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Chełm – Ghetto

Ghetto - Holzhaus, ul. Partizantow Ghetto - ul. Siedlecka

Woiwodschaft Lublin/Wojew. Lubelski

Errichtung des Ghettos
Ende 1940 begannen die Deutschen, die jüdische Bevölkerung aus ihren Wohnungen zu vertreiben. Es war ihr nicht mehr erlaubt, in 17 Straßen zu wohnen, die auf einer Liste verzeichnet waren. 1941 errichteten die Deutschen das Ghetto in Chełm. Es umfasste die ul. Lwowska, Uściługska, Wojsławicka, Partyzantów sowie Pocztowa. Insgesamt befanden sich dort ca. 11 000 Juden. Z.B. in der ul. Siedlecka 2, wo Kalmen Wewryk mit seiner Familie eine Wohnung bekommen hatte (s. Foto). Wer außerhalb erwischt wurde, musste mit Strafe rechnen. Die nichtjüdischen Einwohner*innen konnten weiterhin Handel, z.B. mit Lebensmitteln, mit den Bewohner*innen des Ghettos haben. Das Ghetto war nicht eingezäunt. Die ‚offiziellen‘ Zugänge wurden markiert und von jüdischer und polnischer Polizei kontrolliert.

Transitghetto
1942 kamen immer mehr jüdische Menschen aus den umliegenden Orten und suchten Schutz. Viele Deportations-Transporte aus dem „Reich“, aus Krakau, den annektierten Gebieten und der Slowakei wurden in den Distrikt Lublin geleitet. Dort wurden die Menschen für kurze Zeit in den schon - überfüllten - Ghettos untergebracht, bis sie in die Vernichtungslager deportiert wurden („Transitghetto“). So wurden z.B. Mitte Mai fast 2000 slowakische Jüdinnen und Juden am Bahnhof Chełm aus den Waggons getrieben, ein Teil von ihnen schon kurze Zeit später nach Sobibor deportiert.

Deportationen in das Mordlager Sobibor

Bahnhof Sobibór Bahnhof Chełm

„Aktionen“
Ab Mitte Mai 1942 wurden Jüdinnen und Juden in mehreren „Aktionen“ im Ghetto zusammengetrieben und über den Bahnhof Chełm in das Vernichtungslager Sobibor deportiert - von der Rampa Bzreska (heute ein Straße nördlich des Bahnhofs). Sie wurden sofort nach dem Eintreffen durch Gas ermordet – bis auf wenige Ausnahmen, z.B. Esther Raab, Kalmen Wewryk und 5 andere überlebten, s. Wewryk, S. 172).
- 21.-23. Mai 1942: etwa 4000 jüdische Menschen wurden deportiert, meist „arbeitsunfähige“ Frauen sowie Kinder aus Chełm (u.a. die Frau und zwei Kinder von Kalmen Wewryk), aus umliegenden Orten sowie und ein Teil der hierher verschleppten slowakischen Juden.
- Juni 1942: 600 Jüdinnen und Juden werden deportiert.
- 5. Oktober 1942: eintausend Jüdinnen und Juden werden nach Sobibor verschleppt.
- 27./28. Oktober 1942: Zwischen 3000 und 4000 einheimische und nach Chełm geflüchtete Jüdinnen und Juden wurden – so sagen es einige Berichte - zu Fuß in das 50 km entfernte Włodawa getrieben, viele unterwegs getötet, die restlichen von dort nach Sobibor gebracht.
- Nach dieser Aktion folgten die „im Ghetto verbliebenen Jüdinnen und Juden … nicht mehr der Aufforderung, sich an den Sammelplätzen einzufinden, sie versuchten stattdessen, sich … zu verstecken: unter Treppen, in Kellergewölben und eingemauerten Räumen, … in den weitverzweigten Gängen des riesigen Kreidefelsens, auf dem die Altstadt von Chełm liegt; …fast jedes Haus am Hang hatte über den Keller einen Zugang zum Untergrund der Stadt“ (R. Kuwalek, zitiert bei Hänschen/Kahrs, in: Wewryk, a.a.O., S. 160f.)

- Letzte „Aktion“/ Auflösung des Ghettos: am 6./7. November 1942 wurden die verbliebenen 2000 -3000 Juden des Ghettos nach Sobibor deportiert; viele wurden in Chełm erschossen, auch die Mitglieder des jüdischen Ordnungsdienstes. Verantwortlich war der für seine Brutalität bekannte SS-Oberscharführer Hugo Raschendorfer von der örtlichen Gestapo.
- Es blieben noch etwa 1000 jüdische Zwangsarbeiter*innen in verschiedenen Zwangsarbeitslagern, sie wurden in kleineren Gruppen nach Sobibor deportiert.

 

Blick auf das Friedhofsgelände Friedhof, Eingang; Foto: yarek shalom, pl.sztetl.org

Gedenken
Überlebende, die jetzt im Ausland wohnen, z.B. in Israel oder USA, und Angehörige haben vor Jahren begonnen, die Erinnerung an das jüdische Leben in der Stadt zurückzuholen.

Zentraler Gedenkort ist der alte jüdische Friedhof (cmentarz żydowski), ul. Kolejowa, nicht weit vom Bahnhof. Er wurde in der deutschen Besatzungszeit geplündert, Grabsteine wurden in Straßen und Häuser verbaut. 1945 standen oder lagen nur wenige noch unversehrt auf dem Gelände. In den 1990er Jahren sorgten Überlebende und Spender/innen dafür, dass das Gelände eingezäunt, einzelne Grabsteine wiederaufgerichtet, neue ‚symbolische‘ Grabsteine gesetzt und ein Denkmal errichtet wurde. In dem Denkmal wurden zerstörte Grabsteine verbaut.
Die Tafel auf dem großen Gedenkstein am Eingang trägt den schlichten Satz (jiddisch, hebräisch, englisch und polnisch): „Im Gedenken an die Opfer des Holocaust 1939-1945“ Die symbolischen Grabsteine stehen auf dem Friedhofsgelände verteilt, manche enthalten Teile von während der Besatzung zerstörten Grabsteinen.

Literatur/Medien
Gutman, Israel u.a. (Hg.): Enzyklopädie des Holocaust, Berlin 1993, Bd. I, S.279f.
Die Yad Vashem Enzyklopädie der Ghettos während des Holocaust, Bd. I, Göttingen/Jerusalem 2014, S. 107f.
Wewryk, Kalmen: Nach Sobibor und wieder zurück (Hg. Bildungswerk Stanislaw Hantz), Berlin 2020
https://www.yadvashem.org/yv/en/exhibitions/valley/chelm/index.asp
https://en.wikipedia.org/wiki/Che%C5%82m