Im Frühjahr/Frühsommer 1943 drang die SS-Sicherheitspolizei darauf, wegen der zunehmenden Aktivität der sowjetischen Partisanen und der immer wieder gelingenden Flucht jüdischer Zwangsarbeiter die außerhalb von Vilnius liegenden Arbeitslager aufzulösen. Am 9. Juli 1943, einen Tag nach der Liquidierung des Torflagers in Kalveliai, erschienen Angehörige der SS-Sicherheitspolizei und Brunon Kittel vom „Judenreferat“ der Gestapo in Vilnius im Lager bei Bezdonys. Kittel versammelte die Lagerinsassen in einer Baracke, während SS und litauische Hilfstruppen das Lager umstellten. Einer Gruppe von zehn Männern wurde befohlen, in der Nähe des Lagers eine Grube auszuheben. Die anderen mussten sich in zwei Reihen aufstellen und ihre Wertgegenstände abgeben, bevor sie wieder in eine Baracke getrieben wurden. Anschließend sollten sie in Zehnergruppen zu der ausgehobenen Grube gehen. Als die Gefangenen dieser Aufforderung nicht folgten, wurde die Baracke mit Granaten zerstört und 350 Lagerinsassen – Männer, Frauen und Kinder – getötet. Die Mordaktion dauerte eine Stunde. Anschließend mussten örtliche Bauern die Toten begraben. Die Nachricht von dem Massaker erreicht tags darauf das Ghetto in Vilnius, ebenso das Torflager Riešė. Dort löste die Nachricht eine Massenflucht nach Vilnius aus, wo am 13. Juli zahlreiche Gruppen von Zwangsarbeitern im Ghetto eintrafen.
Gedenken
Auf der Straße 5227 von Nemenčinė aus erreicht man den kleinen Ort Arvydai, den man passiert und nach ca. 500m in einer Rechtskurve nach links auf einen Schotterweg abbiegt. Man folgt ca. 2km dem Weg bis zu einer Weggabelung, von der aus man geradeaus auf einem kleinen unbefestigten Weg in den Wald hinein fährt. Nach ca. 1km gelangt man linker Hand zu einem schwarzen Markstein mit dem Hinweis: 70m. Man erreicht zwei Gedenkstätten für die umgekommenen sowjetischen Kriegsgefangene (ein größeres Monument auf der linken und ein kleineres auf der rechten Seite des Wegs). Nach weiteren ca. 20 Metern führt ein Fußpfad aufwärts in den Wald, dort erreicht man den Gedenkort für die ermordeten jüdischen Zwangsarbeiter und deren Familien. Die Inschrift auf dem Gedenkstein lautet in Jiddisch und Litauisch: „Hier haben Hitlers Schergen und ihre Helfer im September 1943 300 Juden – Männer, Frauen und Kinder – ermordet. Wir werden immer der unschuldigen Opfer gedenken.“ (Abweichend von dem in der Inschrift genannten Datum des Massakers nennen neuere Forschungen auf der Grundlage von aufgefundenen Dokumenten den 9. Juli 1943 als Tag des Verbrechens.)
GPS 54.78908639 25.57236000 / 54°47.3452'N 25°34.3416'E
Literatur / Medien
Dieckmann 2011, Bd. 2, S.1269, 1357; Guzenberg Irina: The 1942 General Population Census in Lithuania: Labor Camps of the Vilnius Ghetto, in: The Jewish Museum. Vilnius Ghetto: Lists of Prisoners, zusammengestellt von Guzenberg, Irina / Kalasauskiene, Leonora Ona, Bd. 2, The Jewish State Museum of Lithuania 1998, S. 52-53; Holocaust Atlas 2011, S. 300
http://www.holocaustatlas.lt/EN/#a_atlas/search//page//item/160//