Das IV. Fort wurde 1884–1988 erbaut und gehört zu der Reihe von Befestigungen, die während der Zugehörigkeit Litauens zum zaristischen Russland im 19. Jahrhundert rund um Kaunas entstanden sind.
Die Ereignisse
Die erste Tötungsaktion im IV. Fort fand am 2. August 1941 statt. An diesem Tag wurden hier über 200 jüdische Männer und Frauen sowie Kommunisten ermordet. Sie waren von litauischen Hilfstruppen unter litauischer Leitung aus dem Gefängnis in der A. Mickevičiaus-Straße geholt worden. Im Fort warteten bereits etwa zehn deutsche Offiziere und Soldaten (vermutlich Angehörige des SS-Einsatzkommandos 3). Die Opfer mussten sich entkleiden und wurden in Gruppen zu den vorbereiteten Gruben getrieben. Einige dutzend der Hilfstruppen und die deutschen Soldaten erschossen sie in einer zwei Stunden andauernden Mordaktion.
Am 9. August 1941 töteten bei einem weiteren Massaker wiederum litauische Hilfstruppen über 500 Juden. Sowjetische Kriegsgefangene hatten den Befehl erhalten, mehrere große Gruben auszuheben, an denen zuerst die Frauen, dann die Männer erschossen wurden, die sich wiederum vorher bis auf die Unterwäsche hatten entkleiden müssen. Der Jäger-Bericht vermeldet für diesen Tag: „484 Juden, 50 Jüdinnen“ (Jäger-Bericht, Blatt 2).
Im gleichen Monat erhielt der jüdische Ältestenrat den Befehl des Ghetto-Kommandanten, SA-Hauptsturmführer Fritz Jordan, jüdische Männer mit Bildung für die Arbeit im Stadtarchiv von Kaunas auszuwählen. Am 18. August sammelten sich am Ghetto-Tor über 700 Männer, die unmittelbar in das IV. Fort gebracht und dort erschossen wurden. Für diesen Tag listet der Jäger-Bericht die Ermordung von insgesamt 1.812 Männer und Frauen im IV. Fort auf: „698 Juden, 402 Jüdinnen, 1 Polin, 711 Intell.-Juden aus dem Ghetto als Repressalie für eine Sabotage-Handlung“ (Jäger-Bericht, Blatt 2). Ein Augenzeuge berichtet, einer der Todgeweihten habe sich entfernen können, sei dann wieder ergriffen und von Passanten erschossen worden. Bei dieser „Intelligenz-Aktion“ wurden gezielt Repräsentanten des jüdischen Kulturlebens des Ghettos ermordet, unter ihnen Schriftsteller, Journalisten, Musiker, Maler, Ärzte, Anwälte und Lehrer. „Die Deutschen wollten die gebildetsten und aktivsten Menschen vernichten ..., um zu verhindern, dass sich im Ghetto eine Widerstandsbewegung herausbildet“ (Jelin 1994).
Am 26. September 1941 wurden laut Jäger-Bericht 1.608 kranke Ghetto-Bewohner im IV. Fort ermordet: „412 Juden, 615 Jüdinnen und 581 J.-Kind. (Kranke und Seuchenverdächtige“ (Jäger-Bericht, Blatt 4).
Gedenken
Das IV. Fort ist heute eine Ruine, sie befindet sich im Stadtteil Panemuné. Man erreicht den Ort auf der Plytinės-Straße (Nr. 15). Auf dem höchsten Punkt des Hügels, unmittelbar bei einem Hinweisschild „Kauno valstybinis teriologinis draustinis“, befindet sich das Denkmal links hinter Büschen verborgen. (GPS 54.85160639 23.95458639 / 54°51.0964'N 23°57.2752'E).
Es trägt die Inschrift in Litauisch und Jiddisch: „Hier im IV. Fort haben die Nazis und ihre örtlichen Kollaborateure 1941 ungefähr 4.000 Juden ermordet, am 18. August alleine mehr als 500 gebildete Menschen aus dem Ghetto von Kaunas.“
Literatur / Medien
Bubnys, Arūnas in: http://www.holocaustatlas; Faitelson, Alex: Im jüdischen Widerstand, Zürich 1998, S. 45f.; Gräfe 2010: Vom Donnerkreuz zum Hakenkreuz, S. 187; Holocaust Atlas 2011, S. 38/39; Jelin, Meir: Die Todesforts bei Kaunas, in: Grossman, Wassili / Ehrenburg, Ilja: Das Schwarzbuch. Der Genozid an den sowjetischen Juden, Frankfurt/M. u.a. 1994, S. 582-604 (Zitat S. 585); Wette 2011: Karl Jäger (Jäger-Bericht im Anhang o.S., Bl. 2 und 4)
http://www.historicalsites.se/bild_fourthfort2.html
https://en.wikipedia.org/wiki/Kaunas_Fortress