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Kužiai

Bezirk Šiauliai

Monument im Wald von Luponiai

Kužiai ist ein kleiner Ort mit ca. 1.300 Einwohnern, rund 14km nordwestlich von Šiauliai in der Nähe der Autobahn Šiauliai – Telšiai. Man erreicht ihn auf der Autobahn A11, Ausfahrt Kužiai. Einen traurigen Bekanntheitsgrad erlangte Kužiai schon im Ersten Weltkrieg 1915 durch eine Falschmeldung in der zaristischen Presse, der zufolge die sechs jüdischen Familien des Ortes die deutsche Armee unterstützt, deutsche Soldaten versteckt und dadurch zur Vernichtung einer russischen Truppe beigetragen hätten. Diese Beschuldigung wurde von einer Kommission der Duma, dem Parlament, in Kužiai untersucht und erwies sich als Propagandalüge der russischen Militärverwaltung, die sie in Umlauf gebracht hatte, um die tatsächlich folgende Zwangsevakuierung von Juden, Litauern und Polen aus dem Gouvernement Kaunas zu rechtfertigen (Sowjetrepublik Litauen).

Die Ereignisse
Das erste Massaker von Juden aus Šiauliai fand am 29. Juni 1941 in der Nähe von Kužiai, im Wald von Luponiai statt, wo jüdische Zwangsarbeiter bereits hatten Gruben ausheben müssen. Ein Augenzeuge berichtete: Die Deutschen führten „in großen, mit Planen bedeckten Lastkraftwagen Zivilisten herbei, die sie im Wald von Kužiai absetzten und zu Fuß in den Wald trieben ... Gleichzeitig fuhren zu den Lastkraftwagen deutsche Offiziere in Personenkraftwagen heran, die sich an der Ausladung der in Lastkraftwagen Herbeigeführten beteiligten. Deutsche Soldaten schlugen mit den Gewehren an die Planen der Lastkraftwagen und befahlen den Leuten, zu je zwei und zwei auszusteigen. Den Ausgestiegenen befahlen sie, sich auf die Erde zu setzen, und wenn einer sich nicht dabei beeilte, prügelten sie ihn. Die aus dem Lastkraftwagen Ausgeladenen – Männer und Frauen – trieben die Deutschen in den Wald, und bald darauf ertönten Schüsse. Die Massenerschießungen in Wald von Kužiai dauerten etwa drei Wochen“ (zitiert in Dieckmann 2011). Lediglich fünf Juden sind diesem Massaker entkommen, weil der Priester des Ortes sie bis zur Befreiung 1944 versteckt hatte. Er wurde von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt. 

Während der Sommermonate 1941 stieg die Zahl der Opfer im Wald von Luponiai weiter an. Unter ihnen waren auch 125 Juden aus Linkuva, litauische und russische Kommunisten sowie Mitglieder der Kommunistischen Jugendorganisation.

Ein weiteres Massaker an den Juden von Šiauliai begann Anfang September 1941 im Wald von Gubernija, einem anderen Teilstück  des Waldes von Kužiai. Augenzeugen berichteten, 25 Lastwagen hätten die Opfer – Männer, Frauen und Kinder – an den Waldrand gefahren, unter Schlägen ausgeladen und sie danach im Wald erschossen.

 

 

Erschießung der Opfer vermutlich bei Kužiai  (Yad Vashem)

Vorbereitung einer Grube vermutlich bei Kužiai (Yad Vashem)

Abtransport in den Wald von Kužiai (Yad Vashem)Verantwortlich für die Massaker an den Juden Šiauliais war ein Teilkommando des Einsatzkommandos 2, litauische Polizisten und Aufständische.

Eine Untersuchungskommission, die 1944 die Gräber im Wald von Gubernija aushob, fand Körper mit Einschusswunden in den Köpfen. Sie schätzte die Zahl der Opfer auf ca. 1.000.

Gedenken

Gedenkort I im Wald von Luponiai
Man fährt auf der Straße Nr. 4002 durch Kužiai in Richtung Gruzdžiai und des Dorfes Norutaičiai. Nach ca. 2,2km erreicht man einen schwarzer Markstein und eine weiße Gedenkwand mit der Inschrift: „Neleisime pasikartoti IX forto, Panerių, Pirčiupio tragedijai“ („Lassen wir nicht zu, dass die Tragödie IX. Fort, Paneriai, Pirčiupis wiederkehrt“). Dort führt der Weg zum Gedenkort und zu den Gräbern im Wald. Die Inschrift auf dem Monument lautet: „Im Wald von Luponiai ermordeten die Nazi-Henker mehr als 8.000 Juden, Männer, Frauen und Kinder“ (Litauisch und Jiddisch).
55.99569472  23.15845972 / 55°59’44.50N  23°9’30.45E


Eingang zur Gedenkstätte Luponiai Gräber im Wald von Luponiai Markstein zum Gedenkort Gubernija Gedenkstein im Wald von Gubernija

Gedenkort II im Wald von Gubernija
Vom Gedenkort I fährt man zurück auf die Straße Nr. 4002, dort rechts in Richtung Gruzdžiai bis Verbūnai, dort biegt man rechts ab in Richtung Luponiai. Die Straße wird zu einer Schotterstraße, der man ca. 5km bis in den Wald hinein folgt. Dort befindet sich ein erster Markstein, nach 500m ein zweiter, von dem aus man in ca. 100m den Gedenkort erreicht. Die Inschrift (in Jiddisch und Litauisch) auf dem Gedenkstein lautet: „Vom 7. bis zum 15. Setember 1941 ermordeten die deutschen Nazis und ihre Helfer an diesem Ort ungefähr 1.000 jüdische Kinder, Frauen und Männer aus Šiauliai.“
55.99038000 23.21947306 / 55°59’25.37N 23°13’10.10E

Literatur / Medien 
Bubnys, Arūnas: The Fate of Jews in Šiauliai and Šiauliai Region, in: The Vilna Gaon State Jewish Museum (Hg): The Šiauliai Ghetto. Lists of Prisoners 1942, Vilnius 2002; Dieckmann 2011, Bd. 1, S. 57; Bd. 2, S. 824f. (Zitat S. 825-826); Holocaust Atlas 2011, S. 186-187.

http://www.holocaustatlas.lt/EN/Luponiai//item/89/
http://www.holocaustatlas.lt/EN/Gubernija//item/91/
https://www.jewishgen.org/yizkor/Pinkas_lita/lit_00559d.html
http://www.crwflags.com/fotw/flags/lt-sasaz.html
http://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/valley/siauliai/photos_during_holocaust.asp (Fotos)

Yad Vashem Photo Archives 4216/22 / 4216/26 / 3150/122