Einführung
Im Norden an die Marken, im Westen an Latium, im Süden an Molise und im Osten an die Adria grenzend, gehört die Region Abruzzen geografisch zu Mittelitalien, historisch betrachtet - durch die lange Zugehörigkeit zum Herrschaftsgebiet Siziliens - zu Süditalien.
Zwei Drittel der Region werden durch den Abruzzischen Apennin geprägt, der im Gebirgsmassiv Gran Sasso d’Italia bis auf eine Höhe von fast 3.000 Meter aufragt. Diese topografischen Bedingungen (zerklüftet, schwer zugänglich und von vielen Flussläufen durchzogen) waren es, die den Vormarsch der 8. britischen Armee entlang der italienischen Ostküste von Oktober 1943 bis Mai 1944 für mehrere Monate an der Gustav-Verteidigungslinie der deutschen Besatzungstruppen aufhielt und die Region zum erbittert umkämpften Kriegsschauplatz machte.
Vorausgegangen war einen Tag nach dem italienischen Kriegsaustritt und der anschließenden Besetzung des Landes durch die deutsche Wehrmacht die Landung der Briten in Tarent (Apulien) am 9. September 1943 - parallel zur Landung der 5. US-Armee im Golf von Salerno (Kampanien), die in Latium am Monte Cassino auf die gleichen Probleme stieß wie die Briten in den Abruzzen.
Am 12. September 1943 befreite zunächst eine deutsche Kommandoeinheit („Unternehmen Eiche") Mussolini, der nach seiner Absetzung durch König und Regierung Badoglio auf der Hochebene Campo Imperatore gefangen gehalten wurde, und besetzte danach zunächst die Hauptstadt L'Aquila und im Anschluss die gesamte Region.
Die Wehrmacht „säuberte“ die Zone um die und insbesondere vor der Gustav-Linie nach dem „Prinzip der verbrannten Erde“ (Verbrecherische Befehle, wirtschaftliche Ausbeutung) und rekrutierte oftmals die einheimische Bevölkerung für die Schanzarbeiten, im Verweigerungsfall auch mit Waffengewalt (Zwangsarbeit). Die Menschen zogen sich immer wieder, meist ohne genaue Kenntnis der militärischen Vorgänge, aber im zutreffenden Gefühl der Bedrohung, in vermeintliche Schutzzonen zurück, die am Ende auch zu Todeszonen für sie wurden wie im November 1943 in Pietransieri-Limmari und im Januar 1944 in Sant'Agata di Gessopalena.
Mancherorts entstanden erste Partisaneneinheiten, gebildet aus versprengten italienischen Soldaten, die sich der Verhaftung und anschließender Deportation (siehe auch: italienische Militärinternierte) entziehen wollten, und Antifaschisten, zu denen auch aus Lagern geflohene britische, kanadische, australische und jugoslawische Kriegsgefangene stießen.
Im Bosco Martese lieferte sich eine dieser Gruppen am 25. September 1943 mit den Besatzungskräften eine Schlacht. Ferruccio Parri, Ministerpräsident der ersten Regierung des befreiten Italien, bezeichnete die Ereignisse im Bosco Martese als „la prima Battaglia in campo aperto della Resistenza Italiana" („in campo aperto" - im freien Gelände - als Unterscheidung zu den Kämpfen an der Porta San Paolo am 10. September 1943 in Rom).
Zu einem Aufstandsversuch ähnlich jenem in Neapel kam es - in der Erwartung auf ein schnelleres Vorrücken der Alliierten - am 5./6. Oktober 1943 in Lanciano.
Im Dezember 1943 gründete sich in Casoli die „Brigata Maiella", die zunächst in den heimischen Abruzzen und später bis zur endgültigen Befreiung Italiens an der Seite der Allierten kämpfte.
Noch kurz bevor Mitte Juni 1944 den Briten die endgültige Überwindung der Gustav-Linie gelang und sich die deutschen Truppen nach Norden zurückziehen mussten, begingen diese noch u.a. am 4. Juni 1944 in Capistrello, am 7. Juni 1944 in Filetto di Camarda und am 11. Juni 1944 in Onna Massaker an der Zivilbevölkerung.
Einrichtungen
Der Sitz des Geschichtsinstituts der Region Abruzzen, das Istituto Abruzzese per la Storia della Resistenza e dell’Italia Contemporanea (IASRIC) mit Bibliothek und Archiv, befindet sich in L'Aquila.
Anschrift: 67100 L’Aquila, Via Michele Iacobucci 4, Tel. 0862 644714, E-Mail: [email protected], www.iasric.it.
Literatur / Medien:
Fulvetti, Gianluca / Pezzino, Paolo (Hg.): Zone di guerra, geografie e sangue - L'Atlante delle Stragi Naziste e Fasciste in Italia 1943-1945, Bologna 2016; Gentile, Carlo: Wehrmacht und Waffen-SS im Partisanenkrieg: Italien 1943–1945. Paderborn 2012; Klinkhammer, Lutz: Zwischen Bündnis und Besatzung: Das nationalsozialistische Deutschland und die Republik von Salò 1943–1945, Tübingen 1993; Voigt, Klaus: Zuflucht auf Widerruf – Juden und andere Verfolgte des Hitlerregimes in Italien 1933–45, Band 2, Stuttgart 1993
Deutsch-italienische Datenbank „Atlante delle Stragi Naziste e Fasciste in Italia"; www.iasric.it; www.pietredellamemoria.it/regioni/abruzzo/
Gedenkorte in der Region Abruzzen:
L'Aquila
Bosco Martese
Capistrello
Casoli
Filetto di Camarda
Francavilla al Mare
Lanciano
Onna
Pietransieri-Limmari
Sant'Agata di Gessopalena
(wird weiter ergänzt)