Die LAF wurde im November 1940 in Berlin von geflüchteten litauischen Exilpolitikern unter Federführung von Kazys Škirpa, zuvor litauischer Gesandter und Militärattaché, gegründet. Gestützt auf bald 500 Mitglieder, nahm sie faktisch die Funktion einer litauischen Exilregierung wahr. Von Berlin aus steuerte sie in Kooperation mit den deutschen Geheimdiensten ein Netz paramilitärischer Untergrundgruppen in Litauen. Die LAF vereinigte in sich zwar alle litauischen Parteien (außer den Kommunisten), aber die Rechtsextremen bis zu den offen faschistischen Kräften um Voldemaras bestimmten den Führungskreis. Hauptziel war die Wiedererrichtung eines litauischen Nationalstaats unter dem Schutz Nazideutschlands. Nahziel war die Entfesselung eines Aufstands gegen das Sowjetregime, sobald die deutsche Wehrmacht in Litauen einmarschieren würde. Vom deutschen Einmarschplan war die LAF durch die Zusammenarbeit mit den deutschen Geheimdiensten bereits Ende 1941 informiert.
Die im März 1941 von der LAF beschlossene „Richtlinie zur Befreiung Litauens“ forderte eine Verstärkung der antikommunistischen und antijüdischen Aktionen: „Es ist unser Ziel, die Juden gemeinsam mit den roten Russen zu vertreiben“ (Gräfe 2010). Man müsse „sofort alle ortsansässigen Kommunisten und andere Verräter Litauens verhaften. Keinem von ihnen soll die Strafe für seine Taten erspart bleiben. Die Verräter werden nur dann begnadigt, wenn sie beweisen können, daß sie einen Juden liquidiert haben“ (Faitelson).
Der geplante Aufstand wurde in Kaunas zeitgleich mit dem deutschen Einmarsch am 22. Juni 1941 gestartet: mehrere tausend litauische, aus der Roten Armee desertierte Soldaten vereinigten sich mit Untergrundeinheiten und brachten Kaunas und andere Orte rasch unter ihre Kontrolle. Sie proklamierten am 23. Juni eine von der LAF getragene Provisorische Nationalregierung (LPN) mit Juozas Ambrazevičius an der Spitze. Es folgte ein sechs Wochen lang von der deutschen Besatzung geduldetes LAF-Regime, das – kurz vor seinem Ende durch einen internen Putsch des faschistischen Flügels von diesem dominiert – vom Generalkommissar für Litauen, von Renteln, Mitte August für beendet erklärt wurde.
Nazideutschland wollte den Anschluss und keinen Nationalstaat Litauen. In der kurzen Phase der gescheiterten Provisorischen, LAF-bestimmten Regierung (23. Juni bis Mitte August 1941) erfolgten nicht nur in Kaunas, sondern landesweit Pogrome und Mordaktionen von litauischen „Aufständischen“ gegenüber Juden und Kommunisten. Die propagandistisch-ideologische Grundlage hierfür war mit deutscher Hilfe von der LAF in Aufrufen zu Gewalt und Mord bereits lange vor dem deutschen Einmarsch gelegt worden. Den Pogromen in Kaunas, bei denen Juden in einer Vernichtungsorgie durch die Stadt gejagt und vielerorts erschlagen und erschossen wurden, fielen in wenigen Wochen ungefähr 6.000 Menschen zum Opfer. Die längst einmarschierte Wehrmacht schaute trotz ihrer Exekutionsgewalt weg, die SS unter dem Einsatzgruppenschef Stahlecker förderten die Pogrome als sog. „Reinigungsmaßnahmen“. Die LAF war „zur Speerspitze des mörderischen Antisemitismus“ (Wette 2011) und Wegbereiterin der litauischen Kollaboration geworden.
Literatur / Medien
Dieckmann 2011, Bd. 1, S. 246ff.; Faitelson, Alex: Im jüdischen Widerstand, Zürich 1998 (Zitat S. 24f.); Gasparaitis, Siegfried: "Verrätern wird nur dann vergeben, wenn sie wirklich beweisen können, dass sie mindestens einen Juden liquidiert haben." Die ‘Front Litauischer Aktivisten’ (LAF) und die anti-sowjetischen Aufstände 1941, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 49(10), 2001, S. 886–904 (http://www.hsozkult.de/journal/id/zeitschriftenausgaben-585); Gräfe 2010: Vom Donnerkreuz zum Hakenkreuz, S. 143ff.; Kwiet, Konrad: Rehearsing for Murder: The Beginning of the Final Solution in Lithuania in June 1941: http://holocaustinthebaltics/Konrad-Kwiet-paper.pdf ; Wette 2011: Karl Jäger, S. 66-84 (hier S. 79)
http://www.alles-ueber-litauen.de/LAF.html
https://www.alles-ueber-litauen.de/Pogrome (Abb. Plakat)
http://www.historyfoundation.ru/en/