Emanuel Ringelblum wurde geboren in Buczacz (damals österreichisch Galizien, heute Ukraine). Mit zwölf Jahren wurde er Halbwaise und musste sich seinen Lebensunterhalt und seine Ausbildung selbst erarbeiten. Ab 1922 studierte Ringelblum an der Philosophischen Fakultät der Warschauer Universität und promovierte mit der Dissertation „Die Juden in Warschau von den Anfängen bis zum Jahr 1527.“ Die wissenschaftlichen Studien Ringelblums widmeten sich weiterhin dem jüdischen Leben in Warschau und den Problemen der jüdischen Gemeinschaft in Polen. Politisch engagierte er sich in der linken Partei Poale Zion und wurde ein führendes Mitglied. Ringelblum unterrichtete mehrere Jahre als Geschichtslehrer und schrieb Artikel für jüdische Zeitschriften. Außerdem arbeitete er mit dem JIWO (Jüdischen Wissenschaftlichen Institut) zusammen, ein Zentrum zur Erforschung der jiddischen Sprache. Diese Tätigkeit begründet auch seine Kenntnisse zur späteren Erstellung, bzw. die wissenschaftliche Konzeption des Untergrundarchivs im Warschauer Ghetto.
1940 wurde Ringelblum, wie alle Juden, von den deutschen Besatzern gezwungen in das Warschauer Ghetto umzusiedeln. Dort gründete er im November 1940 das Ghetto-Untergrundarchiv Oneg Schabbat. In diesem sammelten er und seine Mitarbeiter*innen alles, was das Leben im Ghetto dokumentieren konnte, um das Material für künftige Generationen zu verwahren. Sie bemühten sich, eine Vielzahl an unterschiedlichem Material zu individuellen Lebenserfahrungen und Schicksalen zu sammeln. Im März 1943 nahm Ringelblum das Angebot an, sich mit seiner Frau Judita und seinem Sohn Uriel bei polnischen Freunden zu verstecken. Während der Flucht aus dem Ghetto geriet er mitten in den Ghettoaufstand und wurde in das SS-Ausbildungs- und Arbeitslager Trawniki deportiert, aus dem er aber befreit wurde und den Zufluchtsort bei der befreundeten Familie erreichen konnte. Am 7. März 1944 wurde Ringelblum in seinem Versteck festgenommen. Einige Tage später wurde er zusammen mit seiner Familie und seinen Beschützern im Warschauer Pawiak-Gefängnis erschossen.
Das Untergrundarchiv, das zum größten Teil bis nach dem Krieg versteckt werden konnte, dient bis heute als wichtiges Quellenmaterial, um das Leben im Ghetto und die Vernichtung der polnischen Juden zu erforschen.
Literatur/Medien
Gutman, Israel u.a. (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust, Berlin 1993, S. 1232-1233
Hensel, Jürgen: Oneg Schabbat. Das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos. Ringelblum-Archiv, Warszawa 2003
Kassow, Samuel D.: Ringelblums Vermächtnis. Das geheime Archiv des Warschauer Ghettos, Hamburg 2010
Ringelblum, Emanuel: Ghetto Warschau. Tagebücher aus dem Chaos, Stuttgart 1967
Sakowska, Ruta: Die zweite Etappe ist der Tod. NS-Ausrottungspolitik gegen die polnischen Juden, gesehen mit den Augen der Opfer, Berlin 1993
https://commons.wikimedia.org/wiki/File:EmanuelRingelblum_1900-1944.jpg
https://www.deutscheundpolen.de/personen/person_jsp/key=emanuel_ringelblum.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Emanuel_Ringelblum