Die „Zitadelle der Erinnerung“ - zusammenfassender Begriff für die Orte der Erinnerung Tempio nazionale dell'internato ignoto, Museo dell’Internamento und Giardino dei Giusti del Mondo - befindet sich im Osten Paduas und ist vom Bahnhof mit dem Bus der Linie 6 erreichbar.
Das Geschehen
Ungefähr eine Million Angehörige der italienischen Armee wurden nach dem Kriegsaustritt Italiens am 8. September 1943 und der anschließenden Besetzung des Landes von der deutschen Wehrmacht innerhalb weniger Wochen überfallartig und häufig mit brutalen Methoden entwaffnet. Nach einem Befehl Hitlers vom 20. September 1943 galten diese Soldaten nicht als Kriegsgefangene im Sinne der Genfer Konvention von 1929, sondern erhielten den Sonderstatus von so genannten „Italienischen Militärinternierten“ (IMI).
Wer sich von ihnen nicht der deutschen Wehrmacht anschloss und nicht untertauchen konnte, wurde nach Deutschland deportiert und zur Zwangsarbeit für die Kriegswirtschaft eingesetzt. Dieses Schicksal erlitten ungefähr 600.000 am Tag der Besetzung Italiens vor allem in Norditalien und auf dem Balkan (Jugoslawien, Kroatien, Albanien und Griechenland) stationierte Soldaten, die als „Militärinternierte“ dem Schutz des Völkerrechts, damit auch der Betreuung durch das Rote Kreuz entzogen und erbarmungsloser Ausbeutung unterworfen wurden. Sie wurden innerhalb weniger Wochen nach Deutschland und in Lager im besetzten Polen deportiert. Nach Schätzungen fielen ca. 45.000 von ihnen den Folgen der unmenschlichen Arbeits- und Lebensbedingungen in Lagern und Betrieben zum Opfer. In Padua wurde im Jahr 1955 die nationale Gedenkstätte für die Internierten errichtet.
Gedenken
Tempio nazionale dell'internato ignoto
Die zentrale Gedenkstätte der Internierten Italiens geht auf die Initiative von Don Giovanni Fortin (1909–1985) zurück. Als Priester der Gemeinde Terranegra di Padova hatte er den Bau einer neuen Kirche vorangetrieben, für die 1941 der Grundstein gelegt wurde. Nach dem Kriegsaustritt Italiens am 8. September 1943 unterstützte Don Fortin Flüchtlinge und wurde, weil er 12 geflohene englische Kriegsgefangene versteckt hielt, im Dezember 1943 verhaftet. Nach Verhören in Venedig sollte er dort hingerichtet werden, wurde aber stattdessen im Februar 1944 über Verona in das Konzentrationslager Dachau deportiert.
Nach seiner Befreiung ließ er die 1947 fertiggestellte Kirche zum „Tempel des unbekannten Internierten“ umbauen. Er wollte für diejenigen einen angemessenen Ort des Gedenkens und der Erinnerung schaffen, die während ihrer Gefangenschaft in den Konzentrationslagern auf tragische Weise ums Leben kamen. Der Tempio nazionale dell'internato ignoto wurde 1955 geweiht.
Zur Kirche führt die Viale dell’Internato Ignoto (Allee des unbekannten Internierten), an der Gedenksteine mit den Namen von Inhaftierten stehen, die in deutschen Konzentrationslagern vor und während des Zweiten Weltkriegs umgekommen sind, unter ihnen auch Maximilian Kolbe und Edith Stein.
Museo dell’Internamento
Direkt neben der Kirche befindet sich das 1955 errichtete Internierungsmuseum. Es wurde 1999 in Zusammenarbeit mit der A.N.E.I. (Associazione Nazionale Ex Internati) restauriert und wird seit 2007 auch von der A.N.E.I. geleitet.
Das Museum besteht aus drei Räumen, von denen der erste mit vielen Schautafeln eine chronologische Darstellung der Entwicklung des italienischen Faschismus von 1922 bis 1945 bietet. Hier ist auch eine Kopie der Verpflichtungserklärung zu sehen, mit der sich die entwaffneten italienischen Soldaten bereit erklären sollten, die Seite zu wechseln und sich als „Freiwillige“ für die deutsche Wehrmacht und SS sowie für ein neues, Mussolini unterstelltes Heer zu melden. Im zweiten Raum zeigen Reproduktionen von Originalfotografien und Schaukästen mit Alltagsgegenständen von Häftlingen die Lebensbedingungen der Lagerinsassen in deutschen Militär- und Konzentrationslagern, darunter vor allem die der italienischen Militärinternierten (I.M.I.) und der jüdischen Gefangenen. In vier Glasbehältern wird Erde aus den Vernichtungslagern Dachau, Mauthausen, Buchenwald und Bergen-Belsen aufbewahrt. Desweiteren steht ein Auditorium für Veranstaltungen zur Verfügung, das auch wechselnden Ausstellungen dient.
Giardino dei Giusti del Mondo
Der „Garten der Gerechten der Welt“ gegenüber dem Tempio nazionale dell'internato ignoto wurde im Oktober 2008 eingeweiht und steht unter dem Patronat des italienischen Staatspräsidenten. Ähnlich wie im „Giardino dei Giusti di tutto il mondo“ in Mailand wird hier das Andenken an Einzelpersonen bewahrt, die von Genoziden des 20. Jahrhunderts bedrohte Menschen retteten, dem Holocaust, dem Völkermord an Armeniern, dem Völkermord in Ruanda, dem bosnischen Völkermord.
Das Zentrum des Giardino dei Giusti del Mondo bildet ein nur nach einer Seite offenes umfasstes Karree mit einem Skulpturenpark. Auf einer der Wände steht der – Hannah Arendt zugeschriebene – Satz: „Si può sempre dire un Si o un No“ (Man kann immer Ja oder Nein sagen). Auf der Wiese um dieses Areal wurden im Jahr 2008 die ersten Gedenkstelen für 10 Gerechte aufgestellt und für jeden von ihnen ein Baum gepflanzt. Seither werden einmal jährlich Weitere aufgenommen, unter ihnen auch bereits von Yad Vashem als „Gerechte unter den Völkern“ geehrte Menschen wie u.a. Raoul Wallenberg, Gino Bartali und Giorgio Perlasca.
(Via Egidio Forcellini / Viale dell’Internato Ignoto, 24, 35128 Padova)
Einrichtungen:
Museo dell’Internamento, Viale dell’Internato Ignoto, 24, 35128 Padova, Tel.: 049 8033041 und 049 688337, E-Mail: [email protected], www.museodellinternamento.it;
Istituto veneto per la storia della Resistenza e dell'età contemporanea, Palazzo del Bo, via VIII febbraio 1848, 2, 35122 Padova, Tel. 049 8273331, E-Mail: [email protected], www.unipd-org.it/ivsrec
Literatur / Medien:
www.museodellinternamento.it; www.padovanet.it/allegati/C_1_Allegati_8911_Allegato.pdf; it.wikipedia.org/wiki/Giardino_dei_Giusti_del_Mondo