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Region Provence-Alpes-Côte-d'Azur, Departement Bouches du Rhône

Der Ort

Südlicher Stadtteil von Aix-en-Provence (ca. 10000 Einwohner*innen). TGV-Bahnhof Aix-en-Provence ca. 9 km. Anfahrt von Aix (Rotonde): Bus Nr. 4, 14, 18. Mit dem Auto von Marseille (30 km): A 51 sortie/Ausfahrt 5 →Milles village, Schild →mairie annexe folgen, dann Schild →Mémorial.

Internierungslager

Ab September 1939 wurden in dem Lager in der Ziegelei über 10000 Menschen vorübergehend interniert: nach Frankreich geflüchtete republikanische Spanier (vgl. Retirada), „feindliche“ Ausländer, darunter viele antinazistische Flüchtlinge und Künstler aus Deutschland und Österreich; später Interbrigadisten, die gegen Franco gekämpft hatten, von Nazi-Deutschland nach Frankreich deportierte Juden aus Baden und der Pfalz, „unerwünschte Personen“ und Oppositionelle. 1942 wurde das Lager zum Deportationszentrum: Mehr als 2000 Juden wurden über Drancy bei Paris in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert.

Chaotisches Lager

Das Lager in der Ziegelei war beispielhaft für die Vichy-Politik: Ausschließung, Internierung, Deportation. Nach dem deutschen Angriff auf Frankreich (Mai/Juni 1940) wollte der (frz.) Lagerkommandant etwa 2000 Internierte über Bayonne ins Ausland bringen lassen. Der „Geisterzug“ musste jedoch zurückkehren. Die meisten Internierten landeten wieder in Les Milles, in einem Lager aus Zelten nahe Nîmes oder in Gurs.

Einer der internierten antinazistischen deutschen Schriftsteller beschreibt die Monotonie der Haft und die Sinnlosigkeit der aufgetragenen Arbeiten (Lion Feuchtwanger, aaO, S. 9f.):
In einem Ziegelbau waren wir untergebracht, und die Ziegel waren das Merkmal dieser Zeit. Ziegelmauern, durch Stacheldraht gesichert, schlossen unsere Höfe von der schönen, grünen Landschaft nach draußen ab, zerbröckelnde Ziegel waren überall gestapelt, sie dienten uns als Sitze und Tische, auch dazu, das Strohlager des einen von dem des andern abzutrennen. Ziegelstaub füllte unsere Lungen, entzündete unsere Augen.… Wir mussten die Ziegel herumtragen, bald stapelten wir sie hier, bald dort. In Schubkarren fuhren wir sie herum und dann, unter dem Kommando eines Sergeanten, warfen wir sie von Hand zu Hand und schichteten sie in bestimmter Ordnung. Die Arbeit war nicht eben schwer. Das Ärgerliche, Empörende daran war ihre vollkommene Sinnlosigkeit; denn sie war uns nicht aufgetragen zu einem vernünftigen Zweck, man wollte uns lediglich beschäftigen. Wir wussten, wir würden morgen oder übermorgen oder spätestens am dritten Tag die schon errichteten Ziegelstapel wieder zerstören und anderswo neu aufbauen müssen.“

Etwas Abwechselung und Entspannung gab es gelegentlich durch das Katakombe-Kellertheater der Internierten, das in einem stillgelegten Brennofen für Ziegel lag.

Durchgangslager, Deportationen

Im Rahmen des Polizeiabkommens Oberg (SS) – Bousquet (Vichy-Polizei) und der Kollaboration bei der Judenverfolgung in Frankreich hatte das Vichy-Regime die „Lieferung“ von 11000 ausländischen Juden an die deutschen Besatzer versprochen. Nach den Razzien in der Südzone im Juli und August 1942 wurden die jüdischen Menschen in Lagern eingesperrt und in mehreren Wellen den Deutschen übergeben.

Die Lager wie Les Milles veränderten ihren Charakter: von einem Internierungslager zu einem Transit- und Deportationslager. Der Chef der Judenabteilung der Gestapo in Paris, Theodor Dannecker, zählte nach einer Inspektion am 15. Juli 1942 etwa 1200 Juden, die man deportieren könne. Am 11. August 1942 verließ der erste Transport Richtung Auschwitz. „Von diesem Ort wurden im August und September 1942 mehr als zweitausend jüdische Männer, Frauen und Kinder aus dem Lager Les Milles in das Nazi-Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Die aus Zentraleuropa geflüchteten oder Juden Frankreichs wurden von der Vichy-Regierung noch vor der deutschen Besetzung der Südzone an die Besatzer übergeben. Unter ihnen waren etwa 100 Kinder und Jugendliche, das jüngste war erst ein Jahr alt. Bewahren wir die Erinnerung – für heute und morgen“ (so die Gedenktafel beim Güterwagen).