Region Rhône-Alpes, Departement Haute-Savoie
Der Ort
Saint-Gingolph ist eine Doppelgemeinde am südöstlichen Genfer See, getrennt durch den Sturzbach Morge, der die französisch-schweizerische Grenze bildet. Der hier beschriebene französische Ort in der Landschaft Chablais hat knapp 800 Einwohner/innen; die Schweizer Gemeinde liegt im Kanton Valais (Wallis) und hat 950 Einwohner/innen. Mit dem Auto von Annecy 102 km (D 1203 →La Roche-sur-Foron/Étaux, dort D 903 →Thonon-les-Bains, dort D 1005 →Évian, St. Gingolph); von Évian-les-Bains 17 km (D 1005).
Die Ereignisse
Im ab 1943 deutsch besetzten französischen Saint-Gingolph waren deutsche Grenzsoldaten stationiert. Am 14. Juli 1944 feierten die Einwohner/innen den Nationalfeiertag mit einem Umzug. FTP-Résistants von Thonon-les-Bains, die oberhalb von Saint-Gingolph ein Lager hatten, planten am 22. Juli 1944 einen Überraschungsangriff auf die deutsche Garnison im Hotel Beau-Rivage. Doch ein Schuss bei einem zufälligen Treffen auf zwei dt. Soldaten löste den Alarm und eine kurze Schießerei aus. Dabei wurden zwei Franzosen und sieben deutsche Soldaten getötet, drei von ihnen flüchteten in die Schweiz. Der Schweizer Bürgermeister, André Chaperon, akzeptierte die Bitte von André Zenoni (örtl. FTP-Führer), dass Frauen und Kinder sich in die Schweiz flüchten könnten, was die meisten auch taten, während die Männer sich in die Berge bei Novel verzogen. Bei einem Gespräch erklärte der deutsche Hauptmann Hartmann, den Befehl bekommen zu haben, das Dorf dem Erdboden gleichzumachen.
Am nächsten Vormittag näherte sich von Annemasse eine SS-Kolonne mit Flammenwerfern. Sie begannen die - leeren - Häuser zu durchsuchen, zu plündern, sie raubten das Vieh, Hausrat, Wertgegenstände und „sogar Fahrradpumpen“. Sie nahmen sechs Einwohner/innen fest, die den Ort nicht hatten verlassen können oder wollen, darunter Pfarrer Rossillon, reihten sie auf und erschossen sie. Dann begannen sie, die Häuser oberhalb der Straße anzuzünden. Als das Feuer sich ausbreitete und den Schweizer Häusern näherte, verlangte der Schweizer Armeeoffizier Schwartz von den Deutschen in gebieterischem Ton ein Ende; die Kirche gehöre auch der Schweizer Gemeinde – ansonsten werde man sie mit den Waffen verteidigen. Schweizer Feuerwehrleute besprühten französischen Boden an der Grenze mit Wasser. Hauptmann Hartmann kam über die Grenze und tat es ihnen – ebenso wie seine Männer - gleich.
Die SS-Leute verschwanden mit ihrer Beute und ließen hinter sich: sechs Tote und 80 zerstörte Häuser. 313 Einwohner/innen wurden von der Schweiz aufgenommen und so vor Deportation oder Tod bewahrt.