Camilla Ravera wurde am 18. Juni 1889 in Acqui Terme geboren. Ihr Vater war Beamter im Finanzministerium. Nach dem Schulabschluss arbeitete sie als Volksschullehrerin in Turin und trat 1918 in die Sozialistische Partei ein. Zwischen 1919 und 1920 arbeitete sie in der Redaktion der Zeitschrift L'Ordine Nuovo von Antonio Gramsci. 1921 gehörte sie zu den Gründern der Kommunistischen Partei (PCI), wurde 1927 als erste Frau Parteisekretärin der PCI und nahm als Delegierte an verschiedenen Kongressen der Kommunistischen Internationale teil. Sie war verantwortlich für die Organisation der Frauen in der Partei und gründete die Zeitschrift La Compagna.  Nach der Verhaftung von Gramsci 1926 arbeitete Camilla Ravera im Untergrund und beteiligte sich an dem von der PCI aufgebauten, illegalen Netz, das Zeitungen und Propagandamaterial druckte und vertrieb, Sabotageakte ausführte und Verfolgten zur Flucht ins Ausland half. Sie selbst floh vor der zunehmenden Bedrohung nach Frankreich.

Als sie 1930 aus Frankreich zurückkehrte, wurde sie verhaftet und zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt, von denen sie fünf Jahre in Trani und in Perugia verbrachte, die anderen in der Verbannung in Ponza und Ventotene. 1939 wurde sie wegen ihrer Haltung zum Hitler-Stalin-Pakt aus der PCI ausgeschlossen. Sie zog sich nach San Secondo di Pinerolo südwestlich von Turin zurück und versteckte sich nach dem 8. September 1943 in einem Bauernhaus in den Bergen der Gegend, das bald zu einem geheimen politischen Treffpunkt der Resistenza wurde, bis die Faschisten sämtliche Bauernhäuser dieser Gegend anzündeten.

Nach 1945 kehrte Camilla Ravera nach Turin zurück, wo sie wieder in die PCI aufgenommen und in deren Zentralkomitee gewählt wurde. Sie gehörte dem Stadtrat an und gründete – zusammen mit Ada Gobetti – die Unione Donne Italiane (UDI). Zwischen 1948 und 1958 war sie Mitglied der italienischen Abgeordnetenkammer und wurde 1982, mit fast 90 Jahren als erste Frau von Alessandro Pertini zur Senatorin auf Lebenszeit ernannt  – die höchste Auszeichnung, die der italienische Staat zu vergeben hat.

Am 14. April 1988 ist Camilla Ravera in Rom gestorben. Sie hat sich ihr Leben lang besonders für Frauenfragen und für den Frieden eingesetzt und hinterlässt zahlreiche Publikationen: 1973 erschien ihr „Diario di trent'anni“, 1978 „Breve storia del movimento femminile in Italia“, 1979 „Lettere al Partito e alla famiglia“.

Literatur / Medien:
Esther Koppel: "Ich tat, was mein Gewissen mir auftrug". Frauen im italienischen Widerstand, in: FR 4. Januar 1997, Nr. 3 / S. ZB 5; Der Artikel "Ich tat was mein Gewissen mir auftrug" von Esther Koppel auch in: Partigiani. Gegen Faschischmus und deutsche Besatzung. Der Widerstand in Italien 1943-1945. Vergessene Kämpfe. Institut für Romanische Sprachen und Literatur, Frankfurt (Hg.), Mainz-Kastel 2001, S. 15; www.anpi.it/donne-e-uomini/camilla-ravera; www.provincia.torino.it/cultura/rosanero/10.htm; de.wikipedia.org/wiki/Camilla_Ravera