Region Emilia Romagna / Provinz Bologna
Der Ort
Ungefähr 30 km südlich von Bologna – in gleicher Entfernung von Pistoia Richtung Norden – liegt die Ortschaft Marzabotto, erreichbar über die SS 64.. Der Ort zählt ca. 6.800 (2018) Einwohner/innen. Der Ortsname Marzabotto wurde zu einem Symbol für den blutigen Terror während der nationalsozialistischen Besatzung in Italien.
Die Ereignisse
Das Gebiet um Marzabotto mit seinen verschiedenen Teilgemeinden lag vor den Toren Bolognas – zwischen den Fronten der Alliierten im Süden und der Deutschen im Norden (Gotenlinie) – an wichtigen Verkehrsstrecken für Waffen- und Truppentransporte. Die Partisanenbrigade „Stella Rossa“ unter ihrem Kommandanten Mario Musolesi („Lupo“), war dort mit Sabotage- und Angriffsaktionen gegen deutsche und faschistische Einrichtungen aktiv. Ende September 1944 kam es an den Abhängen und auf den Hügeln des Monte Sole um Marzabotto zu Kämpfen zwischen Partisanen dieser Brigade und der 16. SS-Panzer-Grenadierdivision „Reichsführer SS“ unter dem Kommando des SS-Majors Walter Reder. Die Einheit hatte zuvor im Bereich der Apuanischen Alpen gewütet (Sant’ Anna di Stazzema, San Terenzo Monti,Vinca) und hatte den Auftrag, das Gebiet von Partisanen zu „säubern“. Da es den Partisanen immer wieder gelang, sich rechtzeitig zurück zu ziehen, kam es kaum zu unmittelbaren Kampfauseinandersetzungen, wenngleich der Partisanenanführer Musolesi in einem der Gefechte am 29. September fiel. Die Vergeltung für den Widerstand um Marzabotto und für die geringe Wirksamkeit ihres Angriffs richtete die SS-Formation schließlich in bestialischer Weise gegen die Zivilbevölkerung. Zwischen dem 29. September und dem 5. Oktober 1944 fielen dem Blutbad in Marzabotto und den 15 Ortschaften zwischen dem Reno- und der Setta-Tal, zwischen Monte Sole, Monte Salvaro und Monte Termini, 771 Menschen auf grauenvolle Weise zum Opfer. Der Pfarrer der Teilgemeinde Cavriglia wurde während eines Gottesdienstes mit den Besuchern in der Kirche eingeschlossen, anschließend wurden die Versammelten mit Handgranaten getötet, die Kirche wurde vollständig zerstört. Die Nazi-Truppen brannten die Häuser der Siedlungen nieder und töteten die Tiere, ungefähr 500 Männer deportieren sie zur Zwangsarbeit. Nur zwei sechs und acht Jahre alte Kinder haben das Massaker in Marzabotto überlebt. Auf der Gedenktafel im Sacrario ai Caduti sind 189 Kinder unter 12 Jahren, 30 Jugendliche, 237 Männer und 315 Frauen.aufgelistet, an andere Opfer wird auf den Friedhöfen der Kommunen Grizzana, Monzuno und Marzabotto erinnert.
Das Verhältnis zwischen der Zahl von neun bei den Gefechten mit den Partisanen auf deutscher Seite Gefallenen zu der fast hundertfachen Opferzahl auf Seiten der italienischen Zivilbevölkerung verlieh nach den Worten des Militärhistorikers Gerhard Schreiber „dem wahren Charakter deutscher Besatzungsherrschaft ... beispielhaften Ausdruck“. Das Verbrechen um Marzabotto nimmt in der langen Liste deutscher Kriegsverbrechen in Italien einen erschreckenden und herausrangenden Platz ein.
Gedenken
Vor dem Rathaus von Marzabotto vermittelt eine große Gedenktafel die wesentlichen Informationen zum Hergang der Ereignisse. Daneben erinnern Steinskulpturen an die Opfer. In der wenige Meter entfernten Kirche befindet sich das Sacrario ai Caduti (Heiligtum der Opfer), in dem der mit Namen und Alter genannten Ermordeten gedacht wird. Vor dem Sacrario wird auf vergleichbare Orte nazistischer Besatzungsverbrechen in Europa hingewiesen, u.a. auf Lidice (Tschechien), Auschwitz (Polen), Oradour (Frankreich), Kalavryta (Griechenland), Guernica (Spanien).