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Saarbrücken - Neue Bremm (D)

Der Ort

Hauptstadt des Saarlandes, 177000 Einwohner/innen. Bahn und Autobahn ↔ Frankfurt/M., Metz, Nancy, Paris. Das ehemalige Gestapolager und die Gedenkstätte Neue Bremm liegen an der Metzer Straße/Alstinger Weg (B 41  →Forbach, Metz), kurz vor der Grenze.

 

Die Ereignisse

Im Sommer 1943 errichtete die Gestapo Saarbrücken auf der Neuen Bremm ein Lager (in der verharmlosenden NS-Sprache „Erweitertes Polizeigefängnis“). Mit der Ergänzung der Haftstätten wurde ein weiterer 'Unterbau für das KZ-System' geschaffen. Bis November 1944 waren insgesamt 20000 Männer und Frauen in dem Lager, durchschnittlich war es mit 600 bis 800 Gefangenen belegt, die drei bis über 50 Tage ausharren mussten. Es hatte viele Funktionen: Disziplinierung, Strafe, 'Geisel- oder Sühnehaftlager', Durchgangslager u.a. zu den KZ Natzweiler-Struthof und Ravensbrück sowie Hinrichtungsort. Eine der Quälereien war das stundenlange 'Froschhüpfen' im Entengang mit verschränkten Armen hinter dem Kopf um den Löschteich (*) Bericht unten und Foto, auf dem ein ehemaliger Gefangener dies nachstellt).

*) Marcelle Itzkowitz, Juni 1944, über die als Sport ausgegebene Schinderei 'Froschhüpfen'

            „ … Eine weitere Szene versetzte mich in Schrecken: Auf den Pfiff eines deutschen Wächters öffnete sich die Tür einer Baracke im hinteren Teil des Platzes. Ein Haufen Männer, in jämmerliche Fetzen gekleidet, kam herausgerannt, lief im Froschgang um das Becken herum und kehrte auf einen weiteren Pfiff hin wieder in das Gefängnis zurück, immer noch rennend. … Einer von ihnen...hatte uns mitgeteilt, dass ein Franzose einige Tage zuvor bei der gleichen Übung vor Erschöpfung gestorben war. Das war das Leben, das sich in der kurzen Zeit, die ich im Lager Neue Bremm war, dort täglich abspielte…“

            (Bernard/Renger, Neue Bremm …, S. 76)   

 Mindestens 82 Häftlinge starben, ermordet, nach Misshandlungen oder durch Unterernährung, die Zahl der Toten ist wahrscheinlich wesentlich höher.  

Lager Neue Bremm (hist. Foto) ehem. „Löschteich“ ehem. Gefangener vor Löschteich

Die größte Anzahl stellten sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter/innen, die in den Bergwerken und Hütten an der Saar und im Moselgebiet arbeiten mussten. Zunehmend wurden mehr  Franzosen/innen eingeliefert, 1944 kamen zeitweise jede Woche drei Transporte aus Frankreich an: Widerstandskämpfer/innen, NN-Gefangene, Lothringer/innen aus dem annektierten Moselgebiet, die die Annexion ablehnten und bekämpften, Wehrdienst- und STO-Verweigerer und ihre Familienangehörigen**) (vgl. z.B. Porcellette).

 

**) Nikolaus Schmitt war als frz. Geisel auf der Neuen Bremm

Sein Sohn aus dem lothringischen Dalem setzte sich im September 1944 von der Wehrmachtseinheit, in die er zwangsweise eingezogen worden war (vgl. 'Malgré-Nous') ab und versteckte sich zu Hause auf dem Speicher. Bei einem Fluchtversuch wurde er von Soldaten ergriffen. Der Vater wurde ebenfalls verhaftet und der Gestapo in Metz übergeben, die die Einweisung in die Neue Bremm verfügte. Von dort wurde er mit einem der letzten Transporte in das KZ Dachau deportiert, wo 50 bis 60 der 286 Häftlinge kurz nach der Ankunft starben. Nikolaus Schmitt überlebte.

            (E. Thalhofer, Entgrenzung der Gewalt, …, S. 253ff.)

Das Lager und die Misshandlungen waren quasi öffentlich, es lag an der belebten Ausfallstraße nach Metz. Trotz oder wegen der kurzen Haftdauer kam es in rascher Folge zu „exzessiver Verfolgung, Entmenschlichung sowie Gewalt mit den Methoden des Vernichtungskrieges“ (E. Thalhofer); deshalb wurde es auch oft als KZ bezeichnet. „Es war wirklich ein kleines Lager, aber noch schlimmer als Mauthausen und seine Arbeitskommandos, wo ich bald darauf  landen sollte“, so der ehem. Gefangene René Mottet.
Ende November 1944 wurde das Lager aufgelöst, die verbliebenen Häftlinge wurden in Fußmärschen aus dem Lager geführt oder per Bahn in die KZ transportiert. Die Baracken wurden bald danach abgerissen. 

Innenmauer der Namen Lebensdaten Nikolaus Schmitt Lebensdaten Polina Bortkova

Gedenken

In zwei Verfahren gegen 37 bzw. elf Personen (Leitung, Wachleute und Hilfspersonal) verurteilte das Oberste Gericht der frz. Besatzungszone in Rastatt 1946 und 1947 fünfzehn zum Tode (u.a. die Lagerkommandanten Schmoll und Schmieden, Wachleute und – wegen todbringendem Entzug und Unterschlagung von Lebensmitteln – zwei Köche) und die anderen zu langen Haftstrafen (vgl. Bernard u.a., S. 131ff., Thalhofer 2010, S. 311ff.). 

Obelisk Gedenkstätte, Außenmauer Gedenksteine

Die 'Neue Bremm' war ein wichtiger Gedenkort für die frz. Mandatsmacht, jährlich fanden Gedenkveranstaltungen statt, am 11. November 1947 wurde das vom Häftlingskomitee errichtete Mahnmal - Obelisk und Gedenkstein - eingeweiht; zwei Gedenksteine – in deutsch und französisch - liegen jetzt vor dem „Löschteich“, die französische Inschrift lautet: „In diesem Lager wurden auf Befehl von jenseits des Rheins die Verteidiger der Menschenwürde und Freiheit in den Tod getrieben. Sie wurden Opfer der Nazi-Barbarei.“ In den 1950er Jahren geriet das Lager in Vergessenheit, ein  Hotel wurde auf dem Gelände des ehemaligen Frauenlagers errichtet. Nach 20jährigem Wirken privater Initiativen wurde 2004 die Gedenkstätte eingeweiht.

Auf der Außenmauer des 'Hotels der Erinnerung' weist ein Schriftband mit den vieldeutigen Begriffen Hotel, Hostal, Hostile, Hostage, Host (Gasthaus, feindlich, Geisel, feindselig, Gastgeber) auf die wechselvolle Geschichte hin. Auf der Innenseite werden die Geschichte des Lagers sowie Lebens- und Leidensweg einiger Gefangener dargestellt (deutsch und französisch). Der  für Folter und Quälereien benutzte Löschteich ist erhalten geblieben. Die Gedenkstätte ist jederzeit zugänglich.

Anschrift: Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm, Metzer Straße /Alstinger Weg, D-66117 Saarbrücken; email: [email protected]; Internet: http://www.gestapo-lager-neue-bremm.de
http://www.saarbruecken.de/de/kultur/stadtgeschichte/gedenkstaette_gestapo_lager_neue_bremm

Grabsteine sowjetischer Opfer, Hauptfriedhof Grabstein Kyrill Krawzow, sowj. Häftling

Auf dem Saarbrücker Hauptfriedhof sind in dem Gräberfeld 35-37 'Alliiertengräber' umgekommene sowjetische Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter/innen bestattet, darunter Opfer der Neuen Bremm wie der am 21.1.1944 erschossene Kyrill Krawzow (Dr. Vogeler-Straße 21, nahe Gedenkstätte).


Literatur/Medien

Bernard, Raja/Renger, Dietmar: Neue Bremm. Ein KZ in Saarbrücken, Frankfurt am Main 1984
ONAC, Moselle: Les lieux de détention en Moselle annexée et dans le Gau Westmark 1940 – 1945, Metz 2007
Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-1945 (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945, Band 4: Saarland, Köln 1990, S. 25f.
Thalhofer, Elisabeth: Neue Bremm – Terrorstätte der Gestapo. Ein Erweitertes Polizeigefängnis und seine Täter 1943-1944, St. Ingbert 2004
Thalhofer, Elisabeth: Entgrenzung der Gewalt. Gestapo-Lager in der Endphase des Dritten Reiches, Paderborn 2010
http://de.wikipedia.org/wiki/Neue_Bremm
http://www.memorialmuseums.org/denkmaeler/view/237/Gedenkst%C3%A4tte-Gestapo-Lager-Neue-Bremm
http://www.fmd.asso.fr/updir/37/mv_61_1.pdf (nach Neue Bremm deportierte Französinnen)