatte der CLN, das Nationale Befreiungskomitee des nach dem Kriegsaustritt im September 1943 von den Deutschen besetzten Italiens, einen Appell an die Partisanen gerichtet und zu einer Großoffensive aufgerufen. Bereits Ende desselben Monats konnten die Partisanen in den Lanzotälern das Gebiet zur befreiten Zone, zur Zona Libera, erkären. In Balme übernahmen die Garibaldini u.a. am 26. Juni 1944 die leerstehende Villa Castagneri und funktionierten sie zur Krankenstation um.
Anfang September 1944 begannen die Deutschen das Durchkämmungsunternehmen ‚Strassburg‘ mit dem Ziel, das ‚Bandengebiet‘ in den Valli di Lanzo auszuheben. Neben deutscher und italienischer SS waren Truppen der Decima Mas eingesetzt, für ihre besondere Brutalität bekannte faschistische RSI-Marine-Spezialeinheiten.
Das zerstörte Rifugio Gastaldi, Foto: Resistenza-Institut TurinAls diese Truppen immer weiter in das Tal vordrangen, brachten versierte Bergführer Jüdinnen und Juden, die sich in den Valli di Lanzo versteckt hielten (siehe: Judenverfolgung) über seit Jahrhunderten begangene Schmugglerpfade in vielen Gruppen über die Grenze nach Frankreich. Ende September 1944 zogen sich Teile der Garibaldi-Brigaden aus dem Val d’Ala und Val di Viù von der Hochebene Pian della Mussa in das auf 2.660 Meter Höhe gelegene Rifugio Gastaldi zurück. Hier warteten die Partisanen auf die Genehmigung zum Grenzübertritt, den die Forces françaises de l’intérieur (FFI) – die selbst erst gegen Ende August die Haute Maurienne befreit hatten – zunächst verweigerten. Am 3. Oktober drangen Spezialeinheiten der Decima Mas zum Rifugio vor und nahmen es so lange unter Mörser-Beschuss, bis es in Flammen aufging. Die Partisanen setzten sich über die umliegenden Pässe nach Frankreich ab – die FFI hatte zwischenzeitlich die Einreise genehmigt.



Inventarliste der beschlagnahmten Villa CastagneriGedenken
Ecomuseo delle Guide Alpine ‚Antonio Castagneri‘
Im der Geschichte der Bergführer von Balme gewidmeten Museum wird auch der Beitrag der Bergführer in der Widerstandsbewegung thematisiert: Unter den Exponaten befindet sich u.a. eine Urkunde des Staates Israel, die den Einsatz der Bevölkerung um die Rettung vieler Jüdinnen und Juden würdigt. Zudem ist die von der Kommandoleitung der XI. Brigata Garibaldi Torino erstellte Liste über die in der Villa Castagneri (heute in Privatbesitz) beschlagnahmten Einrichtungsgegenstände ausgestellt.
Ecomuseo delle Guide Alpine ‚Antonio Castagneri‘, Balme, geöffnet im Juli und September sonntags 15.30–17.30 Uhr, im August Sa/So 15.30–17.30 Uhr, Tel: 0123-82902 und 347-6488387, www.ecomuseobalme.it

Das neue Rifugio GastaldiRifugio Gastaldi
Jährlich finden Gedenkwanderungen der ANPI (Associazione Nazionale Partigiani d’Italia, Nationale Vereinigung der italienischen PartisanInnen) unter dem Motto "I sentieri della resistenza partigiana" von der Hochebene Pian della Mussa zum wiedererrichteten Rifugio Gastaldi statt.

Literatur:
Bade, Sabine / Wolfram Mikuteit: Partisanenpfade im Piemont. Wege und Orte des Widerstands zwischen Gran Paradiso und Monviso. Ein Wanderlesebuch, Konstanz 2018, S. 106-110; Boccalatte, Luciano / D’Arrigo, Andrea / Maida, Bruno: 38–45 – Una guida per la memoria. Luoghi della guerra e della resistenza nella provincia di Torino, Istituto piemontese per la storia della resistenza e della società contemporanea ‚Giorgio Agosti‘, Turin 2007, S. 210.; Touring Club Italiano (Hg): I Sentieri della Libertà. Piemonte e Alpi occidentali. 1938–1945. La Guerra, la Resistenza, la persecuzione razziale. A cura di Livio Berardo, Milano 2007, S. 145ff.; www.ecomuseobalme.it; www.resistenza.eu/hospitaeler-resistenza-lanzotaeler