Das Konzentrationslager Ferramonti di Tarsia in der Nähe von Cosenza im südlichen Kalabrien wurde kurz vor Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg errichtet. Von Juni 1940 bis August 1943 waren dort zwischen 1.500 und 2.000 ausländische, staatenlos gewordene und einige italienische Juden, sowie Menschen aus den italienisch besetzten Gebieten Jugoslawiens und Griechenlands (siehe: Italien als Besatzungsmacht) und italienische Antifaschisten interniert.. Ferramonti di Tarsia war eines der größten der vom Mussolini-Regime errichteten ca. 50 Lager und das größte italienische Konzentrationslager für ausländische Juden und Staatenlose.
Trotz der ungesunden malariaverseuchten Gegend herrschten im Lager für die Internierten erträgliche Zustände. Die Lagerleitung erlaubte den Gefangenen, soziale Einrichtungen wie Kindergarten und Schule, eine Krankenstation, eine Bibliothek und ein Theater einzurichten. Es gab eine Synagoge sowie eine katholische und orthodoxe Kapelle. Während des Krieges konnten die Insassen ihre Lebensbedingungen durch Arbeiten außerhalb des Lagers verbessern. Unterstützung erhielten die Internierten durch die jüdische Hilfsorganisation DELASEM, auch durch den Vatikan in Person des im Lager von allen geschätzten Kapuzinermönchs Fra Callisto Lopinot. Trotz massivem Druck der Nazi-Regierung weigerte sich Paolo Salvatore, der Leiter des Lagers, die Internierten an Deutschland auszuliefern; er wurde wegen seiner toleranten Haltung zu Beginn des Jahres 1943 abgelöst.
Am 14. September 1943 wurde das Lager von einer Vorhut der britischen Armee befreit, nachdem einige Tage zuvor eine Einheit der Division „Hermann Göring“ durch eine fingierte Typhus-Epidemie vom Betreten des Lagers abgehalten werden konnte. Viele der früheren Internierten schlossen sich den Alliierten an, wanderten nach Palästina aus oder emigrierten in die USA. Als das Lager - das seit der Befreiung auch als Displaced Persons Camp diente - im Herbst 1945 geschlossen wurde, übersiedelte die letzte Gruppe von Jüdinnen und Juden nach Santa Maria al Bagno.
Die meisten Baracken auf dem 16 Hektar großen Areal des ehemaligen Lagers wurden in den 1960er-Jahren abgerissen: Das Gelände wurde für den Bau der Autobahn Salerno - Reggio Calabria verwendet.
Seit dem Jahr 1988 kümmert sich die Stiftung Ferramonti (Fondazione Museo Internazionale della Memoria Ferramonti di Tarsia) mit dem Ziel, den Ort des ehemalige faschistischen Konzentrationslagers zu einem Platz der Auseinandersetzung mit der Geschichte zu machen, um den Erhalt der wenigen noch verbliebenen Gebäude. 1999 gelang es der Stiftung, das verbliebene Areal unter Denkmalschutz stellen zu lassen. Am 25. April 2004 konnte das kleine Museo della Memoria Ferramonti di Tarsia eingeweiht werden.
Museo della Memoria Ferramonti di Tarsia
Viale R. Pacifici, 87040 Tarsia (CS), Mail: [email protected] und
[email protected]; www.museoferramonti.org. Das Museum kann nur nach Voranmeldung besichtigt werden.
Literatur / Medien:
Capogreco, Carlo Spartaco: Das Lager Ferramonti und die faschistische Internierung, In: Gedenkstättenrundbrief 101 S. 3-15 (15. Juni 2001); Capogreco, Carlo S.: I campi del duce. L'internamento civile nell'Italia fascista, 1940-1943, Turin, 2004; Film von Peter Voigt: Bella Italia - Zuflucht auf Widerruf (1996) (Filmbesprechung: www.arsenal-berlin.de/forumarchiv/forum97/f005d.html); ; Amadeo Osti Guerrazzi / Costantino di Sante: Die Geschichte der Konzentrationslager im faschistischen Italien, in: Reichard, Sven / Nolzen, Armin (Hg): Faschismus in Italien und Deutschland. Studien zu Transfer und Vergleich. Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus 21, Göttingen 2005, S. 176 ff.; it.wikipedia.org/wiki/Campo_di_internamento_di_Ferramonti_di_Tarsia (mit einer ausführlichen Aufzählung der verschiedenen Gruppen von Internierten und Literatur von Zeitzeugen); www.museoferramonti.org; digilander.libero.it/lacorsainfinita/guerra2/schede/campiebreiitalia.htm (hist. Foto)