Während der Kriegsjahre 1939 bis 1945 waren über 12 Millionen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, vor allem aus den von Nazi-Deutschland überfallenen osteuropäischen Ländern, aber auch aus den anderen besetzten Ländern wie Frankreich und Jugoslawien, im Deutschen Reich zur Sklavenarbeit eingesetzt. Zwischen 1941 und 1945 waren mindestens 160.000 Griechen/innen für die deutsche Kriegswirtschaft tätig. Schwerpunkt war der Einsatz in Griechenland selbst.
Griechenland war für die deutschen Besatzer wegen seiner Bodenschätze (Chrom, Molybdän, Nickel), nicht als Exporteur von Arbeitskräften interessant. Die Wehrmacht versuchte, den Bergbau aufrechtzuerhalten. Ab 1942 setzten die deutschen Besatzer Zwangsarbeiter in den Gruben und im Straßenbau Nordgriechenlands ein. Darunter waren auch tausende jüdische Einwohner Thessalonikis, für die die Wehrmacht eine Dienstpflicht angeordnet hatte. Seit Beginn der deutschen Besatzung Kretas wurden bereits ab 1941 rund 20.000 Griechinnen und Griechen gezwungen, für die Deutschen zu arbeiten, 1942 waren es in Südgriechenland und auf den Inseln über 100.000. Die überwiegend nicht an Lohnarbeit gewöhnten Kleinbauern wurden vor allem beim Bau von Straßen, Bunkern und Flugplätzen und in der Landwirtschaft eingesetzt. Jeder musste zwei Wochen in zwei Monaten für die Wehrmacht arbeiten. Die Zwangsarbeit wurde als „Arbeitsfron” und - auch wegen der Hyperinflation - als wirtschaftlich unattraktiv empfunden; viele versuchten, sich ihr zu entziehen. Als der deutsche Oberbefehlshaber Alexander Löhr eine allgemeine Dienstpflicht für 16 bis 45jährige Griechen verordnete, kam es im Frühjahr 1943 zu Streiks und Aufständen, u.a. in Athen, Piräus und auf dem Peloponnes; dabei wurden Unterlagen für die geplante Aushebung der Arbeitskräfte vernichtet; die Arbeitspflicht wurde bis Juni 1943 ausgesetzt.
Die Anwerbeaktionen für Arbeit in Deutschland verliefen für die Deutschen enttäuschend. Trotz des Hungerwinters mit hunderttausend Toten und aufwändiger Werbung kamen ab 1942 nur 23.000 griechische Männer und Frauen „freiwillig” nach Deutschland. Ab Mitte 1943 wurden Griechen/innen auch gewaltsam zur Arbeit ins Reich abtransportiert.
Beispiele: Bis August 1943 wurden 45.000 Juden ab Thessaloniki nach Auschwitz deportiert, die meisten wurden bei der Ankunft ermordet, die anderen zur Zwangsarbeit geschickt, z.B. im KZ Auschwitz-Monowitz. Im Februar 1944 wurden 200 Häftlinge von Kreta nach Athen geflogen und von dort per Bahn in das KZ Mauthausen deportiert – zu Tunnelbauten im Außenlager Melk (für die aus dem Gebiet Selino deportierten Männer gibt es eine Gedenkstätte bei Sougia). Im Juni 1944 kam ein Transport mit 850 Gefangenen des KZ Chaidari bei Athen im KZ Neuengamme bei Hamburg an, wo sie in Rüstungsbetrieben arbeiten mussten. Ende August 1944 wurden über 1.000 Griechinnen und Griechen per Bahn nach Deutschland verschleppt; darunter waren auch Menschen aus Kokkinia, die bei einer Razzia festgenommen worden waren (siehe Nikea); sie wurden zur Zwangsarbeit in dem Außenlager Bensheim/Bergstraße des KZ Natzweiler-Struthof transportiert. Etwa 1.000 Griechen wurden im August 1944 bei „Säuberungsaktionen” gegen Partisanen auf dem Peloponnes verhaftet und deportiert, um sie arbeiten zu lassen, und zwar – aufgrund eines Hitler-Befehls - als Kriegsgefangene in einem Lager bei Münster.
Nach 1945
Eine Anzahl NS-Führer, Wehrmachtsoffiziere und Unternehmer wurden vom Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg und in den alliierten Nachfolgeprozessen wegen Verschleppung zur Zwangsarbeit als Kriegsverbrecher verurteilt, allerdings betrifft kein Urteil Deportationen zur Zwangsarbeit aus Griechenland. Lange Jahre forderten Griechenland und ehemalige Zwangsarbeiter/innen vergeblich Entschädigung. Die Bundesregierung wehrte alle Forderungen ab: Schadensersatz scheide aus, Ansprüche könnten allenfalls nach Abschluss eines Friedensvertrages gestellt werden (siehe Reparationen). Anfang der 2000er Jahre haben knapp 2.000 überlebende ehemalige griechische Zwangsarbeiter/innen eine Entschädigung aus Mitteln der Zwangsarbeiter-Stiftung EVZ bekommen.
Literatur / Medien:
Eichholtz, Dietrich: Geschichte der deutschen Kriegswirtschaft, Band 2 (1941-1943), Berlin 1985; Band 3 (1943-1945), Berlin 1996; Hadziiossif, Christos: Griechen in der deutschen Kriegsproduktion, in: Herbert, Ulrich (Hg.): Europa und der „Reichseinsatz“. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge in Deutschland 1938-1945, Essen 1991, S. 210-233; Jansen, Michael/Saathoff, Günter: „Gemeinsame Verantwortung und moralische Pflicht“. Abschlussbericht zu den Auszahlungsprogrammen der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“, Göttingen 2007, S. 219; Krämer, Johannes: … und dass wir acht geben auf die nächste Generation. Geschichte der griechischen Zwangsarbeiter in Bensheim-Auerbach in Interviews, Archivdokumenten und Zeitungsartikeln, Bensheim 2008; Spoerer, Mark: Zwangsarbeit unter dem Hakenkreuz. Ausländische Zivilarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge im Deutschen Reich und im besetzten Europa 1939-1945, München 2001; www.wollheim-memorial.de/de/herkunft_und_anzahl_auslaendischer_zivilarbeiterinnen_und_zwangsarbeiterinnen; www.wollheim-memorial.de/de/zwangsarbeit_von_juden_und_juedinnen_im_ns