Hintergründe
Im Frühjahr 1943 nahmen die Gespräche unter Häftlingen über Flucht und Aufstand zu. Sie hatten von der deutschen Niederlage vor Stalingrad gehört. Die Zahl der ankommenden Transporte verringerte sich – die Männer des Sonderkommandos deuteten das als baldige Auflösung des Vernichtungslagers und ihre Ermordung.

 

Vorbereitungen

Im Frühjahr 1943 hatte ein Kreis von 'Arbeitshäftlingen' mit wichtigen Aufgaben aus allen Lagerbereichen erste Pläne entworfen. Der Versuch, mit Geld  und Hilfe von 'Trawnikis' an Waffen zu kommen, scheiterte; der beauftragte Arzt Dr. Chorążycki kam dabei ums Leben. Es bildeteten sich mehrere kleine Gruppen, die Pläne berieten.

Mit den Berichten vom Warschauer Ghetto-Aufstand (April 1943) wurden die Diskussionen konkreter: „Der jüdische Aufstand wärmte uns, gab unseren Adern neue Kraft ...Wir kamen zu neuer Vitalität, wollten ebenso handeln und uns nicht in den Tod führen lassen“ (Willenberg, S. 130). Geplant wurde eine Massenflucht während des Nachmittags-Appells; die Waffenkammer, die Verwaltungsgebäude und Baracken der Trawniki-Männer sollten gestürmt, die Gaskammern gesprengt werden, Häftlinge stellten Werkzeuge und Waffen (Messer etc.) und einen Nachschlüssel zur Waffenkammer her. Trotz des Kontaktverbots zwischen dem unteren und dem oberen Lagerbereich war eine Abstimmung in Grenzen untereinander möglich. Am vorgesehenen Tag, dem 2. August 1943, waren etwa 800 Häftlinge anwesend, mehrere SS-Männer hatten Urlaub, andere waren an dem heißen Tag zum Baden an den Fluss Bug gegangen.

 

Rauchfahne über dem Lager, während  des Aufstands; vom Bahnhof aus aufgenommen; Quelle: wikipedia, gemeinfreiAufstand:  „Wir wollten uns nicht in den Tod führen lassen

 

Zur festgesetzten Zeit öffneten Aufständische die Waffenkammer, sie konnten eine Anzahl von Gewehren, Pistolen Handgranaten erbeuten. Sie wurden von dem SS-Mann Kurt Küttner überrascht, der den Plan zu entdecken drohte und sofort erschossen wurde. Die Schüsse fielen zu früh. "Wir hatten die Vorstellung, dass die Waffen auf das ganze Lager verteilt werden. Auf das verabredete Signal hätten wir jeden Ukrainer auf den Beobachtungstürmen erschießen und dann die wichtigen Punkte des deutschen Widerstandes auf den Wachtürmen liquidieren können". So aber blieben die Bewacher am Leben "und schossen auf uns wie auf wilde Enten" (so ein Überlebender). Die Schüsse lösten eine hektische Flucht der Häftlinge aus, der sich auch die nicht Eingeweihten anschlossen. Sie mussten die zwei- oder dreifachen Stacheldrahtreihen überwinden und wurden von den Trawniki auf den Wachttürmen beschossen. Trotzdem gelang es den Häftlingen, eine Anzahl Trawniki zu erschießen, zahlreiche Gebäude, auch Wohngebäude, und den Benzintank in Brand zu stecken – die gemauerten Gaskammern blieben aber unbeschädigt.

 

Überlebende

 

Etwa 250 Häftlinge konnten während des Aufstands aus dem Lager entkommen. Das hieß aber nicht Rettung. Denn bei der sofort einsetzenden Jagd der SS mit Unterstützung von Soldaten, Gendarmen, Grenzpolizei und polnischen Polizisten etc. wurden viele erschossen, andere eingefangen und zurückgebracht. Sie wurden ebenso wie die etwa 100 im Lager Gebliebenen von SS und Helfern erschossen. Man geht heute davon aus, dass 60 Gefangene das Kriegsende/die Befreiung erlebt haben. Einige haben sich im „Kreis ehemaliger Treblinkahäftlinge“ getroffen, die Jüdische Historische Kommission unterstützt und teils noch 1944/45, selbst schriftliche Erlebnisberichte geschrieben (s.u. bei Literatur); vgl. R. Auberbach, a.a.O., S. 406.

 

Nach dem Aufstand

Die Führer der 'Aktion Reinhardt' ließen die Schäden reparieren und den Mordbetrieb fortsetzen;  die Gaskammer war nur beschädigt. Zwei Wochen später kamen zwei Transporte aus Białystok (Stadt und Bezirk) mit mehreren tausend jüdischen Männern, Frauen und Kindern. Alle wurden ermordet, aus Personalmangel wurden sie bekleidet in die Gaskammern getrieben.

Dann entschied Globocnik, das Todeslager Treblinka aufzulösen und alle Spuren zu beseitigen, zumal sich die Rote Armee näherte. Ab Anfang September wurde das Lager abgerissen, die letzten Leichen verbrannt, die offenen Gräber zugeschüttet, Materialien abtransportiert, das Gelände eingeebnet. Die Spuren wurden beseitigt, Fichten und Lupinen angepflanzt und ein 'Bauernhof' errichtet. Ende November wurden die letzten jüdischen 30 Arbeitskräfte getötet.

 

Berichte von Überlebenden

Glazar, Richard: Die Falle mit dem grünen Zaun. Überleben in Treblinka, Fischer Taschenbuch, Frankfurt/M. 1992, S. 126ff., 135ff.

Krzepicki, Abraham: Achtzehn Tage in Treblinka, in: Beer/Benz/Distel (Hg.): Nach dem Untergang. Die ersten Zeugnisse der Shoah in Polen 1944-1947, 2. Aufl., Dachau/Berlin, S. 553-616                                                                                

Rajchman, Chil: Ich bin der letzte Jude. Treblinka 1942/43. Aufzeichnungen für die

Nachwelt, München − Zürich 2009 (zuerst Warschau 1944)

Strawczynski, Oskar: Escaping Hell in Treblinka, Yad Vashem 2007 / deutsch von Frank Beer: Zehn Monate in Treblinka, bes. Kapitel 9 „Aufstand und Flucht“ (https://www.ns-archiv.de/verfolgung/vernichtungslager/treblinka/strawczynski-treblinka.php )

Willenberg, Samuel: Treblinka. Lager, Revolte, Flucht, Warschauer Aufstand, Münster 2009, S. 143f.

Wiernik, Jankiel: Ein Jahr in Treblinka, Wien 2014 =  Rok w Treblince, Warschau 1944  = https://einjahrintreblinka.wordpress.com

 

Literatur/Medien

Auerbach, Rachel: Auf den Feldern von Treblinka: in: Beer, Frank/Benz, Wolfgang/Distel, Barbara (Hg.): Nach dem Untergang. Die ersten Zeugnisse der Shoah in Polen 1944-1947, 2. Auflage, Dachau/Berlin 2014, S. 406; Foto auf S. 429

Berger, Sara: Experten der Vernichtung. Das T4-Reinhardt-Netzwerk in den Lagern Belzec, Sobibor und Treblinka, Hamburg 2013, 270ff.

Lehnstaedt, Stephan: Der Kern des Holocaust. Bełżec, Sobibór, Treblinka und die Aktion Reinhardt, München 2017, bes. S. 110ff.
https://de.wikipedia.org/wiki/Aufstand_von_Treblinka