Bezirk Klaipėda
Der Ort
Klaipėda, das früher zu Ostpreußen gehörende Memel, liegt an der Mündung der Kurischen Nehrung in die Ostsee. Klaipėda ist der bedeutendste Seehafen Litauens und ist mit allen Verkehrsmitteln gut erreichbar (mit dem Pkw von Vilnius oder Kaunas aus auf der A1).
Zur Zeit der deutschen Besatzung (1941–1944) gehörte Klaipėda/Memel mit dem Umland („Memelland“) nach der im März 1939 erpressten Rückgabe vorübergehend wieder zu Deutschland (Klaipėda-Gebiet).
Die Ereignisse
In Klaipėda/Memel war über Jahrhunderte eine kleine, vor allem in den Jahren der Zugehörigkeit zum unabhängigen Litauen (1923–1939) gewachsene, kulturell und wirtschaftlich bedeutende jüdische Gemeinde entstanden. Die Mehrheit der Einwohnerschaft der Stadt war deutsch.
In den 1930er Jahren eskalierte die nationalsozialistische Propaganda mit dem Ziel, das „Memelland“, das der Versailler Vertrag (1919) von Deutschland abgetrennt hatte, wieder „zurückzuholen“. Im Jahr 1938 entwickelten sich antisemitische Aktionen zu Gewaltakten. Damals lebten ungefähr 6.000 Juden (12% der Einwohnerschaft) in der Stadt. Als sich Anfang 1939 der Druck Deutschlands auf Litauen massiv verstärkte, setzte eine Fluchtbewegung der jüdischen Bewohner ein, in deren Verlauf etwa die Hälfte der jüdischen Gemeinschaft die Stadt verließ. Nach dem im März 1939 durchgesetzten Anschluss Klaipėda/Memels an Deutschland floh die andere Hälfte der jüdischen Bevölkerung und suchte im litauischen Grenzgebiet und in Kaunas Zuflucht. Wenige Wochen später soll es keine Juden mehr in Klaipėda/Memel gegeben haben. Die Synagoge wurde im Mai 1939 von ortsansässigen Nazis niedergebrannt. (Geschichte Litauens)
Nach dem deutschen Einmarsch in Litauen im Juni 1941 wurde am 24. Juni in Gargždai das erste große Massaker auf litauischem Staatsgebiet verübt, dem 200 Personen – Kommunisten, in der Mehrzahl jedoch jüdische Männer – zum Opfer fielen, unter ihnen zahlreiche jüdische Flüchtlinge aus Klaipėda/Memel. Täter waren Angehörigen der Gestapo Tilsit und der Grenzpolizei aus Klaipėda/Memel.
Reinhold von Saucken, deutscher Generalkonsul in Memel, sagte als Angeklagter vor der Hauptspruchkammer 1949 in München aus: „Ich darf aber auch ... darauf verweisen, dass alle die deutschen Menschen, die jetzt bei der Entnazifizierung richten wollen, die Judenverfolgung vom 9. November 1938 nicht ungeschehen machen konnten, während mein Einfluss im Memellande in der gleichen Zeit und gegenüber dem gleichen Nationalsozialismus diesen Juden Schutz und Sicherheit geboten hat: Keinem Juden wurde auch nur ein Haar gekrümmt, selbst dann nicht, als das Vorbild im deutschen Nachbarlande einen Anreiz zur Nachahmung bot. Sie sind vielmehr alle in Ruhe und Frieden ihren Geschäften nachgegangen und haben erst einige Tage vor der Rückgliederung das Memelgebiet verlassen. ... Alle meine deutschen Landsleute innerhalb des alten Reichsgebietes ... haben den Juden nicht helfen können. Demgegenüber steht die Tatsache, dass im Memellande, soweit und solange mein Einfluss dort etwas galt, die Juden geschützt wurden sogar weit über den kritischen Zeitpunkt vom November 1938 hinaus. Es ist daher eine eigenartige Lage, dass ich mich unter solchen Umständen überhaupt noch zu verantworten habe“ (o.A. GenWiki).
Während der litauischen Sowjetrepublik nach 1945 wurde der jüdische Friedhof Klaipėdas zerstört, auf seinem Gelände wurde eine Radiostation errichtet, die nach 1990 abgebrochen wurde. Das Zentrum der in den 1990er Jahren wieder entstandenen jüdischen Gemeinde befindet sich auf diesem Gelände.