Straßenschild 'Märtyrer-Tal Saulx'Region Lorraine/Lothringen, Departement Meuse

Das Tal und die Orte
Der Saulx-Bach durchfließt den Westen des Departements Meuse und mündet bei Vitry-le-François in die Marne. Die hier beschriebenen Übergriffe und Massaker an der Zivilbevölkerung wurden in den Dörfern Robert-Espagne, Beurey-sur-Saulx, Couvonges, Mognéville und Trémont-sur Saulx von Einheiten der deutschen Wehrmacht verübt. Sie liegen an der D 997, ca. 12 bis 15 km westlich von Bar-le-Duc (über die D 935, D 146, D 3).

Massaker am 29. August 1944
Am Morgen des 29. August 1944 rückten kleine Gruppen deutscher Soldaten in die friedlichen Dörfer des Saulx-Tals ein. Sie plünderten Häuser und setzten sie in Brand. Die Männer wurden zusammengerufen und in zwei Dörfern erschossen, in drei anderen Dörfer wurden einzelne Personen erschossen oder kamen in den Flammen um. 87 Menschen wurden erschossen oder starben an den Verletzungen. Zahllose Kinder verloren ihre Väter, Frauen ihre Ehemänner. Zwei Tage später kamen die ersten US-Soldaten in die Dörfer mit teils noch rauchenden Trümmern.

Verantwortlich: Wehrmacht, 3. Panzergrenadier-Division
Die Offiziere und Soldaten gehörten entgegen vielen Berichten nicht zu einer SS-Division, sondern zur Wehrmacht (9. Kompanie der 3. Panzergrenadierdivison). Sie hatten zuvor in Italien (Umgebung von Florenz) gekämpft, gegen Partisanen und die Alliierten. In Lothringen sollten sie den Vormarsch der US-Truppen aufhalten, die schon in den Nachbardepartements Marne und Haute-Marne waren. Am 27. August waren Voraustrupps aus Bar-le-Duc in die Dörfer gekommen und hatten Quartier gemacht. Die Einwohner/innen hatten keine Vorahnung.

Am 29. August morgens rückten weitere deutsche Soldaten in die Dörfer ein. Am schlimmsten traf es Couvonges und Robert-Espagne. Die Männer mussten sich am Dorf- bzw. Bahnhofsplatz einfinden und wurden nachmittags erschossen (24 bzw. 49). Die Häuser wurden geplündert, die Dörfer in Brand gesetzt und zum großen Teil zerstört. In Beurey begann die Soldaten um die Mittagszeit,, das Dorf in Schutt und Asche zu legen. Die meisten Einwohner/innen aber konnten aus dem Dorf fliehen, sie waren von zwei Soldaten – es waren zwangsrekrutierte Elsässer (vgl. Artikel Malgré-Nous) – gewarnt worden; sieben Menschen wurden in ihrem Versteck aufgespürt und erschossen. In Mognéville mussten sich die Männer an der Hauptstraße aufstellen. Dort gelang es einem Einwohner nach stundenlangen Gesprächen, dass der deutsche Leutnant von der Erschießung absah, allerdings elf Geiseln nahm. In Trémont stellten Soldaten zwei Jugendliche, die Nachbarn von der Schießerei im Tal informieren sollten. Das gehbehinderte Mädchen konnte nicht entkommen und erlag wenige Tage später ihren Schussverletzungen.

Die schreckliche Bilanz des Blutbads: 88 Menschen getötet, mindestens 329 Häuser (von 460) in drei Dörfern zerstört; in Robert-Espagne 51 Tote, 200 von 300 Häuser zerstört; in Beurey 7 Tote, 75 von 100 Häusern zerstört; in Couvonges 26 Tote, 54 von 60 Häusern zerstört; in Mognéville 3 Tote; in Trémont ein Mädchen erschossen (vgl. Harbulot, aaO, S. 59).

Auslöser des Blutbades?
Es gibt verschiedene Mutmaßungen über Auslöser des Massakers: Maquis-Aktivitäten in der Nähe oder im Departement Marne; Schüsse auf den Konvoi und den Kommandanten der 9. Kompanie – vor Robert-Espagne oder in Mognéville. Den deutschen Soldaten wurde offenbar erzählt, dass ihr Chef und einige Soldaten von „Terroristen“ umgebracht worden seien – was nicht stimmte. Danach sei beschlossen worden: „Zivilisten zusammenrufen, die Häuser anzünden, die Männer erschießen“ (vgl. Harbulot, aaO, S.89f.; ‚Libération sanglante’, aaO, S. 8 bis; Lieb, aaO, S. 574). Eine Erklärung oder gar „Rechtfertigung“ für die Morde ist das nicht.

Bestrafung der Täter
Gleich nach der Befreiung wurde die Suche nach den Schuldigen aufgenommen, 1950 wurde gegen acht deutsche Offiziere und Soldaten Anklage erhoben – alle waren längst nicht mehr in Frankreich. Das Militärgericht in Metz verurteilte sie in Abwesenheit – vier zum Tode, vier zu lebenslänglicher Haft. In Deutschland wurden sie, so weit bekannt, nie behelligt.

Gedenken
Die Bewohner/innen der zerstörten Gemeinden waren sich einig: wieder aufbauen – aber nie vergessen. Bereits 1944 wurden vorläufige Gedenkorte errichtet. Der Vorschlag von de Gaulle für eine gemeinsame Gedenkstätte wurde nicht aufgegriffen; der 1946 gelegte Grundstein liegt oberhalb der Straße Beurey ↔ Robert-Espagne in einem Feld. Die Gemeinden haben in der Folgezeit in unterschiedlicher Form des Massakers und der Zerstörungen gedacht (s. Artikel zu den einzelnen Dörfern)

Literatur/Medien
Libération sanglante 29 août 1944: Journée tragique pour quatre villages meusiens: Robert-Espagne, Beurey, Couvonges, Mognéville, 5. Aufl. 2009 (1. Aufl. 1945)
Briclot, Abbé/Villiers, Jean: L'aube sanglante de la Libération. 20 août 1944. Le martyre de trois villages meusiens. Robert-Espagne, Beurey, Couvonges, Bar-le-Duc 1945
Harbulot, Jean-Pierre: Les massacres du 29 août 1944 dans la vallée de la Saulx, in: Lanher, Jean/Cazin, Noëlle/Université de Nancy/Conseil Général de la Meuse: La Vallée de la Saulx, Bar-le-Duc 1999, S. 43ff.
Lieb, Peter: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1944/1944, München 2007, S. 464 u. 574
http://fr.wikipedia.org/wiki/Massacre_de_la_vall%C3%A9e_de_la_Saulx
http://martyrsdelasaulx.blogspot.de/
http://www.servicehistorique.defense.gouv.fr/spip.php?article82&var_recherche=Saulx
http://www.tourisme-barleduc.fr/index.php?page=018&style=1