Mario Roatta, geboren am 2. Januar 1887 in Modena, war während der Zeit des italienischen Faschismus „einer der herausragenden Vertreter des militärischen Establishments" (Focardi, S. 307). Unter Mussolini war Roatta von 1934 verantwortlich für den zentralen Auslandsgeheimdienst des Regimes (SIM), von 1936 bis 1938 an der Führung der militärischen Intervention in Spanien auf Seiten der Putschisten während des dortigen Bürgerkriegs beteiligt und danach als Militärattache bei der königlichen Botschaft in Berlin eingesetzt.

Von März 1941 bis Januar 1942 Generalstabschef des Heeres, übernahm Roatta im Januar 1942 den Oberbefehl über die 2. Armee, die 1941 von Istrien aus am Überfall auf Jugoslawien teilnahm und danach die italienischen Besatzungstruppen in Slowenien, Dalmatien und Kroatien stellte. In der Nacht vom 22. auf den 23. Februar 1942 ließ er das Stadtgebiet von Ljubljana mit einem Stacheldrahtzaun hermetisch abriegeln und ordnete danach Durchkämmungsaktionen an. Mehrere hundert gefangengenommenen slowenischen Zivilisten (Schüler, Studenten, Intellektuelle, die im Verdacht standen, mit der slowenischen Befreiungsbewegung zu sympathisieren) wurden Mitte März 1942 nach Gonars in der Region Friaul-Julisch Venetien deportiert, wo die ersten Ankömmlinge das neue Konzentrationslager selbst mit aufbauen mussten.

Am 1. März 1942 erließ Roatta das Rundschreiben 3C („Circolare 3C"). „Es enthielt die Instruktionen für die Bekämpfung der in seinem Befehlsbereich operierenden Partisanen. Im offenen Bruch mit dem Kriegsvölkerrecht hielt Roatta seine Offiziere bis hinunter zu den Bataillonskommandeuren dazu an, mit allergrösster Härte gegen den Widerstand und die mit ihm sympathisierende Zivilbevölkerung vorzugehen. Die „Behandlung der Rebellen" solle sich nicht nach dem Grundsatz „Zahn um Zahn" richten, sondern sich vielmehr an der Formel „Zahn um Kopf" orientieren. Dazu gehörte auch, dass in Gebieten, in denen Partisanen aktiv waren, alle aufgegriffenen Männer sofort zu liquidieren waren. Gegenüber „minderwertigen" und „kommunistisch verseuchten" Menschen war der im faschistischen Geist kämpfenden Truppe fast alles erlaubt" (Mattioli, S. 106).
Roattas Besatzungsherrschaft war durch Zwangsmaßnahmen, Geiselerschießungen sowie die massenhafte Deportation und Internierung von Zivilisten gekennzeichnet. Als die Aufnahmekapazität des Konzentrationslagers Gonars erschöpft war, liess er weitere Konzentrationslager zur Aufnahme von Deportierten aus Slowenien und Kroatien bei Kampor auf der dalmatinischen Insel Rab sowie in Visco im Friaul und Padua (KZ Chiesanuova) und Treviso (KZ Monigo) in Venetien errichtet.

Nach der Kapitulation Italiens forderten die Alliierten von der Regierung Badoglio wegen der von Roatta verübten Kriegsverbrechen erfolgreich dessen Absetzung. Der in den Waffenstillstandsverhandlungen eingegangenen Verpflichtung, die für Kriegsverbrechen verantwortlichen italienischen Staatsbürger - darunter auch Roatta als ehemaligem Befehlsbaber der 2. Armee, der eine tragende Rolle bei der blutigen Niederschlagung der Partisanenbewegung sowie im erbarmungslosen Krieg gegen die Zivilbevölkerung eingenommen hatte - an die Alliierten auszuliefern, kam die italienische Regierung jedoch nicht nach. Auch die Auslieferungsbegehren der jugoslawischen Regierung blieben erfolglos.
Roatta wurde allerdings im November 1944 festgenommen und musste sich wegen diverser Kriegsverbrechen, u.a. seiner Beteiligung an der Ermordung der Gebrüder Rosselli, zusammen mit weiteren faschistischen Funktionären, die verantwortungsvolle Ämter in der Außenpolitik des Regimes inngehabt hatten, ab 22. Januar 1945 vor den Obersten italienischen Gerichtshof verantworten. Noch vor der Urteilsverkündung konnte er am 5. März 1945 aus einem römischen Militärkrankenhaus fliehen, in dem er sich aus gesundheitlichen Gründen aufgehalten hatte. Roatta flüchtete nach Spanien, wo er unter dem persönlichen Schutz von General Franco lebte. 1966 kehrte er nach Italien zurück und starb am 7. Januar 1968 in Rom.

Literatur / Medien:
Focardi, Filippo: Falsche Freunde? Italiens Geschichtspolitik und die Frage der Mitschuld am Zweiten Weltkrieg. Paderborn 2015, S. 164ff.; Mattioli, Aram: "Viva Mussolini!" - Die Aufwertung des Faschismus im Italien Berlusconis, Paderborn 2010, S. 106ff.; Osti Guerrazzi, Amedeo: The Italian Army in Slovenia, New York 2013, S. 51-88; de.wikipedia.org/wiki/Mario_Roatta