Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur, Departement Bouches-du-Rhône
Der Ort
Dorf von 350 Einwohner*innen (2016), westlicher Stadtteil von Arles (14 km). Das ehemalige Lager für 'Nomades'/Sinti und Roma befindet sich südlich an der D 37 Saliers ↔Albaron).
Die Ereignisse
Internierungslager für gitans/nomades (Sinti und Roma)
In dem 'Camp de gitans de Saliers' waren von 1942 bis 1944 etwa 700 Sinti und Roma interniert.
Das französische Dekret vom 6. April 1940 untersagte das Umherziehen für die Dauer des Krieges; in jedem Departement sollten sie an einem Ort zusammengefasst („konzentriert“) werden. Zunächst wurden Lager nur in der besetzten Zone, wo die Wehrmacht die Internierung angeordnet hatte, eröffnet (vgl. im einzelnen Sachstichwort Sinti und Roma), in der nicht besetzten Zone „nur“ in Saliers und Lannemezan (Pyrenäen, Region Occitanie).
Als Reaktion auf ausländische Berichte über schlechte Behandlung von Internierten beschloss die Vichy-Regierung, ein Muster-Lager aus schilfgedeckten Hütten im Carmargue-Stil zu bauen. Die Wahl fiel auf Saliers: Arles, die Camargue und Saintes-Marie-de-la-Mer – angebliche Wiegen der gitans – waren nicht weit. Der beauftragte Architekt schrieb in seinem Abschlussbericht vom 8. Oktober 1942: „Das Lager Saliers soll vor allem ein Argument der Regierungspropaganda sein: einem Konzentrationslager das Aussehen eines Dorfes geben, in dem den Internierten ein Familienleben möglich ist und Tradition und Glaubensbekenntnis geachtet werden“ (zitiert in Bertrand/Grandjonc a.a.O., S. 327).
Als im Herbst die ersten 300 ‚nomades‘ aus dem Lager Rivesaltes kamen und das Lager zu Ende bauten, stellten sich enorme Mängel heraus: kein fließendes Wasser, kein Strom - aber Ungeziefer und Moskitos; in den Hütten ohne Fenster und Türen war es im Winter eiskalt wegen des Mistral und im Sommer heiß. Familien litten unter Hunger, Krankheiten, Mangel an Kleidung.
Besonders betroffen waren die Kinder. Fast die Hälfte der Internierten waren Kinder; unter den 300 aus dem Lager Rivesaltes waren 178 Kinder. Insbesondere die Hygienebedingungen und Schulmöglichkeiten waren sehr prekär. Manche Männer konnten Körbe und andere Gegenstände flechten; aber viele mussten Zwangsarbeit leisten, sie wurden an die umliegenden Bauern verliehen und mussten z.B. bei der Reisernte helfen.
Die ‚gitans‘ oder ‚nomades‘ waren zwischen einigen Wochen und zwei Jahren interniert. Etwa 200 wurden freigelassen und 92, meist aus „disziplinarischen Gründen“ in andere Lager gebracht, z.B. Brens, Gurs, Noé oder Montreuil-Bellay. Im Sommer 1944 leerte es sich, besonders nach zwei großen Fluchtaktionen Mitte August 1944. Am 15 Oktober 1944 wurde das Lager offiziell geschlossen.