Wilhelm Speidel, geboren am 8. Juli 1895 in Metzingen, begann seine militärische Laufbahn 1913 als Fahnenjunker in einem württembergischen Grenadier-Regiment, nahm am Ersten Weltkrieg teil, zuletzt als Oberleutnant, und war Rittmeister, als er 1928 aus dem aktiven Dienst ausschied, um in der UdSSR an der Geheimen Fliegerschule der Reichswehr eine entsprechende Ausbildung zu absolvieren. 1929 reaktiviert, folgte 1933 sein Übertritt zur Luftwaffe. Nach diversen Stabsstellen erfolgte 1938 die Ernennung zum Chef des Stabes des Luftwaffen-Gruppenkommandos 1. Er nahm am Überfall auf Polen teil und wurde im Anschluss Chef der deutschen Luftwaffen-Mission in Rumänien, ab Januar 1942 General der Flieger.
Als Nachfolger von General Felmy wurde Speidel im September 1942 zum Befehlshaber Süd-Griechenland, am 8. September 1943 zum Militärbefehlshaber Griechenland mit Sitz in Athen ernannt. Speidel war damit oberster Vertreter der deutschen Besatzungsverwaltung, übte die vollziehende Gewalt in Griechenland aus und verfügte in dieser Funktion u.a. am 23. November 1943 die Einziehung des jüdischen Vermögens (siehe auch Judenverfolgung in Griechenland). In seiner Ägide als zuständiger Territorialbefehlshaber verübten deutsche Truppen exzessive „Sühnemaßnahmen”, u.a. das Massaker von Kalavryta. Ende April 1944 erfolgte Speidels Ablösung (sein Nachfolger wurde Generalleutnant Heinz Scheuerlen). Ab März 1945 war Speidel Kommandierender General des Feldjäger-Kommandos III.
Bei Kriegsende geriet Speidel in amerikanische Gefangenschaft. Er gehörte zu den 12 Angeklagten des siebten Nachfolgeverfahrens der Nürnberger Prozesse (auch: Fall 7, Geiselmord-Prozess und Prozess Generäle in Südosteuropa), in dem sich Generalfeldmarschälle und Generäle der Wehrmacht wegen Kriegsverbrechen in den besetzten Ländern Jugoslawien, Albanien und Griechenland zu verantworten hatten. Als Militärbefehlshaber Griechenland wurde er für zahlreiche Massenerschießungen verantwortlich gemacht.
Im Prozess machte der Angeklagte Speidel geltend, dass die ihm zur Last gelegten Verbrechen auf Anweisungen des Höheren SS- und Polizeiführers Generalleutnant der Waffen-SS Walter Schimana verübt wurden (Zöller, S. 171). Das Gericht folgte dieser Einlassung nicht und verwies auf das am 17. September 1943 geregelte Unterstellungsverhältnis. Außerdem brachten Speidels Verteidiger erneut das Argument vor, das Speidel bereits in seiner Antwort auf das Protestschreiben des Kollaborations-Premiers Ioannis Rallis nach dem Massaker von Kalavryta anführte: ”Der Krieg ist hart und ich darf vielleicht in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß die deutsche Bevölkerung ungleich schwerere Verluste durch die englisch-amerikanischen Terrorangriffe auf deutsche Städte und Kulturdenkmäler erleidet, wobei nur Unschuldige - meist Frauen und Kinder - ihr Leben lassen müssen.” (zit. nach Rondholz 1997, S. 159).
Das Gericht wertete die Vielzahl von Verbrechen - neben jenem von Kalavryta benannte das Gericht aus Speidels eigenen Meldungen Massenerschießungen in Tripolis, Sparta, im Süden der Peloponnes, in Larissa, Korinth, Athen und Livadia - als kaltblütigen Massenmord. Am 19. Februar 1948 wurde Speidel wegen des Anklagepunktes 1 (Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Massenmord) vom Nürnberger US-Militärgerichtshof zu 20 Jahren Haft verurteilt. Im Zuge der Amnestie, die der amerikanische Hohe Kommissar John McCloy am 31. Januar 1951 für inhaftierte Verurteilte der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse erließ, wurde die Haftzeit in die bereits abgebüßte Zeit umgewandelt und Speidel am 3. Februar 1951 aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen.
Er starb am 3. Juni 1970 in Nürtingen.
Literatur / Medien:
Nessou, Anestis: Griechenland 1941-1944, Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - eine Beurteilung nach dem Völkerrecht, Göttingen 2009; Rondholz, Eberhard: Blutspur in Hellas - Die lange verdrängten deutschen Kriegsverbrechen im besetzten Griechenland 1941-1944, in: Blume, H.-D./ Lienau, C. (Hg): Choregia, Münstersche Griechenland-Studien 10, Münster 2012 (www.labournet.de/wp-content/uploads/2014/03/rondholz.pdf); Rondholz, Eberhard: „Schärfste Maßnahmen gegen die Banden sind notwendig ...“ - Partisanenbekämpfung und Kriegsverbrechen in Griechenland. Aspekte der deutschen Okkupationspolitik 1941-1944, in: Repression und Kriegsverbrechen - Die Bekämpfung von Widerstands- und Partisanenbewegungen gegen die deutsche Besatzung in West- und Südeuropa, Berlin 1997, S. 130-170; Zöller, Martin / Leszczynski, Kazimierz (Hg.): Fall 7. Das Urteil im Geiselmordprozess, Berlin 1965; de.wikipedia.org/wiki/Prozess_Generäle_in_Südosteuropa; de.wikipedia.org/wiki/Wilhelm_Speidel_(General)