Der Einsatzstab Reichsleiter Rosenberg, benannt nach dem Parteiideologen des NS-Regimes und späteren Reichsminister für die besetzten Ostgebiete, Alfred Rosenberg, betrieb mit Ermächtigung Hitlers den systematischen Kunstraub (Beschlagnahmung und Raub von Kunst- und Kulturschätzen) in den von Nazi-Deutschland besetzten Ländern Europas. Betroffen waren vor allem Museen, Archive, Bibliotheken, Kulturschätze jüdischer Gemeinden sowie Privatsammlungen. 

Außenstellen des ERR; Quelle: San Jose, Wikipedia, CC BY-SA 3.0 
Kunstraub

Nach der deutschen Invasion der Benelux-Länder und Frankreichs wurde in Paris das Amt Westen des Einsatzstabs Reichsleiter Rosenberg (ERR) errichtet. Hitler ermächtigte ihn am 5. Juli 1940, wertvolle Kulturgüter des "herrenlosen jüdischen Besitzes" zu erfassen und zu beschlagnahmen, ebenso Bibliotheken und Archive, auch von Kirchen und Logen; OKW-Chef Keitel ergänzte, dass der ERR jeglichen herrenlosen Kulturbesitz sicherstellen könne. Im NS-internen Machtgerangel konnte er sich mit Hilfe von Göring gegen die deutsche Militärverwaltung durchsetzen, die zumindest anfangs den Raub und Abtransport als völkerrechtswidrig ablehnte (vgl. Treue, a.a.O.; auch für den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg war der organisierte Kunstraub ein Kriegsverbrechen). 

Als "herrenloser jüdischer Besitz" wurden insbesondere Kunstsammlungen, Büchereien etc. verhafteter oder deportierter Juden/jüdischer Familien/Gemeinden konfisziert und abtransportiert. Aus Museen wie dem Louvre, aus Privatsammlungen in Schlössern und Wohnhäusern wurden viele wertvolle Gemälde mitgenommen. Das Raubgut wurde regelmäßig in Ausstellungen, z.B. im Museum Jeu de Paume, gezeigt und interessierten Größen präsentiert; Göring nahm bei seinen zahlreichen Reisen nach Paris hunderte Werke gleich mit - in an seinen Sonderzug angehängten Waggons. Andere Bilder wurden u.a. an deutsche Museen geliefert. Eine Museums-Mitarbeiterin notierte heimlich die Adressen, was die Rückführung der Kunstwerke nach dem Krieg erleichterte (vgl. Rose Valland). 
Bis 1942 wurden aus über 50 Orten Kunstwerke und Bibliotheken etc. abtransportiert: insgesamt fast 22.000 Objekte aus über 200 Sammlungen. 

Die meisten Bücher waren für das "Institut zur Erforschung der Judenfrage" in Frankfurt a.M. und für die geplante NS-Elite-Universität "Hohe Schule" vorgesehen. Die Buchbestände wurden, soweit noch erhalten, nach Kriegsende in das Offenbach Archival Depot (OAD) gebracht, der zentralen Sammelstelle in der amerikanscihen Besatzungszone für geraubte Bücher, Manuskripte, Dokumente und Ritualgegenstände. Sie wurden nach und nach den Eigentümern zurückgegeben.  

"Möbelaktion"
Die neugeschaffene 'Dienststelle Westen' des Rosenberg-Ministeriums für die besetzen Ortsgebiete begann im April 1942 eine neue Raubaktion. Leiter war Kurt von Behr, Sitz war in der Avenue d'léna 54 in Paris (vgl. Paris 16°, Dienststelle Westen). Sie spürte verlassene Wohnungen von geflohen oder deportierten Juden auf und räumte sie leer. Möbel, Einrichtungsgegenstände, Geschirr, Kleidung, Wäsche usw. wurden mitgenommen und in Warenhäusern und Lagerhallen zwischengelagert. 

Die Sachen waren zunächst vorgesehen für deutsche Siedler in den besetzten Ortsgebieten, gingen aber zum großen Teil an "Fliegergeschädigte" oder an Bahn, Post und SS-Divisionen im Altreich. Neben den 110 Beschäftigten der Dienststelle wurden bis zu 1500 französische Arbeiter mit 150 LKW sowie 800 jüdische Zwangsarbeiter in Nebenlagern von Drancy eingesetzt. 
Im Abschlussbericht zum 31. Juli 1944 werden folgende Daten genannt: 
69.619 jüdische Wohnungen erfasst, 69.512 komplette Wohnungen nach Deutschland transportiert
26.984 dafür benötigte Güterzugwaggons = 674 Züge 
sichergestellt: Devisen und Wertpapiere im Wert von 11.695.516 RM
abtransportiert außerdem: 2.191.352 kg Altmetall, Altpapier und Spinnstoffe (vgl. IMT Band 38).

Literatur/Medien
Internationaler Militärgerichtshof, Beweisurkunden, Dokument188_L, Band XXXVIII, S. 25 ff.
Treue, Wilhelm: Zum natiionalsozialistischen Kunstraub in Frankreich. Der "Bargatzky-Bericht", Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte Jg. 13 (1965), Heft 3, S. 285 ff. = https://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1965_3_4_treue.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Einsatzstab_Reichsleiter_Rosenberg
https://de.wikipedia.org/wiki/M-Aktion
https://de.wikipedia.org/wiki/Institut_zur_Erforschung_der_Judenfrage
https://de.wikipedia.org/wiki/Offenbach_Archival_Depot
http://www.wikiwand.com/de/Kurt_von_Behr