Region Venetien / Provinz Venedig
Die Stadt
Venedig, Hauptstadt der Region Venetien und der gleichnamigen Provinz, war rund ein Jahrtausend lang eine der größten und reichsten Städte Europas, bis es im 18. Jahrhundert die Selbständigkeit verlor und zunächst zur habsburgischen Monarchie, ab 1866 dann zum Königreich Italien gehörte. Vom Venedigs fast 270.000 Einwohner/innen (2010) leben über 170.000 auf dem Festland, über 60.000 im historischen Stadtzentrum und nur um 30.000 innerhalb der Lagune. Das historische Zentrum erstreckt sich über mehr als 100 Inseln. Sanierungsmaßnahmen und Hochwasserschutz sind die größten städtebaulichen und finanziellen Herausforderungen für die Stadt, die seit 1987 auf der UNESCO-Liste des Weltkulturerbes steht. Venedig lebt vom Tourismus, allerdings bringen die Millionen Besucher auch große Probleme mit sich. Während sich lediglich die Glasindustrie auf Murano gehalten hat, haben sich große Industriebetriebe auf dem Festland in den zu Venedig gehörenden Stadtteilen Mestre und Marghera angesiedelt.
Die Ereignisse
Widerstand in Venedig war auf Grund der örtlichen Lage sehr schwierig, der einzige Zugang zum Land, die Eisenbahn- und Autobrücke, ebenso die Lagune waren leicht zu kontrollieren. Die zahlreichen Behörden und Einrichtungen des Salò-Regimes, die eng mit den Deutschen zusammenarbeiteten, konnten hohe Sicherheitsvorkehrungen treffen. Trotzdem formierte sich nach der deutschen Okkupation am 8. September 1943 unter der Leitung des städtischen CLN der Widerstand auch in Venedig mit ersten Aktionen, vor allem in Mestre, wo sie gegen das Eisenbahnnetz gerichtet waren. Die bedeutendste Widerstandsgruppe mit etwa 30 Mitgliedern war die Partisaneneinheit „Venezia“ unter dem Kommando von Afredo Vivian, die auch in Mestre und im Gebiet um San Donà di Piave aktiv war. Eine Gruppe blieb auch in Venedig selbst aktiv. Im Juli 1944 kam es zu einer Serie von Attentaten gegen die faschistischen Truppen in der Stadt, auf die jeweils Vergeltungsaktionen folgten, bei denen zahlreiche Partisanen getötet wurden. Am 26. April 1945 begann der Partisanenaufstand in Venedig mit der Einnahme des Gefängnisses von Santa Maria Maggiore und der Besetzung der Zentren der faschistischen Macht. Die Deutschen drohten, die Stadt zu vernichten, kapitulierten jedoch nach langen Verhandlungen am 28. April 1945. Am nächsten Tag erreichten die Alliierten Venedig.
Gedenken
In Vendig erinnern zahlreiche Gedenkorten und -tafeln an Okkupation und Widerstand:
Das Ghetto
Das Ghetto in Venedig liegt auf einer Insel im Stadtteil Cannaregio und war vom 16. Jahrhundert bis zu seiner Aufhebung 1796 das abgeschlossene Wohngebiet für die jüdische Bevölkerung. Diese hatte weder von der Serenissima, der venezianischen Stadtregierung, noch von der Bevölkerung Übergriffe zu erleiden und genoss bis Anfang des 19. Jahrhundert eine in Europa einzigartige Rechtssicherheit. 1910 lebten in der Stadt ca. 3.000 Juden, die weitgehend in die städtische Gesellschaft integriert waren und von den 1938 erlassenen Rassegesetzen unvorbereitet getroffen wurden. Die deutschen Besatzer deportierten zahlreiche Juden und ermordeten rund 200 von ihnen, unter ihnen der Oberrabbiner Ottolenghi und der Chefarzt des städtischen Krankenhauses, Giuseppe Jona.
Das Gedenken
Im ehemaligen Ghetto gibt es sechs Synagogen, die im Rahmen einer Führung besucht werden können. (Anmeldung und Informationen im Museo Ebraico; stündliche Führungen in Italienisch oder Englisch, bei Vorbestellung auch in Deutsch, Französisch und Spanisch; hier auch Informationen über den Besuch des Jüdischen Friedhofs am Lido).
An die Opfer der Deportationen erinnern die an der Mauer des Campo de Ghetto Novo angebrachten Reliefs des litauischen Bildhauers Arbit Blatas.
Adresse:
Museo Comunità Ebraico, Cannaregio 2902/b 30121, Venedig, +39 (0)41 715359, E-Mail: [email protected], www.museoebraico.it
An zahlreichen Wohnhäusern in Venedig erinnern Gedenktafeln an Widerstandskämpfer und Geiseln, die bei verschiedenen Aktionen getötet wurden.
In der Calle dei 13 Martiri (westlich des Markusplatzes, wenige Meter neben dem Hotel Bauer) befindet sich eine Gedenktafel für 13 ermordete Geiseln. Am 26. Juli 1944 war ein Bombenanschlag auf den Palazzo Ca'Giustinian, die Bezirkskommandozentrale der faschistischen Nationalgarde, erfolgt, bei dem 14 Menschen gestorben waren. Am 28. Juli wurden als Vergeltung 13 Partisanen aus dem Gefängnis geholt und auf den Trümmern des Palastes erschossen. Die Partisaneneinheit „Venezia“ nannte sich nach der Mordaktion Einheit „Biancotto“, einem der 13 Exekutierten.
Im Stadtteil Cannaregio erinnern mehrere Gedenktafeln an einen anderen Geiselmord (Calle dei Sartori, Calle Colombina bzw. Calle Piero Favretti, Calle delle Vele, Fondamenta delle Chiesa /Fondamenta San Felice). Am 6. Juli 1944 waren der faschistische Marinefeldwebel Asara, zwei Tage zuvor im Stadtteil Dorsoduro zwei Mitglieder der faschistischen Partei getötet worden. Als Vergeltungsmaßnahme ordnete der Präfekt die Gefangennahme und Ermordung von zehn Geiseln an, von denen vier fliehen konnten. Giuseppe Tramontin, der ebenfalls unter den Geiseln war überlebte dank der medizinischen Hilfe des Ospedale Civile. Zu den fünf Getöteten gehörte Piero Favretti, der an Sabotageaktionen der Eisenbahner beteiligt war. Im Bahnhof von Venedig erinnert eine Gedenktafel an ihn; eine Säule mit den Namen der Opfer befindet sich am Gleis 8 des Bahnhofs. Auch im Bahnhof Mestre erinnert eine Tafel an den Widerstand der Eisenbahner.
Riva dei sette martiri
Aus Rache an einem angeblich umgebrachten Wachposten wurden am 3. August 1944 sieben Männer vor den Augen hunderter eigens zu diesem Anlass herbeigeschaffter Menschen erschossen. Die Leiche des Wachpostens wurde später gefunden, er war betrunken ins Wasser gefallen und ertrunken.